Die Zeit der Finanzer ist jetzt
Es ist Dienstag, 24. September. Im Schönbrunner Apothekertrakt trifft sich auf Einladung des Controller-Instituts die oberste Riege heimischer Finanzer, um sich zum Motto „Der Super CFO“ auszutauschen. Die Funktion habe in den vergangenen Jahren eine massive Aufwertung erlebt, ist man sich einig.
Das Bild vom Zahlenstreber? Völlig veraltet. „Chief Financial Officer“ sind „Meister im Umgang mit Risiken und in der Planung von Was-wäre-wenn-Momenten. Sie sind Architekten der Widerstandsfähigkeit und des Wachstums von Unternehmen“, rühmt Personalberatung Egon Zehnder und belegt das mit einer globalen Umfrage:
Über 80 Prozent der CFOs geben an, dass ihre Rolle seit 2019 erheblich gewachsen ist. Den Finanzbereich ergänzen nun Umwelt und Soziales (Stichwort ESG-Reporting), die Kommunikation mit Stakeholdern sowie die Verantwortung für Personal, Produktion, Marketing und Vertrieb. Der CFO wurde zum wichtigsten strategischen Partner für den CEO, gelangt vermehrt ins Scheinwerferlicht und muss letztlich Lösungen liefern, wenn Unternehmen mit dem Rücken zur Wand stehen. Stressen lassen sich die CFOs davon nicht.
Der CFO: Ein besonderer Typ
„Schaut man über einen längeren Zeitraum, tauchen immer wieder disruptive Ereignisse auf“, gibt sich Klemens Eiter, seit 2022 CFO der Porr AG, gelassen. „Vor zehn Jahren gab es auch schon eine Wirtschaftskrise“, sagt er. Ein überbordendes Feld an Regularien würde heute zwar Kopfschmerzen bereiten, Fortschritt und Wandel würden ihm aber grundsätzlich Spaß bereiten. „Die Zeit bringt unterschiedliche Herausforderungen. Man muss sie nehmen, wie sie kommen und nicht jammern. Dafür werden Manager auch bezahlt.“
Konkret sind das 150.000 Euro Jahresbruttogage und mehr, die Firmen bereit sind, ihren CFOs zahlen, berichtet Christian Nieswandt. Er ist Geschäftsführer von Treuenfels Executives, ein Personalberater, der seit 25 Jahren Finanzprofis im DACH-Raum vermittelt. Und daher genau weiß, welche Persönlichkeitsprofile die wirklich guten Finanzer mitbringen.
„Vom Typus her sind das sehr ausgeschlafene, gut ausgebildete Leute. Sie sind smart, systemisch und systematisch veranlagt, können sich schnell in Dinge einarbeiten“, erklärt Nieswandt. Außerdem wäre Unternehmergeist gefragt. „Sie müssen selber Ideen entwickeln, die richtigen Fragen stellen.“ Manche Firmen würden sogar wollen, dass der CFO eine Beteiligung zeichnet. „Das ist ein Instrument, um die Leute zu binden. Und um zu testen: Traust du dir selbst zu, das Unternehmen nach vorne zu bringen?“
Wer „nur“ Zahlenmensch ist und all das nicht mitbringt, wird schnell ausgetauscht, so Nieswandt. Denn eine Affinität für Zahlen ist die Voraussetzung, sie ist bestenfalls angeboren.
Vom CFO zum CEO
Bei Eva Posan, knapp ein Jahr CFO von MediaMarkt Österreich, ist das der Fall. Schon als Kleinkind war sie ein solcher „Zahlenmensch“, nahm an Mathe-Wettbewerben teil. Ihr Vater, zwanzig Jahre CEO einer Handelsfirma, nahm sie im Jugendalter mit zu Lieferantengesprächen oder Strategiesitzungen. Selbst einmal in eine Top-Position zu kommen, war daher immer ihr Ziel, erzählt sie dem KURIER in der ersten Kaffeepause des CFO Day: „Ich habe mein Studium danach ausgewählt, die Richtung in Unternehmensführung, Controlling und Finanzierung eingeschlagen.“
Konsequent kletterte sie die Karriereleiter nach oben. Jetzt haltmachen, ist nicht der Plan. Von der CFO-Position in die des CEO zu wechseln, würde sie nicht ausschlagen. Und ist damit nicht allein – 60 Prozent der 600 befragten CFOs der globalen Egon-Zehnder-Studie streben den Platz in der ersten Reihe an. Je herausfordernder die wirtschaftliche Lage, desto größer die Chance, dass das auch gelingt, ordnet Finanzprofessor Stefan Pichler der Wirtschaftsuni Wien ein.
Prominente Beispiele gibt es einige: Shou Zi Chew war CFO beim Smartphone-Riesen Xiaomi, wechselte dann als CFO zu Bytedance, das für TikTok bekannt ist, und ersetzte dort wenig später den CEO. Nur am Finanzgeschick wird der Aufstieg nicht gelegen haben, erklärt Pichler der WU Wien: „Die Führungspersönlichkeit wird letztlich immer entscheidender sein, als die Frage, ob jemand aus der Finanz kommt.“
Auch in guten Zeiten
Ob die Rolle von CFOs nur in anspruchsvollen Wirtschaftszyklen an Bedeutung zulegt, verneint der Professor. „Es ist keine zyklische Sache, sondern ein langfristiger Trend.“
Zurückzuführen wäre dieser auf die Anpassung der mitteleuropäischen Wirtschaft an die globale. Eine richtige Finanzabteilung hatten früher nur wenige Unternehmen, so der Experte. Die Betriebsgröße verlangte es nicht, man war bei der Hausbank, hatte keinen Zugang zum Kapitalmarkt. Heute müsse man sich am Kapitalmarkt bewegen können. „Da braucht es die CFO-Funktion mehr als zuvor“, so Pichler. Auch in guten Zeiten, weil man schneller bereit ist, zu expandieren.
„Wir müssen PS auf die Straße bringen, aber das Unternehmen nicht überlasten“, fasst es die AT&S-Finanzvorständin Preining zusammen. Und tritt doch einmal das Worst-Case-Szenario ein, sind es die CFOs, die schon lange geplant haben, was man noch tun kann, schließt Hannes Moser, seit 13 Jahren CFO der Greiner AG.
Kommentare