Im Film ’King Richard’ geht es um den Vater, der die Tenniskarriere seiner Töchter Venus und Serena Williams schon vor ihrer Geburt geplant hatte. Ein Zufall, dass das dann auch geglückt ist?
Alle Coaches der Welt würden wahrscheinlich sagen, das geht nicht. Aber bei den Williams hat es funktioniert. Die Familie kommt aus armen Verhältnissen, der Vater hat Tennis im Fernsehen gesehen und wollte das für seine Kinder. Die Töchter sind sicher Megatalente, aber dass ihm das gleich zwei Mal gelungen ist, ist sensationell.
Als amtierender CEO der European Tennis Federation: Wie gut müssen Sie selbst Tennis beherrschen?
Wenn man ein Unternehmen führt, ist es sinnvoll, von der Materie eine Ahnung zu haben. Gerade im Sport.
Ihre ITN?
4,4. Ich bin Amateur.
Sie managen einen europäischen Verband. Ist das mehr ein Manager- oder ein Funktionärsjob?
Es ist ein Balanceakt. Wir haben 50 verschiedene Länderpräsidenten, da ist Diplomatie ein Muss. Aber es gehören auch Strukturen und Organisation dazu und eine gesunde wirtschaftliche Basis.
Wie geht überhaupt eine Verbandskarriere?
Ich denke, da ist nicht viel Unterschied zu einem Unternehmen. Es geht um Disziplin und Verantwortung. Ein gutes Netzwerk und eine gute Lobby sind entscheidend. Für meinen Job haben sich über 200 Leute aus ganz Europa beworben. Überzeugt habe ich wahrscheinlich, weil ich jahrelang, zusätzlich zum ÖTV-Job, ehrenamtlich im Europa- und Weltverband mitgearbeitet habe. Aus Interesse und einer Faszination für den Tennissport.
Trotzdem bemerkenswert, dass jemand aus dem kleinen Österreich das schafft.
Danke. Österreich ist ein mittelgroßes Land im Tennissport. Nicht unbedeutend. Ich war viele Jahre im Tenniszirkus präsent, David-Cup, Billie Jean King Cup, ÖTV. Ich bin ein Tennisverrückter. Das hat für den Job gepasst.
Als CEO: Geht es da überhaupt ums Tennis oder um Organisation, Geld, Macht und Einfluss?
Wenn ich ehrlich bin, um Letzteres. In dieser Funktion geht es ums Unternehmen, um Struktur, Governance und Finanzen. Aber ich schaue jeden Tag in den Spiegel und sage mir, Tennis ist das Wichtigste.
Management und Spitzensport: wo sind Parallelen?
Da gibt es viele. Man muss Visionär sein, sich selbst sehen, wo man einmal sein will. Dieses Ziel muss man konsequent verfolgen und eine intrinsische Motivation haben. Einen bedingungslosen Willen, zu den Besten zu gehören, und in sich selbst vertrauen, dass man das auch schaffen wird. Die Stärke der Großen ist es, zuzuhören und sich Anleitungen zu holen. Das ist im Management genauso wie im Sport. Und immer ist sehr viel harte Arbeit dahinter. Ich sage: 30 Prozent Talent, 70 Prozent Arbeit.
Aber vieles ist nicht planbar. Gerade im Spitzensport, wo man nicht weiß, ob Körper und Gesundheit mitspielen.
Das stimmt. Es gehört Glück dazu. Und bei Sportlern auch die Weitergabe von Trainer zu Trainer. Man muss wissen, wann es Zeit für die nächste Entwicklung ist. Es gibt Tausende Tennislehrer aber nur sehr wenige kennen den Weg in die Weltspitze.
Eine große Weichenstellung passiert etwa mit 14 Jahren, wo der Fokus voll auf den Sport sein sollte, es aber auch noch die Schule gibt. Ein Dilemma für viele Eltern.
Ja. Das klassische Schulmodell hat hier ausgedient. Das geht sich für jemanden, der in die Weltspitze will, nicht aus. Aber es gibt jetzt vermehrt Online-Schulen, die man von unterwegs schaffen kann. Viele Top-Jugendliche lernen so vom Hotelzimmer aus oder vom Trainingslager.
Würden Sie diesen Weg einem Kind wünschen?
Tennis ist ein wunderschöner Sport, der viele Attribute mitgeben kann. Ich würde es fördern, wenn es mein Kind unbedingt will. Es geht aber nur, wenn man es liebt, sich stundenlang zu quälen.
Als Tennis-Manager leben Sie in einer Blase. Wie weit weg von einem normalen Leben ist das alles?
Es ist tatsächlich sehr abgeschlossen und auch eindimensional. Es geht nur ums Tennis, das ist leider so. Ich denke aber, so ist es in jeder Branche: als Arzt, als Anwalt – da gibt es immer nur ein Thema. Bei uns im Sport ist es aber sicher extrem, weil so viel Emotion dabei ist.
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