Sonderstatus Junge: Wollen die Berufswelt neu

Sie wollen nicht so arbeiten, wie ihre Eltern.
Diejenigen, die jetzt in Jobs und Führungspositionen nachrücken, wollen die Arbeitswelt neu: Teamwork statt Hierarchie, Projekte statt Lebensanstellung, Gastgeber statt Arbeitgeber. Für Firmen stellt sich die Frage: Wie sollen sie darauf regieren?

Jede Generation verdient die gleichen Chancen auf ein gutes Leben. Vertrauend auf die Leitsätze: Wer wirklich will, der schafft es nach oben. Wer fleißig ist, wird auch etwas. Doch diese Gleichung stimmt nicht mehr. Heute reicht es nicht mehr aus, brav seine Ausbildung zu absolvieren, um einen sicheren Job zu haben. Die logische Folge ist, dass sich die Jungen fragen: Lohnt sich Leistung noch? Hinzu kommt, dass die Millennials die erste Generation in den Industriestaaten seit 70 Jahren sind, die gehaltsmäßig weniger verdienen werden, als ihre Eltern. Die Reaktionen der Altersgruppe auf diese Tatsachen fallen unterschiedlich aus, abhängig von ihrer Sozialisation. Die einen erkennen, dass sie es nur schaffen können, wenn sie besser sind, als die anderen. Mit der Vergleichbarkeit von Leistung über Social Media sind sie schließlich groß geworden. Andere sind so verunsichert und desillusioniert, dass sie sie von Anfang an nicht so ins Zeug legen: Sie bauen in letzter Konsequenz auf das Hotel Mama oder auf die soziale Hängematte.

Wie sollen die Firmen reagieren?

Doch die große Frage ist, wie die Betriebe mit den Vorstellungen der Jungen umgehen. Was diese Generation erwartet, hat schließlich Auswirkungen darauf, wie man ihr begegnen muss. Karrierebewusste Talente erwarten sich von ihren Arbeitgebern Gestaltungsspielräume, Entwicklungsperspektiven und attraktive Entlohnung. Die breite Mehrheit der jungen Erwerbsnehmer versteht die Arbeit hingegen als Broterwerb, sucht Sicherheit und sieht unbefristete Beschäftigungsverhältnisse, faire Arbeitsbedingungen und eine um Mitarbeiter bemühte Personalführung als Loyalität des Unternehmens gegenüber der Belegschaft, geht aus einer Analyse des Instituts für Jugendkulturforschung hervor.

"Ein Unternehmen kann nicht damit umgehen, dass jeder seine eigene Definition von Leistung und seines jeweiligen Beitrags hat", betont hingegen Günther Tengel, geschäftsführender Gesellschafter der Personalberatung Amrop Jenewein. Diese Generation unterscheidet sich von allen anderen durch den großen materiellen Wohlstand, in dem sie aufgewachsen ist, und dadurch, dass sie extrem behütet wurde. "Genau das, nämlich Mitsprache, Fürsorge durch den Arbeitgeber und ständiges Feedback in Form von Lob sucht diese Generation auch in den Unternehmen. Aber das spielt es einfach nicht", sagt Tengel. Doch die Demografie ist es, welche die Firmen in den nächsten Jahren unter Druck setzen wird. Denn die österreichische Bevölkerung altert. 2060 werden nur mehr 53 Prozent der Bevölkerung in die erwerbstätige Altersgruppe fallen. Für die Firmen heißt das, sie müssen den Transformationsprozess angehen und von der hierarchischen in eine projektbezogene Organisation kommen. Tengel: "Firmen werden in 15 Jahren ganz anders aussehen als heute. Beide Seiten müssen tolerant sein, sonst wird es nicht funktionieren."

Karriere? Ja, aber anders

In dieselbe Kerbe schlägt Alexander Eppler, Bildungsbeauftragter der Wirtschaftskammer Wien: "Junge Menschen haben oft einfach nicht gelernt bzw. es wurde nie von ihnen gefordert, dass sie auch einmal etwas leisten müssen, um sich etwas leisten zu können." Millennials sind durchaus an einer Art Karriere interessiert, allerdings anders orientiert und organisiert. "Selbstverwirklichung und Anerkennung sind wichtige Parameter, wie auch ein gewisser Spaßfaktor", sagt Eppler. Die Möglichkeiten, sich auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten, sind für junge Menschen vielfältiger geworden. "Sowohl in akademischer, aber auch in fachlicher Hinsicht sind junge Menschen heute tendenziell gut ausgebildet. Es stehen spezifischere Ausbildungen als noch vor einigen Jahrzehnten zur Verfügung." Als Unternehmer und Ausbildner ist für Alexander Eppler allerdings wichtig, dass junge Leute eine frühe "Menschenbildung" bekommen. Denn manchmal sei es schwierig, "Jugendliche aus ihrer Lethargie des Schulalltages zu reißen, wo die physische Anwesenheit meist reicht, um erfolgreich weiter zu kommen."

Günther Panhölzl, Wirtschaftstrainer und Bestseller-Autor, appelliert hingegen an die Eltern: "Eltern, die aktiv im Berufsleben stehen, sind für ihre Kinder oft schlechte Vorbilder. Sie leben den Kindern vor, dass das Arbeiten in der Wirtschaft alles andere als positiv ist", betont er. Denn das heutige Arbeitsverständnis junger Menschen wird bereits in der frühen Kindheit geprägt. "Viele vergessen in diesem Zusammenhang, dass sie oft selbst schuld sind, wenn Jugendliche keine Leistung in der Arbeitswelt erbringen wollen. Denn sie sind Vorbild Nummer 1 für ihre Kinder." Für Firmen, so Panhölzl, wird es auch aus diesem Grund immer schwieriger, Mitarbeiter zu finden, die bereit sind, aktiv am Erfolg des Unternehmens mitzuwirken.

- von Ulla Grünbacher und Barbara Heiss

KURIER: Wann stand Ihr Berufsziel fest?
Kim Rudovsky:
In der Oberstufe des Gymnasiums. Ich wusste schon vorher, dass ich einen Sozialberuf ergreifen will. Aber ab der 6. oder 7. Klasse war ich mir sicher, dass ich Ärztin werden will.

Wie viel waren und sind Sie bereit, dafür zu tun, um dieses Berufsziel zu erreichen?
Sehr viel. Ich wollte es unbedingt. Daher bin ich, nachdem ich das erste Mal den Medizin-Aufnahmetest nicht bestanden habe, noch einmal angetreten. Ich hätte es auch noch öfter probiert, denn ich wusste, das will ich machen. Ich hatte aber natürlich auch einen Plan B im Kopf, nämlich die Ausbildung zur Hebamme.

Streben Sie eine Führungsposition an?
Das ist eine Option. Aber ich denke, das ist schwierig zu vereinbaren, denn ich möchte unbedingt eine Familie. Es wird auf meine zukünftigen Lebensumstände ankommen.

Welches Bild haben Ihre Eltern von ihrem Berufsleben vermittelt?
Sie haben beide viel gearbeitet und mir vermittelt, dass sie Freude am Job haben.

Wie sehr wurde die Studien- und Berufswahl von Ihren Eltern beeinflusst?
Sie haben mir völlige Entscheidungsfreiheit gegeben und gesagt, ich soll mir ein Berufsziel suchen, das mich glücklich macht.

Welchen Einfluss hat die Gesellschaft auf Ihre Karriere-Entscheidungen?
Die Gesellschaft gibt mir das Gefühl, dass Karriere wichtig ist. Ich möchte eine gute Ärztin werden, mich laufend fortbilden, viel wissen und auch erfolgreich sein. Aber ich möchte auch Zeit für eine Familie haben. Ich habe den Eindruck, die Gesellschaft nimmt wenig Rücksicht auf mich und meine Bedürfnisse.

Wie sehen Sie Ihre berufliche Zukunft?
Ich möchte, nachdem ich mein Studium abgeschlossen habe, einen Platz für die Ausbildung als Fachärztin der Neonatologie bekommen. Am liebsten in Wien oder in Niederösterreich. Ich kann mir schon vorstellen, zwischendurch einmal ins Ausland zu gehen. Aber generell will ich hier in Wien bleiben.

KURIER: Wann war Ihnen Ihr Berufsziel klar?
David Zellinger
: Eigentlich erst recht spät. Ich habe mich zwischen Matura und Studium, während des Bundesheeres, dazu entschlossen, Jus zu studieren. Mir gefällt es einfach, mich mit dem Recht auseinanderzusetzen.

Wie viel sind Sie bereit zu tun, um Erfolg zu haben?
Schon sehr viel. Aber ich würde nicht meine Seele dafür verkaufen, wie man so schön sagt. Ich möchte schon hart arbeiten und mein Bestes geben, aber ich möchte nicht schon in jungen Jahren über 60 Stunden arbeiten müssen, um möglichst erfolgreich zu werden.

Wie sehen Sie Ihre berufliche Zukunft?
Ich möchte auf jeden Fall als Anwalt arbeiten, vielleicht in der Richtung Sportrecht. Aber ich möchte nicht komplett vom Beruf vereinnahmt werden. Man sollte ein ausgewogenes Leben zwischen Arbeit und Freizeit haben.

Welches Bild haben Ihnen Ihre Eltern vom Berufsleben vermittelt?
Meine Eltern haben immer gesagt, man sollte das, was man macht, mit Begeisterung tun. Aber auch, dass es nicht immer leicht ist und dass man oft mit Problemen konfrontiert sein wird.

Was erwarten Sie sich von einem guten Arbeitgeber?
Wichtig ist, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer Rücksicht aufeinander nehmen. Arbeitgeber sollten nicht Übermenschliches von ihren Mitarbeitern verlangen. Natürlich gehören Herausforderungen zum Arbeitsleben dazu, aber hinter den Mitarbeitern stecken auch immer Menschen mit einem Privatleben. Auch die zwischenmenschliche Atmosphäre im Unternehmen sollte passen.

Ist es auf dem Arbeitsmarkt im Gegensatz zu früher schwieriger geworden?
Schwer zu sagen. Grundsätzlich glaube ich, dass man mit Engagement und Begeisterung an der Arbeit auch heute leicht einen Job findet.

Ist es Ihnen wichtig, viel Geld zu verdienen?
Ja, eigentlich schon. Es ist nicht das Wichtigste, aber gute Leistung sollte einfach honoriert werden. Auch junge Menschen sollten nicht unterbezahlt sein

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