Lebenslang Teilzeit arbeiten: Mit wie viel weniger Geld man auskommen muss

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Lässt sich von lebenslanger Teilzeit leben? Und wie groß ist der Unterschied im Gehalt und in der Pension wirklich?

Die Debatte rund um Teilzeitarbeit in Österreich ist laut, der Teilzeitanteil hoch. Rund ein Drittel der Beschäftigten in Österreich arbeitet nicht in vollem Ausmaß – Tendenz steigend. Erklärungen dafür gibt es viele. Etwa, dass zunehmend mehr Frauen Erwerbsarbeit leisten – zusätzlich zur unbezahlten Care-Arbeit. Oder dass viele Stellen (häufig in Frauenberufen) überhaupt nur Teilzeit ausgeschrieben sind.

Am meisten polarisiert vermutlich: der schlichte Wunsch nach mehr Work-Life-Balance. Männer wie Frauen nehmen für mehr Freizeit weniger Gehalt in Kauf. Das stößt dem Wirtschaftsminister sauer auf – er sagt der „Lifestyle-Teilzeitwelle“ den Kampf an. Die Frage ist aber: Wie lange lässt sich so eine „freiwillige Teilzeit“ durchziehen? Und wie wirkt sich ein solches Lebensmodell auf das gesamte Einkommen und die Pension aus?

Der KURIER macht mit Robin Perner, Ökonom in der Grundlagenabteilung der Gewerkschaft GPA, die Berechnung. 

Ohne Inflationsanpassung, um auch Nettobeträge veranschaulichen zu können. Denn wie in vierzig Jahren besteuert und Pensionsbezüge bemessen werden, lässt sich nicht vorhersagen – auch nicht, wie viel das Einkommen im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten wert ist.

Es handelt sich also hier um Beispiele zur Veranschaulichung, die in der Realität durch Indexanpassungen, unregelmäßiges Einkommen oder neue steuerliche Regelungen anders aussehen würden. Aber sie zeigen die Relation zwischen Vollzeit und Teilzeit – auf Lebenszeit.

Teilzeit vs. Vollzeit, was lohnt sich mehr?

Vollzeit, 40 Stunden

Da man sich freiwillige Teilzeit leisten können muss, gehen wir in der Berechnung von einem Akademiker aus. Würde dieser Vollzeit (40 Stunden) ohne Unterbrechungen arbeiten, könnte sich dessen Lebenseinkommen wie folgt zusammensetzen: Nach Abschluss des Studiums startet der Akademiker mit 25 Jahren in die Erwerbsarbeit. Das Mediangehalt eines Berufseinsteigers liegt laut Stepstone-Gehaltsreport aktuell bei 3.214 Euro brutto pro Monat, 14 Mal im Jahr.

Nach zehn Jahren nehmen wir an, dass er beim Mediangehalt eines Vollverdieners mit Hochschulabschluss angekommen ist – das liegt bei 4.750 Euro brutto pro Monat. Dieses behält er bei, etwaige Gehaltssprünge sind ab jetzt nicht berücksichtigt.

Mit 65 Jahren, nach 40 Versicherungsjahren und zum heutigen Regelpensionsalter, geht er in den Ruhestand. Zur Erinnerung: Es bräuchte 45 Beitragsjahre, um in der Pension 80 Prozent Ersatzrate vom durchschnittlichen Bruttolebenseinkommen zu beziehen. Das geht sich nicht aus – bei Akademikern aufgrund des späten Berufseinstiegs jedoch nichts Unübliches.

Im Zuge seiner Erwerbsarbeit kommt der Vollverdiener auf ein aktives Lebenseinkommen von rund 2,47 Millionen Euro brutto. Zwanzig Jahre lang bezieht er eine Pension – insgesamt 878.061 Euro brutto. Macht zusammengerechnet ein Lebenseinkommen von 3,34 Millionen Euro brutto. Und in Teilzeit?

Teilzeit, 30 Stunden

Statt vierzig Stunden entscheidet sich der Akademiker, seine ganze Erwerbskarriere nur dreißig Stunden die Woche zu arbeiten. Ergibt eine Stundenreduktion von 25 Prozent. Die logische Folge: Er verdient auch 25 Prozent weniger – brutto zumindest, netto werden es aufgrund des progressiven Steuersystems nur zwanzig Prozent weniger sein.

Während der Akademiker Vollzeit ein Lebensgesamteinkommen von 3,34 Millionen erwirtschaftet, sind es jetzt nur mehr 2,51 Millionen Euro brutto, rechnet Robin Perner. Die Differenz liegt bei 836.000 Euro brutto – das ist in etwa die gesamte Bruttopension, die der Vollverdiener mehr zur Verfügung hat. Dennoch: Es sind große Zahlen, unter denen man sich kaum etwas vorstellen kann.

Netto pro Monat geht das einfacher: Während seiner gesamten Erwerbskarriere wird der Akademiker Vollzeit rund 3.000 Euro netto pro Monat verdienen (14 Mal im Jahr, Inflationsanpassungen sind wie eingangs erwähnt, nicht einberechnet). Teilzeit sind es 2.340 Euro netto, also 660 Euro weniger. 

Für die Pension bedeutet das: 2.520 Euro netto bekommt der Vollzeit-Akademiker, 2.008 Euro netto das Teilzeit-Äquivalent (512 Euro weniger). Eine vergleichbare Differenz mit einer Überraschung: In der Pension fällt das Minus sogar geringer aus (auch hier begünstigt das Steuersystem). Jedoch wiegt für die Pension etwas anderes deutlich schwerer als reduzierte Stunden.

Verlorene Beitragsjahre

Dass man bei lebenslanger Teilzeitarbeit mit Gehaltseinbußen zu rechnen hat, ist vermutlich jedem klar. Entweder verfügt man über den nötigen finanziellen Hintergrund oder praktiziert einen angepassten Lebensstil. Rund 600 Euro mehr oder weniger zur Verfügung haben, macht natürlich einen Unterschied – während und nach der Erwerbskarriere.

Doch das Minus hätte in der Pension noch viel größer sein können. Wenn der Akademiker Unterbrechungen verbucht oder die aktive Karriere zu spät begonnen oder zu früh beendet hätte. Das kann in der Pension teuer kommen und drei bis vier Prozent Unterschied pro verlorenem Jahr ausmachen, erklärt Perner und betont: „Unterbrechungen sind für die Pension fast noch schlimmer als ein insgesamt niedrigeres Einkommen.“

45 Versicherungsjahre sind schließlich das Ideal, an dem sich unser Pensionssystem orientiert. Mit seinen 40 Beitragsjahren bezieht der Akademiker bei Pensionsantritt schon nur mehr 66 Prozent seines Letzteinkommens. Hätte er beispielsweise fünf Jahre pausiert oder wäre erst mit 30 Jahren ins Berufsleben eingestiegen, müsste er sich in der Pension mit nur 57 Prozent seines Letzteinkommens begnügen. Lebenslange Teilzeit wäre somit machbar, wenn das jemand möchte, ordnet der Ökonom ein, nur bei beruflichen Pausen sollte man vorsichtig sein. Sofern man auf seine Pension später angewiesen ist.

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