Wiener Volksschüler werden zu jungen Unternehmern

In der Volksschule Prandaugasse wird gemeinsam mit PH-Studentin Melanie Schlüter am Projekt für den Markttag gearbeitet. Drei Produkte stehen zum Verkauf.
Konzentriert sitzen Schüler der Volksschule Prandaugasse im 22. Wiener Gemeindebezirk an einem Tisch und schauen nachdenklich auf ein überdimensionales Blatt Papier. Sie überlegen, wie sie potenzielle Kunden anlocken könnten, um ihre (handgemachten) Produkte zu verkaufen. „Luftballons“, ruft eine Schülerin plötzlich. Ihre Kollegen stimmen begeistert zu.
Warum die 3b an einer Verkaufstaktik arbeitet? Sie bereitet sich auf den sogenannten „Changemaker-Markttag“ des WU-Gründungszentrums und der „Initiative for Teaching Entrepreneurship“ (IFTE) vor. Im Rahmen von zwei Workshops versucht man, Volksschulkinder für das Unternehmertum zu begeistern. „Wirtschaftsbildung hat an Österreichs Pflichtschulen im internationalen Vergleich nach wie vor eine niedrige Priorität“, heißt es bei der Wirtschaftsuniversität Wien. Fähigkeiten wie unternehmerisches Denken sowie Konzepte wie Inflation, Steuern, Nachhaltigkeit und Zinsen würden in den unteren Schulstufen zu wenig vermittelt. Mit diesen Schulworkshops will man die Lücke etwas schließen.
Der „Changemaker Markttag“ findet am 10. und 12. Juni von 10 Uhr 30 bis 12 Uhr 30 im Learning Center der Wirtschaftsuniversität Wien statt.
Sonnenblumen-Bande
Heuer arbeiten rund 2.000 Volksschüler an Konzepten, die sie mithilfe von „Changemakern“ (freiwilligen Studierenden) umsetzen. Die Produkte, die sie dabei entwickeln, werden am WU-Campus verkauft. Der KURIER darf eine Klasse bei der Projektplanung begleiten und verbrachte einen Vormittag mit den Volksschülern der Prandaugasse. Dort wird bereits fleißig gearbeitet. Von Projekten-Ideen über Produkt-Preise bis hin zu realistischen Werbemaßnahmen. Gleich drei Produkte will die Klasse an ihrem Verkaufsstand anbieten: Wiederverwendbare Wasserflaschen, handgemachte Handyanhänger und Glückssteine, „die bei Prüfungen helfen sollen“, erklärt eine Schülerin.
Alles wird sorgfältig vorbereitet, jedes Detail bedacht. Selbst der Name ihres Unternehmens wird ausführlich debattiert. Er sollte einzigartig sein und die Klasse gut repräsentieren, rät Changemaker Fabian Mellitzer. Die Wahl fällt auf „Sonnenblumen Handmade“. Warum? „Unser Logo ist eine Sonnenblume und alles ist selbst gemacht“, sagen die Schüler.
Auch die Changemaker nehmen ihre Rolle sehr ernst: „Wir wollen das Selbstbewusstsein der Schüler stärken und ihnen gewisse Fachbegriffe näherbringen“, sagt WU-Studentin Nina Blažek. Dazu gehören Fragen wie: Was sind variable und Fixkosten? Oder: Wie gelingt ein Verkaufsgespräch? „Man muss zuerst Hallo sagen“, antwortet ein Schüler sicher. Und was noch? „Lächeln und die Höflichkeitsform verwenden“, fasst eine weitere Schülerin zusammen. Bei den Workshops geht es aber nicht nur um den Verkauf von Produkten, meint Fabian Mellitzer. „Wir wollen den Kindern zeigen, wie man selbstsicher eigene Ideen präsentiert und frei redet.“

Von Projekten-Ideen über Produkt-Preise bis hin zu realistischen Werbemaßnahmen: Alles wird sorgfältig besprochen.
Wer wird Unternehmer?
An Selbstsicherheit fehlt es den Schülern jedenfalls nicht. Voller Energie und Sinn für Humor machen sich die jungen Talente an die Aufgaben, üben Verkaufsgespräche und präsentieren stolz ihre Ideen. Sogar Rechenaufgaben stoßen auf Begeisterung.
Das Programm scheint also gut anzukommen. Ob es die Jungen auch vom Unternehmertum überzeugt? Auf die Frage, was sie einmal werden möchten, nennen sie jedenfalls einige Berufe: Pilot, Chirurgin, Tierärztin im Zoo, Lehrer, Angestellter – und wer wird Entrepreneur? „Ich möchte ein Cafè eröffnen“, sagt ein junger Mann in der ersten Reihe. Die Kollegin gegenüber überlegt einen Modeladen aufzusperren. Der Rest ist noch unentschlossen: „Ich weiß nicht“, sagt ein Schüler ehrlich. „Aber ich bin schlau. Ich finde es noch heraus.“
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