Streitthema flexibel arbeiten
Die Arbeitszeit soll flexibler gestaltet werden, so der Plan. Was die Unternehmerseite darunter versteht, unterscheidet sich jedoch diametral von dem, was Gewerkschaft und Arbeiterkammer wollen. Die Verhandlungen zwischen den beiden Seiten sollen bis 30. 6. laufen. Wenn bis dahin kein Ergebnis in Sicht ist, wird die Regierung eine gesetzliche Lösung ausarbeiten.
Die Positionen
Die Positionen vonseiten der Unternehmer sind klar. Sie wollen die tägliche Arbeitszeit von derzeit zehn auf bis zu zwölf Stunden ausweiten können – wenn Arbeit anfällt. Und das, ohne dafür Überstunden zahlen zu müssen. Aus ihrer Sicht ist die derzeitige Deckelung von maximal zehn Stunden (mit wenigen Ausnahmen) bei Auftragsspitzen realitätsfremd. Ohne diese Flexibilisierung würden Arbeitsplätze verloren gehen, wird betont. An der Gesamtarbeitszeit soll sich aber nichts ändern.
Außerdem will die Arbeitgeberseite die Durchrechnungszeiträume für die Abgeltung von Überstunden auf zwei Jahre verlängern. Durch die Pläne der Arbeitgeber könnte erreicht werden, dass künftig nicht mehr alle Überstunden bezahlt werden müssen, sondern sich diese innerhalb des Durchrechnungs-Zeitraums wieder ausgleichen. Sie werden zwar geleistet, gelten aber als Normalarbeitszeit. In Österreich fallen jedes Jahr 200 Millionen bezahlte Überstunden an. Bei einem durchschnittlichen Überstundenzuschlag sind das in Summe 1,6 Milliarden Euro, um die es hier geht. Laut Berechnungen der Arbeiterkammer würde ein Wegfallen der Überstundenzuschläge einen Einkommensverlust bei den Arbeitnehmern von 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro bedeuten.
Wenn über zwei Jahre durchgerechnet wird, blieben keine Überstunden mehr übrig, so Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske. Insgesamt dürfe das Arbeitszeitgesetz nicht seine Schutzfunktion für die Arbeitnehmer verlieren. Schon jetzt arbeiten 43 Prozent der Österreicher Gleitzeit oder können sich die Arbeitszeit frei einteilen. Für 57 Prozent gibt es fixe Arbeitszeiten, diese sind von den diskutieren Maßnahmen betroffen.
Arbeiterkammer und Gewerkschaft befürchten eine Streichung von Überstundenzuschlägen durch die Hintertür, was einem Lohnraub entspricht. "Die Flexibilisierung ist kein Wunschkonzert der Arbeitgeber, Beschäftigte müssten weiterhin genug Ruhezeiten haben", spricht sich Kaske gegen eine Ausweitung der täglichen Arbeitszeit auf zwölf Stunden aus. Ein Problem dabei ist auch die Kinderbetreuung. Laut Statistik Austria sperrt jeder fünfte Kindergarten schon vor 14 Uhr zu, bis 18 Uhr oder länger haben nur sechs von 100 Einrichtungen geöffnet. Und auch wenn die Öffnungszeiten von Kindergärten und Schulen angepasst würden, ist es für Kinder nicht zumutbar, 13 Stunden und mehr dort zu bleiben. "Ich möchte nicht, dass Eltern gezwungen sind, ihre Kinder von 7 bis 19 Uhr in einer Betreuungseinrichtung abzugeben. Das ist nicht Sinn einer flexibleren Arbeitszeit, wo man eigentlich mehr Zeit für die Familie haben möchte", betont ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm. Sie befürchtet, dass vollerwerbstätige Frauen durch Zwölf-Stunden-Arbeitstage in die Teilzeit gedrängt werden könnten.
Sollte sich die Wirtschaft mit ihren Forderungen durchsetzen, könnte die sechste Urlaubswoche als Verhandlungsmasse einen Ausgleich bilden. Zusätzlich werden Maßnahmen wie ein gesetzlicher Anspruch auf Bildungsurlaub auf den Tisch kommen. Wolfgang Katzian, Vorsitzender der GPA-djp, wirft eine weitere Forderung ins Rennen. All-inclusive-Verträge sollen auf Führungskräfte und Besserverdiener beschränkt werden, wie ursprünglich geplant. Denn derzeit unterliegen 20 Prozent aller Verträge der pauschalen Abgeltung von Über- und Mehrstunden.
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