Umstrittene Supermacht: Pro und Contra für Investments in China

Umstrittene Supermacht: Pro und Contra für Investments in China
Die politischen Probleme sprechen dagegen, die Wirtschaftsdaten dafür. Lohnt es sich als Anleger, in China zu investieren?

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht eine neue verblüffende Nachricht aus China beweist, dass die Bezeichnung „Supermacht“ mehr als gerechtfertigt ist. Mitte November hat China ungeachtet des Handelskonflikts mit den USA mit 14 asiatisch-pazifischen Staaten das größte Freihandelsabkommen der Welt geschlossen.

Es bündelt rund ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung, stärkt weiter die Position der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt und macht auch Japan und Australien zu chinesischen Handelspartnern, obwohl diese Länder auch ihre politischen Spannungen mit Peking haben.

Dem nicht genug, China zeigt es der Welt auf verschiedensten Ebenen: Eine Tochter von Sinopharm hat erst vor wenigen Tagen den Zulassungsantrag für den ersten chinesischen Anti-Corona-Impfstoff gestellt. In der Vorwoche ist der erste in China entwickelte Kernreaktor ans Netz gegangen.

In dem Land befinden sich derzeit 13 Atomkraftwerke im Bau – mehr als in jedem anderen Land der Welt. Und fast nebenbei hat China jüngst seine erste Mondmission gestartet, die laut Experten als Vorbereitung für eine künftige bemannte Landung auf dem Erdtrabanten dienen oder gar als Probelauf für die erste Landung auf dem Mars gedacht sein könnte.

Aber es sind vor allem die Wirtschaftsdaten, die beeindrucken und bei denen sich Anleger in aller Welt fragen, ob nicht ein Investment lohnt.

Viel Pro, viel Contra

Dagegen sprechen: Anhaltende Menschenrechtsverletzungen, die angespannte Situation in Hongkong, Pekings Umgang mit Taiwan oder schlicht das Wissen, dass man es mit einer Diktatur zu tun hat, die dem Ziel, die wirtschaftliche und militärische Nummer eins der Welt zu werden, alles unterordnet. Das mag Anleger und Investoren abschrecken, die Wirtschaftsaussichten tun das bestimmt nicht.

Umstrittene Supermacht: Pro und Contra für Investments in China

In China hat die Corona-Pandemie ihren Ausgang genommen, China hat den Kampf gegen das Virus aber auch als eines der ersten Länder gewonnen – so scheint es zumindest. China ist in diesem Jahr mit einem Wachstum von erwarteten zwei Prozent allein auf weiter Flur. In allen größeren Wirtschaftsnationen der Welt schrumpft das Bruttoinlandsprodukt.

Umstrittene Supermacht: Pro und Contra für Investments in China

Chinas Wirtschaft und insbesondere die chinesische Industrie kann den Rest der Welt in diesem äußerst schwierigen Corona-Jahr weit hinter sich lassen

Und vor allem die chinesische Industrie kann mit dem aktuell schnellsten Wachstum seit drei Jahren weiter ihre Exportkraft ausspielen, während der Rest der Welt die Abhängigkeit von China reduzieren will. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Ein Beispiel: Smartphones. Unter den Top-3-Anbietern der Welt sind bereits zwei aus China. Samsung aus Südkorea vor Huawei und Xiaomi, lautet das Ranking. Apple war im abgelaufenen 3. Quartal nur noch Nummer 4.

Investieren, aber richtig

Und was bedeutet das für potenzielle Anleger? Bis vor Kurzem war das Investieren in China für die breite Masse nicht einfach, sagt Hans Engel, Finanzanalyst Erste Group Research. „Es gab Restriktionen, die erst 2018 aufgehoben wurden.“ Aktien, die an den chinesischen Börsenplätzen gehandelt werden, seien sehr viele kleine Aktien, sagt Engel. „Die Großen sind ja doppelt und dreifach notiert“ – etwa auch in Amerika. Potenzial sei jedenfalls vorhanden, sagt Engel – immerhin handle es sich bei China um den größten Emerging Market, also Schwellenmarkt.

Börsengänge bleiben attraktiv

In den Schlagzeilen waren Chinas Börsen vor allem mit dem geplatzten Rekord-Börsengang in Shanghai und Hongkong des Alibaba-Ablegers Ant Group. Das habe zwar für den „IPO (Neuemissionen, Anm.) Markt in China einen Rückschlag gebracht“, sagt Monika Rosen, Chefanalystin der Unicredit Bank Austria – der chinesische Markt sei für Börsen-Neulinge aber weiter „äußerst attraktiv“.

Immerhin lief laut aktueller Zahlen des Beratungsunternehmens EY ein Fünftel aller weltweiten IPOs heuer (mit Stichtag 30. 9.) über die Börse Shanghai. „Wenn man noch die Notierungen in Shenzhen und Hongkong dazu zählt, entfallen auf China 45 Prozent der globalen Börsengänge heuer.“

Wie das Investieren in China gelingen kann

China boomt, China holt auf, China überholt. Die Schlagzeilen zur chinesischen Wirtschaftsleistung  sind vielversprechend. Immer mehr richten auch Anleger ihren Blick auf die Volksrepublik. Doch lohnt es sich?

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Chinesische Aktien ja – aber am besten an bekannten Börsen

In China gebe es Risiken, sagt Hans Engel, Finanzanalyst der Erste Group Research. Er rät, in Aktien zu investieren, die auch an europäischen oder amerikanischen Börsen gelistet sind. Das sei zum einen praktischer. „Viele Kunden haben ja ein Dollarkonto, man muss sich nicht noch um eine andere Währung kümmern.“ Außerdem ist so garantiert, dass es den Geschäftsbericht auf Englisch gibt.

Bei kleineren Titeln rät Engel zur Vorsicht. Aber: Lohnt es sich überhaupt noch, in die Alibabas dieser Welt zu investieren? „Ja. Hätte man die gleiche Frage bei Amazon vor fünf Jahren gestellt, wäre die Aktie auch schon bei einem All-Time-High gelegen.“

Tencent, Alibaba, Baidu

Und wo sollte man jetzt konkret zuschlagen? „Es macht wenig Sinn, eine China Mobile-Aktie zu haben“, sagt  Engel.  Spannend seien hingegen die Aktien von Tencent, Alibaba und Baidu. Nur eine Halten-Empfehlung hat die Erste etwa bei der Aktie der China Construction Bank.
Die Erste Group bietet seit dem Vorjahr auch einen „China Bond“ für chinesische Staatsanleihen an.

„Zur Zeit ist das Niveau sehr gut, es gibt 3,3 Prozent Rendite der chinesischen Staatsanleihe“, sagt Anton Hauser, Senior Fondsmanager Erste Asset Management.   Das Risiko in China sei zwar höher, „aber überschaubar“. Im schlimmsten Falle könne China einen Immobiliencrash erleben und so Währungsabwertungen erleben – die wären aber wohl nur temporär.

Die wichtigsten Börsen Chinas

Chinas Börsenplätze rücken zunehmend in den Fokus auch europäischer Anleger. Ein KurzüberblickTrotz der Handelskriege und politischer Instabilitäten – die Anleger schielen auf die chinesischen Börsen. Die klar wichtigste Börse auf dem chinesischen Festland ist die Shanghai Stock Exchange, gegründet 1990, gefolgt von der Shenzhen Stock Exchange, die im selben Jahr gegründet wurde.

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Die Kursentwicklung an den beiden Börsen bildet der Aktienindex CSI 300  ab. Der Index besteht aus den 300 größten und meistgehandelten A-Aktien Chinas, also solcher, die in der Währung Chinas, Renminbi, gehandelt werden. (Anm.: Bei B-Shares handelt es sich um Aktien, die in ausländischer Währung gehandelt werden.)

62 Prozent der Aktien aus dem Index werden an der Börse Shanghai gehandelt, der Rest an der Börse Shenzhen. Neben den Börsen in Shanghai und Shenzhen hat auch die Börse Hongkong, die Stock Exchange of Hong Gong, große Bedeutung. Hier werden Unternehmen des chinesischen Festlands in Form von sogenannten H-Aktien gehandelt. Alle drei Börsen gehören zu den zehn größten der Welt nach Marktkapitalisierung. 

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