Im Eilverfahren studiert
Sie schafften das Bachelor- und das Masterstudium in vier Semestern. 60 Prüfungen in 20 Monaten. Die drei Deutschen Marcel Pohl, Robert Grünwald und Marcel Kopper, heute alle 23, studierten Wirtschaft in Rekordzeit: In nur zwei Semestern machten die drei „Leistungsextremisten“ berufsbegleitend den Bachelor – neben ihrer Bankausbildung. Pohl und Grünwald setzten in weiteren zwei Semestern den Master an der privaten Hochschule für Ökonomie und Management in Dortmund drauf. Der Öffentlichkeit bekannt wurden die drei, weil die Uni sie vor Gericht zerrte. Nun ist ihr Buch „Die Turbo-Studenten“ erschienen (Gabal Verlag, € 20,99).
Marcel Pohl ist heute Projektmanager in der Commerzbank, FH-Dozent und Promovend. Im Interview spricht er über Koffeintabletten, Arbeitsteilung und wieso seine Hochschule ihn vor den Kadi zitierte.
KURIER: Sie drei sind die schnellststudierten Akademiker Deutschlands. Viel Lob, viele Kritiker?
Klar. Manche gönnen uns diesen Erfolg nicht, andere glauben uns nicht. Da fallen schon mal Begriffe wie „Schmalspurstudenten“.
Sie wollten besonders schnell sein, wie kam es zur Turbo-Idee?Wir wollten uns eine besondere Herausforderung schaffen. Es war zu Beginn nicht klar, dass wir die Studienzeit dermaßen reduzieren könnten. Wir haben mit einer maximalen Reduktion von fünf Semestern gerechnet.
60 Prüfungen in 20 Monaten: War das möglich, weil die Privatuni keine Anwesenheitspflicht und 20 Standorte zur Auswahl hatte?
Uns war anfangs nicht bewusst, dass es an der Uni solche Freiheiten gab. Die Uni haben wir wegen der Nähe zum Wohnort ausgewählt. Nach zwei Monaten waren wir unterfordert, wollten das Studienmodell unter der Woche mit jenem am Wochenende kombinieren, um mehr Fächer belegen zu können. Wir fanden in der Studienordnung kein Verbot, also haben wir es auf eigene Verantwortung so gemacht.
Wie haben Sie im Team gelernt?
Die 20 Standorte waren ein wichtiger Faktor. Jeder besuchte andere Vorlesungen, wir haben uns die Inhalte gegenseitig beigebracht, thematisch ähnliche Seminararbeiten gemacht. Die Abschlussarbeiten haben wir einen Tag nach deren formaler Anmeldung abgegeben. Die Professoren haben uns sehr unterstützt.
Gab es eine Rollenaufteilung?
Robert war fürs Organisatorische zuständig, ich der Gründliche, der alles gegencheckte, Marcel der Kreative.
Was war der größte Antrieb?
War unser Ziel: in kurzer Zeit ein Prädikatsexamen abzuschließen. Jeder von uns wollte auch nicht schlechter sein als die anderen beiden. Einen Tag vor der Klausur in Steuerrecht war ich nicht gut vorbereitet, wollte mich abmelden. Die anderen haben das nicht zugelassen. Wir haben die Nacht durchgelernt – und eine Zwei bekommen.
Ihr Vater starb früh. Hat Sie das beeinflusst? Ehrgeiziger gemacht?
Für mich war klar, ich will meine Familie ernähren, will gesicherte Verhältnisse. Daher habe ich meine Bankausbildung in 1,5 statt 2,5 Jahren gemacht.
Sie haben völlig auf richtiges „Studentenleben“ verzichtet.
Ich habe es nicht vermisst. Heute habe ich Spaß, stehe auf eigenen Beinen.
Das Buch erzählt von totaler Erschöpfung zwischendurch.Ich habe zwei bis vier Stunden pro Nacht geschlafen. Wir haben uns mit Obst, viel Wasser, Kaffee, Energy Drinks, Koffeintabletten wach gehalten.
Von humanistischen Bildungsidealen halten Sie wenig. Warum?
Der BWL-Bachelor hat heute generell wenig damit zu tun. Für uns war das Studium Mittel zum Zweck – für den Beruf.
Sie üben Kritik am Unisystem.
Die Curricula sind zu starr, man muss das System beschleunigen. Studierende brauchen Freiraum. In Frankreich sind Absolventen früher am Arbeitsmarkt, ein Wettbewerbsvorteil.
Sie plädieren für eine neue Gattung der „Turbo-Studenten“. Nachhaltiges Lernen ist das ja nicht.
Doch, wir wollten Quantität mit Qualität verbinden, wir haben nicht nur für die Klausuren gelernt, sondern im Studium auch Schwerpunkte für den Beruf gesetzt.
An öffentlichen Unis wäre Turbo-Studieren sicher schwierig.
Ja, aber mit unseren Lernmethoden kann man Lern- und Studiendauer stark reduzieren.
Die Uni verklagte Sie, weil Sie nach Abschluss die Ratenzahlung der Studiengebühren einstellten – und bekam recht. Ihr Fazit?
Wir mussten 13.000 Euro nachzahlen. Aus unserer Sicht ist das ungerecht. Es war früher ein Platz für den nächsten zahlenden Studenten frei.
Was hat das Studium gebracht?
Es war die Voraussetzung für weitere Karrierestufen. Unser Streben nach Herausforderungen lässt sich im Beruf anwenden. Und ich habe zwei Freunde fürs Leben gewonnen.
Marcel Pohl absolvierte mit Robert Grünwald eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Commerzbank. Grünwald und Marcel Kopper kannten sich bereits aus der Schulzeit. Kopper absolvierte neben dem Bachelorstudium die Ausbildung zum Handelskaufmann bei einer Medizintechnikfirma. Neben dem Masterstudium (noch unvollendet) war er Account Manager bei der Hays AG und Verkaufsleiter bei Lidl.
Grünwald, inzwischen Ph.D-Student, und Kopper haben ein Start-up-Unternehmen gegründet. Marcel Pohl ist Projektmanager in der Commerzbank, Dozent an der Frankfurt School of Finance und Ph.D-Student an der University of Gloucestershire.
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