Kaum Praktikumsplätze: Wer heute noch die Jungen ausbildet?

Kaum Praktikumsplätze: Wer heute noch die Jungen ausbildet?
Krisenbedingt sind Ferialjobs heuer rar. Die Situation ist aber nicht ganz aussichtslos. Bei welchen Unternehmen es jetzt noch Sommerjobs gibt.

„Eigentlich hätte ich früher anfangen müssen zu suchen. Dass es letztendlich aber wirklich so schwierig wird, etwas zu finden, habe ich mir nicht gedacht“, erzählt Kathrin Bauer. Sie studiert Personalmanagement und Marketing an der FH Wiener Neustadt. Um ihren Bachelor abzuschließen, braucht sie mindestens 15 Wochen Praxiserfahrung zu je 30 Wochenstunden. Zig Bewerbungen habe sie deshalb im vergangenen Sommer verfasst, Antwort bekam sie nur selten.

Und die Pandemie hat natürlich alles noch einmal erschwert. „Viele Unternehmen haben einfach überhaupt keine Plätze ausgeschrieben. Andere haben die Zahl der Praktikanten, die sie aufnehmen, einfach verringert. Der Druck war im Endeffekt schon sehr groß.“

22 Prozent weniger Jobs im Sommer 2020

So wie Kathrin Bauer ging es im vergangenen Jahr vielen Schülern und Studenten. Das kann Thomas Doppelreiter, Projektleiter der Jugendjobbörse Logo im KURIER-Gespräch nur bestätigen. „Im März 2020 hatten wir mit einem enormen Einbruch der Praktikumsstellen zu kämpfen.“ Zwar habe sich der Markt ab Mai wieder etwas erholt, die Situation blieb trotzdem verschärft.

Der Meinung ist auch Wifo-Expertin Julia Bock-Schappelwein. Sie beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Covid19-Pandemie auf Sommerjobs und musste im vergangenen Jahr eine nüchterne Bilanz ziehen. „Die Daten zeigen, dass es im Juli 2020 etwa für Jugendliche bis 19 Jahre um 22 Prozent weniger Sommerjobs gab als in den vergangenen Jahren.“

Besonders betroffen war natürlich der Bereich der Gastronomie und Hotellerie. Stellte dieser vor der Pandemie doch das Gros der Ferialjobs zur Verfügung, wurde im vergangenen Jahr ein großer Teil der Praktika abgesagt. Das ist nicht nur schade, weil sich die jungen Leute so kaum ihr Taschengeld aufbessern können, gerade in Tourismusschulen sind Praktika oft Pflicht, um in die nächste Schulstufe aufsteigen zu können.

Sonderregelung für Pflichtpraktika

Was also tun, wenn man trotz aller Bemühungen nicht das Richtige findet? „Im vergangenen Jahr gab es eine Sonderregelung für Pflichtpraktika, die demnach verkürzt oder gar aufgeschoben werden konnten. „Ob es eine solche auch in diesem Jahr geben werde, ist gegenwärtig noch unklar“, so die Expertin. „Aber kann der Betroffene nachweisen, dass er das Praktikum unverschuldet nicht absolvieren konnte, darf ihn das am Aufstieg nicht hindern. So steht es im Gesetz.“

Ein Lichtblick für angehende Gastronomen

Eine wichtige Information, denn die Erwartungen sind auch für den kommenden Sommer gedämpft. „Wir stehen vor einer ähnlichen Situation wie 2020 – relativ viele Anfragen bei weniger Angebot und die Bereiche Tourismus und Gastronomie sind wieder besonders betroffen“, sagt Doppelreiter.

Das weiß auch Andreas Hübner, Direktor der Tourismusschule Wien 21. Gerade in Wien seien aufgrund des Ost-Lockdowns die Unsicherheiten bei Gastronomen und Hoteliers groß. Sie hielten sich mit ihren Ausschreibungen zurück. „In den anderen Bundesländern gibt es aber meiner Erfahrung nach noch Plätze. Es ist also noch nicht zu spät.“ Zudem sei davon auszugehen, dass viele in der Gastronomie Tätigen in den vergangenen Monaten die Branche gewechselt haben. Sollten die Restaurants und Hotels also in den nächsten Wochen wieder aufsperren dürfen, müsste der Bedarf an zusätzlichem Personal groß sein. „Das ist schon ein kleiner Lichtblick“, sagt Hübner.

Geduld beweisen lautet die Devise

Den Lichtblick sieht auch Bock-Schappelwein und das nicht nur für die Gastronomie: „Die derzeit herrschende Unsicherheit gepaart mit erschwerten Rahmenbedingungen wie Homeoffice, Kurzarbeit und Abstandsregeln spielt in Sachen Praktikumsausschreibung natürlich eine Rolle. Vielen Unternehmen ist es aber trotzdem ein Anliegen, Ferialjobs und Pflichtpraktikumsplätze auszuschreiben“. Geduld beweisen, nicht gleich das Handtuch werfen und sich im schlimmsten Fall auch in anderen Bereichen als nur das persönliche Spezial- und Interessensgebiet umzusehen, lautet deshalb der Rat aller Experten.

Auch Kathrin Bauer hatte letztendlich noch Glück. Dank einer Kooperation mit ihrer Fachhochschule ist sie auf ein Praktikum im Vertriebsinnendienst bei Penny aufmerksam geworden. Sie hat sich beworben und die Stelle auch prompt bekommen. „Gerade habe ich die letzte Woche absolviert. Es war super und ich werde sogar übernommen.“

Wer bildet 2021 aus?

Einige Unternehmen schrecken derzeit wegen erschwerter Rahmenbedingungen davor zurück, Praktikanten einzustellen. Viele andere dagegen lassen es sich auch in Corona-Zeiten nicht nehmen, ihrer Ausbildungsmission nachzukommen. Darunter etwa die Österreichische Post. „Im Zeitraum von Juni bis September 2021 suchen wir österreichweit rund 1.800 Mitarbeiter, die als Zusteller der Post aushelfen möchten", sagt Pressesprecher Markus Leitgeb.

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Markus Leitgeb, Pressesprecher der Post.

Ein Vorteil: Während in einigen Branchen der Bedarf an Ferialkräften corona-bedingt noch nicht prognostizierbar ist, kann die Post mit einem sicheren Ferialjob Planbarkeit und Perspektive bieten. Die Sommerpostler verdienen rund 1.200 Euro brutto pro Monat. Rückkehrer, also jene die schon im Vorjahr als Sommerpostler unterwegs waren, erhalten zusätzlich einen Bonus. Voraussetzungen für den Job sind ein Mindestalter von 18 Jahren, gute Deutschkenntnisse und je nach Einsatzort auch ein B-Führerschein.

Auch die Bank Austria möchte 2021 micht auf Praktikanten verzichten und bietet Studierenden deshalb das ganze Jahr hinweg Praktikumsplätze an, die  auch im Homeoffice durchgeführt werden können. „Den Bewerbungsprozess wickeln wir dabei völlig digital ab", erklärt Georgiana Lazar, Head of Human Capital bei der Bank Austria. 

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Georgiana Lazar, Head of Human Capital Bank Austria

Neben Studenten  haben auch Schüler die Chance auf ein Praktikum bei der Bank Austria.  In den Sommermonaten Juli und August werden jedes Jahr Ferialjobs vergeben. Die 75 Plätze, die es in diesem Jahr zur Verfügung stehen, sind bereits vergeben.   

Ungewisser sind die Zeiten derzeit bei den Sacher-Betrieben. Aber auch dort möchte man im Sommer Praktikanten anstellen. „Corona-bedingt werden wir voraussichtlich aber weniger Praktikanten aufnehmen“, sagt CEO Michael Winkler. 

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Michael Winkler, CEO der Sacher-Betriebe

Wie viele es letztlich sein werden ist zwar noch unklar, Winkler hofft aber, mindestens 50 bis 70 Prozent vergangener Zeiten erreichen zu können.

Und auch andere österreichische Betriebe stellen Praktikanten ein. Derzeit suchen etwa die Bosch Gruppe und die Porr AG, aber auch Rewe sowie die Asfinag. Autofans können auch bei BMW oder Porsche anheuern. Und angehende Steuerberater sind etwa bei PwC und TPA gut aufgehoben.   

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