Wiedereröffnung: Vier Hoteliers über ihre Neustart-Pläne
Noch vor einem Jahr ächzten Bewohner in Hallstatt oder Salzburg unter dem Massentourismus. Nun, ein Jahr später, kann von „Overtourism“ keine Rede mehr sein. „Es ist eigentlich skurril. Im Vorjahr wurde über das Problem des Massentourismus diskutiert, nun sprechen wir darüber, wie wir den Tourismus wieder auf das Niveau vom Vorjahr bekommen“, sagt auch Oliver Fritz, Tourismusexperte des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo).
Die Corona-Pandemie jedenfalls trifft den österreichischen Tourismus hart. Wie schnell sich die Branche wieder erholt, könne man nicht genau sagen, so Fritz. „Aus der Vergangenheit wissen wir, dass Krisen von Touristen schnell vergessen werden. Die Reisezurückhaltung ist nur kurz, der Drang ins Ausland zu reisen ist sehr stark.
Dennoch steht Hoteliers eine harte Saison bevor. Impfstoff gibt es noch keinen, gesperrte Grenzen sowie der eingeschränkte Flugverkehr hält viele Urlauber vom Reisen ab. Mit 30 Prozent weniger Nächtigungen im Vergleich zum Vorjahr, im schlimmsten Fall mit bis zu 45 Prozentweniger, müsse die Branche rechnen, so Fritz. „Allein deutsche Gäste sind für 37 Prozent der Nächtigungen verantwortlich.“ Der Versuch, den Inlandstourismus anzukurbeln, habe aber Potenzial.“ 2018 habe es 68 Millionen Nächtigungen von Österreichern im Ausland gegeben. „Das ist ein großer Teich, aus dem man fischen könnte.“
"Noch eine Schließung stehen wir nicht durch"
Barbara Achrainer und Stephan Kobinger über einen unsicheren Saisonstart
KURIER: Wie geht es Ihnen und Ihrem Hotelbetrieb?
Barbara Achrainer: Wir hatten nicht nur null Einnahmen, die Betriebsschließung am 16. März war ja nicht vorhersehbar. Wir mussten ein volles Haus mit vollem Lager plötzlich zusperren, dadurch sind auch enorme Kosten entstanden, die nicht planbar waren. Das heißt, wir sind mit großem Schaden in die Zwangspause gestartet. Aber: Wir werden am 19. Juni wieder öffnen.
Ist es betriebswirtschaftlich gesehen besser, länger geschlossen zu bleiben?
Stephan Kobinger: Ich traue mich einfach nicht, am 29. Mai zu öffnen, die Planungssicherheit bis dahin ist nicht gegeben. Wir haben zu wenig Informationen, es sind so viele Fragen offen.
Barbara Achrainer: Es geht nicht nur um betriebswirtschaftliche Interessen, sondern auch um soziale. Wir haben eine Verantwortung auch unseren Mitarbeitern gegenüber. Wir beschäftigen hier im Sommer über 50 Angestellte. Wir haben ein gutes Stammteam, das wollen wir auch behalten. Wir erinnern uns nämlich gut daran, wie schwer es ist, gute Fachkräfte zu finden.
Die Grenzen zwischen Deutschland und Österreich öffnen am 15. Juni. Wie gut können Sie auf deutsche Sommerurlauber verzichten?
Barbara Achrainer: Gerade die Region hier am Achensee lebt schwerpunktmäßig vom deutschen Tourismus. Bleiben die Grenzen geschlossen, ist unser wichtigster Gast verhindert zu kommen. 90 Prozent der Auslastung ist weg, das ist sicher.
Stephan Kobinger: Auch, wenn wir den vollen Fokus auf den Inlandstourismus richten, würden wir maximal ein Drittel der Auslastung haben. Österreicher können keine Gäste aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Holland ersetzen. Zudem: Die Inländer spüren auch die Konsequenzen der Pandemie. Die Urlaube sind aufgebraucht, das Budget sitzt nicht mehr so locker.
Wie sehr belastet der Nächtigungsausfall Ihren Finanzplan?
Barbara Achrainer: Wir müssen den Gürtel schon enger schnallen. Üblicherweise haben wir im Sommer am meisten Einnahmen, aber diese Saison wird nicht besonders ertragreich. Ein Zurück zur Normalität liegt noch in weiter Ferne. Ich glaube, wir müssen Normalität neu definieren und lernen, mit einer neuen Realität zu leben.
Stephan Kobinger: Unser Finanzrahmen erlaubt uns noch ein wenig Spielraum, wir stehen noch ganz gesund da. Trotzdem wirft uns die Krise mindestens zwei Jahre in der Planung zurück. Eine Gefahr ist auch, einen Erkrankungsfall im Betrieb zu haben. Ich weiß nicht, ob wir erneut eine sofortige Schließung durchstehen würden.
Ist Ihnen mit den Hilfspaketen der Regierung geholfen?
Stephan Kobinger: Es gibt zwar verschiedenste Töpfe, aus denen Entschädigungen für uns kommen sollen. Aber ich habe kein großes Vertrauen, dass man uns für irgendetwas entschädigt. Wir können zwar stunden, wir bekommen eine Kreditgarantie, aber das ist alles kein geschenktes Geld.
„Brauchen offene Grenzen“
Hotelier Josef Schwaiger über seine Wiedereröffnung
Die Vorbereitungen: „Wir stehen jetzt wieder in den Startlöchern. Unser Boutique Hotel Sepp werden wir am 29. Mai öffnen, das größere Hotel Eder am 11. Juni. Den Restaurant-Betrieb öffnen wir vorerst eingeschränkt, denn wir müssen uns auf unseren Hotelbetrieb konzentrieren“, sagt Josef Schwaiger, Geschäftsführer der Eder Hotels GmbH in Maria Alm im Land Salzburg.
Von den 55 Mitarbeitern würden nur mehr 35 in der Sommersaison arbeiten, der Arbeitsaufwand aber sei groß. „Allein die vielen Desinfektionsspender in den Räumen, Gängen und auf den Tischen zu organisieren, kostet ein paar Tausender, wie auch die Umstellung im Frühstücks-Service.“ Den Barbetrieb hoffe er, zumindest eingeschränkt, öffnen zu können. „Damit unsere Gastfreundschaft durch die erhöhten Hygienevorschriften nicht ganz verloren geht.“
Die Erwartungen: Die Buchungen für Juli und August seien gut, so Schwaiger, aber: „Wir brauchen offene Grenzen, denn wir haben bis zu 40 Prozent an deutschen Gästen in unseren Betrieben.“ Die Auslastung mit knapp 20 Prozent an inländischen Gästen in der Region Hochkönig sei zu gering. „Ich bin aber optimistisch, dass wir mehr Einheimische für einen Inlandsurlaub begeistern können, die Infrastruktur ist hervorragend.“
Trotzdem würden zwei harte Jahre auf ihn zukommen, ist sich der Hotelier sicher. In den vergangenen Jahren habe er rund 15 Millionen Euro in seine Hotels investiert. „Ich habe mich nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt, aber unseren Polster werden wir aufbrauchen müssen.“
„Schwarze Zahlen werden wir nicht schreiben“
Michaela Reitterer führt das Boutiquehotel Stadthalle und zählt auf Inlands- und Stammgäste
Die Vorbereitungen: „Wir werden am 29. Mai wieder öffnen – auch, wenn wir noch auf viele Fragen keine Antworten haben“, sagt Michaela Reitterer, Eigentümerin des Boutiquehotels Stadthalle in Wien und Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). „Wir wissen nicht, wie oft Zimmer desinfiziert werden müssen, ob das den Kugelschreiber und das Zierkissen inkludiert oder nicht.“
Sicher ist: Frühstücksbuffet werde es keines geben, serviert werde a la carte – nur das erfordere wiederum mehr Mitarbeiter, von 35 habe sie aber nur 21 in Kurzarbeit behalten können. Zudem würden diese Neuorganisation bzw. die Anschaffung von Plexiglas-Trennwänden, Masken und Hygienemitteln auch hohe Kosten verursachen, so Reitterer.
Die Erwartungen: Hotels und Pensionen in Städten seien stark von internationalen Reisenden abhängig, sowie vom Kongresstourismus. Wien werde 2020 einen Nächtigungsrückgang von 50 bis 60 Prozent haben, vermutet Reitterer. „In Wien haben wir 80 Prozent internationale Gäste und nur 20 Prozent österreichische.“
Auch ihren Businessplan werfe der Nächtigungsausfall durcheinander. Erst in diesem Jahr habe sie rund 650.000 Euro in ihr Hotel investiert, so Reitterer. „Wir haben zweieinhalb Monate der Hauptsaison verloren. Schwarze Zahlen werde ich in dieser Saison nicht schreiben.“ Ihr Hotel sei allerdings weniger von internationalen Gästen abhängig. „Wir haben einen recht hohen Anteil an inländischen Gästen sowie Stammgästen.“
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