Gailit: Raves sind oft negativ mit illegalem Feiern behaftet – im Dunkeln unter einer Brücke, bis die Polizei kommt. Aber so sehen wir das nicht. Für uns ist es eine Zusammenkunft von Leuten mit euphorischer elektronischer Musik und DJ. In dieser Hinsicht sind wir irgendwas zwischen Rave und Festival. Ein „Ravetival“, wenn man so will.
Was bringt Ihnen der extra Aufwand wirtschaftlich?
Hiller: Je ausgefallener der Ort, desto mehr Tickets verkaufen sich. Und wir merken auch, dass man damit auf sozialen Medien an Reichweite gewinnt. Man merkt, dass die Marke bekannter wird. Wir werden sogar gelegentlich auf der Straße darauf angesprochen.
Gailit: Wir fanden es fad, an denselben Orten zu spielen wie jeder andere auch. Wenn wir schon extravagante Musik anbieten, muss es auch an einem Ort sein, der anziehend ist.
Extravagante Musik?
Gailit: Wir hören gerne Musik und haben gemerkt, dass es in Österreich kein besonders breites Spektrum an Musikrichtungen gibt. Hip-Hop, Kommerzschiene, R'n'B und Techno – dazwischen gibt es nichts. Wir wollten die Musik, die vorwiegend aus Amsterdam kommt, hierherbringen. Also haben wir uns eine Musikanlage inklusive Equipment gekauft und legen für Freunde und Verwandte auf. Das kam gut an, und die Leute haben es weitererzählt.
Gestartet haben Sie aber in der Werbebranche mit Ihrer Agentur „Echte Freude“, die Sie bis heute betreiben.
Gailit: Wir haben eine Werbeagentur mit Fokus auf Filmproduktion. Damit verdienen wir unser Geld. Die zusätzliche Eventorganisation war eher ein Spaßprojekt.
Als Veranstalter begegnet man aktuell vielen Herausforderungen: Zuerst hat die Pandemie der Partyszene Einhalt geboten, außerdem muss man sich mit einer erhöhten Terrorwarnstufe befassen.
Hiller: Natürlich bietet jedes Event ein Risiko, egal ob von außen oder innen. Wir schauen aber, dass wir den Sicherheitsfaktor so hoch wie möglich halten und vor allem ein niederschwelliges Sicherheitsangebot bieten. Das reicht von Awarenessteams (Anm.: Aufmerksamkeitsteams) bis zu Sicherheitskräften. Deswegen machen wir uns auch in Zukunft keine Sorgen, da unser Publikum sicher ein Vorzeigebeispiel ist, was friedliches und gemeinsames Feiern angeht.
Kann man mit Feiern Geld verdienen? Schreiben Sie schwarze Zahlen?
Gailit: Es kommt auf das Event an, aber wenn wir gesponsert werden, auf jeden Fall. Ohne Sponsoren wäre man aber klar im Minus. Es ist kein Geschäft, mit dem man reich wird. Uns geht es auch nicht nur um die Wirtschaftlichkeit, sondern in erster Linie darum, eine Reichweite aufzubauen.
Hiller: Wir sind im zweiten Jahr. Es ist ein Hobby, das sich erst jetzt zum Beruf entwickelt.
Statt der Werbeagentur?
Gailit: Die Agentur wird immer im Vordergrund stehen. Verum Gaudium soll einfach nicht zu viel Budget verbrauchen, im besten Fall sogar mehr Geld einbringen – mit Merchandise, Ticketeinnahmen oder Sponsoren.
Wie viel Geld muss man in so ein Event investieren?
Hiller: Es gibt Projekte, in die man fünfstellig investieren muss. Und dann gibt es welche, wie damals am Karlsplatz, wo wir uns im unteren dreistelligen Bereich bewegt haben. Wir mussten uns nur hinstellen und auf „Play“ drücken. Jeder konnte einfach vorbeikommen.
Gailit: Lustigerweise wurden es dann 1.500 Leute, und das mit praktisch null Aufwand. Vieles machen wir nämlich selbst. Die Werbung zum Beispiel. Allein diese Werbevideos kosten drei- bis fünftausend Euro. Und mich kostet es „nur“ meine Arbeitszeit. Aber da wir uns in den Produktionen immer selbst übertreffen wollen, wird das Equipment auch hier immer kostenintensiver.
Und was springt finanziell für Sie raus?
Hiller: Das Erfolgreichste war ein Gewinn im niedrigen vierstelligen Bereich. Das Schlechteste war ein Verlust von drei- bis viertausend Euro exklusive Arbeitszeit. Solange wir den Spaß nicht verlieren, ist es eigentlich egal, was am Ende herauskommt. Die Events halten uns mental fit. Wir lernen Neues dazu und können das auch gut für unsere Agentur nutzen.
Gibt es einen Fehler, den Sie nicht mehr machen würden?
Hiller: Wir hätten die Tugenden der Werbebranche ein bisschen früher in die Events integrieren können, das hätte einiges erleichtert (lacht).
Inwiefern?
Gailit: Zu Beginn haben wir unsere Firmen sehr parallel geführt und sind lange nicht auf die Idee gekommen, eine Kampagne für uns selbst zu machen.
Wie bringen Sie Ihre Nischen-Musik an das Publikum?
Gailit: Wir spannen einen guten Bogen durch den Abend. Wir beginnen mit ruhiger Musik, die zu der entspannten Atmosphäre passt, damit die Leute sich akklimatisieren können. Das steigert sich über den Abend bis zum Schluss. Dann kommt eine Musikrichtung, die nach Baustellenlärm klingt. Aber wir schaffen es jedes Mal, dass die Leute auch dazu tanzen.
Überrascht Sie das?
Gailit: Zu Beginn ja. Wir waren generell davon überrascht, wie einfach manche Dinge gehen, wie schnell eines zum anderen führt. Natürlich geht das nur, wenn man dahinter ist und sich hineintigert.
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