Verkaufs-Skills? „Beziehungen“

Verkaufs-Skills? „Beziehungen“
2030 könnten wir in einer Welt ohne Verkäufer leben, so die Annahme eines IT-Unternehmens. Tristan Horx, Forscher am Zukunftsinstitut, hält dagegen.

KURIER: Wird der Verkäufer aussterben?

Tristan Horx: Die Annahme, dass menschliche Verkäufer 2030 nicht mehr existieren, ist ein klassischer linearer Prognostikfehler. Es gibt viele Berufe, die von brutaler Redundanz leben und automatisiert werden. In der Regel ist es aber so, dass man sich auf die Stärken, die für einen Job wichtig sind, rückbesinnt, und sich ihnen anpassen muss.

Das heißt, seine Aufgaben verändern sich nur?

Der Verkäufer wird zum Kurator. Wenn Menschen individualisierter werden, muss auch die Beratung individualisiert sein. Digital affine, vor allem junge Online-Konsumenten wissen sofort, wenn ein Algorithmus hinter dem Verkauf steht. Es wird daher wichtiger, eine Vertrauensbasis zwischen Mensch und Mensch herzustellen.

Und was bedeutet diese Individualisierung im Klartext?

In erster Linie muss er als Kurator den Überblick über die Produkte haben. Im Gegensatz zu den momentanen Verkäufern, die ihren Incentives folgen, so viel wie möglich zu verkaufen, geht es bei den künftigen darum, das zu verkaufen, was der Kunde wirklich will. Sein Skill-Set besteht auch im Anderssein gegenüber dem Algorithmus. Viele Verkäufer agieren jedoch wie so ein Algorithmus und denken: Wenn der Kunde das will, dann will er dieses andere Produkt auch. Das merke ich beispielsweise an der Kassa, wenn ich Schuhe kaufe und mir dazu noch der Imprägnierspray angedreht wird.

Menschlicher Kontakt und Umgang bleiben beim Einkaufen also nach wie vor wichtig.

Die Grundthese ist, dass die Zukunft aus Bildung von Beziehungen besteht, nicht aus technischem Zeug. Das ist das Schwierige. Digitalisieren können wir schon.

Sie sagten, viele Berufe würden automatisiert. In welchen Branchen wird man ohne menschlichen Verkäufer dennoch nicht auskommen können?

Das hängt von zwei Faktoren ab. Einmal die preisliche Barriere: Je teurer ein Produkt, desto höher die Hemmschwelle und umso sinnvoller ist der Einsatz von menschlichen Verkäufern. Dahinter steht der Gedanke: Wie sehr vertraue ich einem Algorithmus, obwohl ein Mensch manipulativer arbeiten kann? Die andere Barriere bezieht sich darauf, wie individualisiert das Produkt ist. Menschliche Verkäufer sind dort wichtig, wo Produkte persönlich und modifizierbar sind. Digitale und analoge Verkäufer haben aber beide Vorteile. Sie sollen dort eingesetzt werden, wo sie Sinn machen. Es sollte kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander werden.

Worauf müssen oder können sich Verkäufer heute schon vorbereiten?

Im Verkauf, sowie in vielen anderen Bereichen, müssen die Leute Multiperformer werden. Gerade weil sie den individuellen Kontakt mit Kunden suchen müssen, sollten sie auch fähig sein, beispielsweise gute personalisierte eMail-Kampagnen aufzusetzen. Verkäufer müssen sich Wissen aus verschiedenen Feldern aneignen, Produkte vermarkten, aber auch sich selbst verkaufen können, Stichwort: Ich-AG. Wenn ich jemandem vertrauenswürdig Produkte verkaufen möchte, muss ich ebenfalls vertrauenswürdig erscheinen. Man wird von Individuum zu Individuum interagieren und nicht wie jetzt von Produkt zu Individuum.

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