Selbstmanagment: Zur falschen Zeit vor Ort

Selbstmanagment: Zur falschen Zeit vor Ort
Wechselnde hybride Systeme können zu Orientierungslosigkeit führen. Der KURIER hat einen Weg hinaus recherchiert.

Ein Termin vor Ort, der nächste virtuell. Wieder ins Büro, oder doch ins Homeoffice? Am falschen Ort gelandet, während das Businessmeeting doch in Präsenz im Konferenzraum stattgefunden hätte.

Man haspelt sich orientierungslos durch den hybriden Arbeitsalltag, verliert den Überblick. Manche Unternehmen sind wieder retour im Präsenzbetrieb, andere springen zwischen unterschiedlichen Prozentsätzen hin und her, 40 Prozent vor Ort, 60 Heimarbeit, wieder andere sind sogar zurück im Lockdown und dulden maximal eine Person einer Abteilung vor Ort.

Das Coronavirus hält die Arbeits- und Uniwelt fest im Würgegriff. Manchen, so scheint es, geht die Luft aus, sie verlieren die Orientierung im heillosen hybriden Chaos zwischen Präsenz, online und Mischsystemen. Markus Lang ist Coach, Consultant und Trainer im Bereich Zeit- und Selbstmanagement und Geschäftsführer der Wiener Akademie für Organisationsentwicklung.

Der KURIER hat nachgefragt, wie man in hybriden Zeiten mehr Organisation in die neue Arbeitswelt bringt.

KURIER: Herr Lang, Sie beschäftigen sich schon viele Jahre mit dem Thema Selbst- und Zeitmanagement. Heute scheint es wichtiger denn je. Worauf kommt es dabei an?

Markus Lang: Man muss verstehen, wie sich ein Team organisiert, wie am effektivsten Entscheidungen getroffen werden, die von allen mitgetragen werden und wie man Kommunikation möglichst effektiv gestalten kann. Es ist der größte Zeitfresser, wenn es keine klare Agenda gibt – dann verliert jeder viel Zeit und Überblick.

Was also kann eine Führungskraft konkret tun, um seinem Team Orientierungshilfen zu geben, wenn man nicht vor Ort ist?

Die Führungskraft muss sich überlegen, wie er oder sie am besten zu seinen Mitarbeitern Kontakt hält. Und wie man einen Gesamtüberblick und Kommunikation organisiert. Am besten geht das mit gemeinsamen Visualisierungspunkten.

Was heißt das genau?

Ähnlich wie bei agilem Arbeiten, wo das Team gemeinsam vor einer Bilderwand mit ihren Aufgaben steht, kann man das mittels Tools auch virtuell machen und dem Team so visualisieren, welche Aufgaben wie zu erledigen sind.

Wie können es Einzelpersonen unabhängig eines Teamgefüges schaffen, die Orientierung nicht zu verlieren?

Persönlich sollte man sich jeden Tag vor Starten des Computers die drei wichtigsten Aufgaben des Tages aufschreiben und visualisieren, damit man dann im Strudel von Zoom, und Videokonferenzen seine Prioritäten nicht vergisst. Mit einer Kombination aus der Getting-the-Things-done-Methode, einem genauen Tagesplan und mit Tagesplanungsapps.

Wie funktioniert diese Methode genau, was kann man täglich tun, um Orientierung zu behalten?

Man macht sich Listen. Eine Liste für die virtuell zu erledigenden Aufgaben, und eine Liste für Tätigkeiten, die vor Ort zu erledigen sind. Diese kontextbasierten Listen verknüpft man dann mit einem Tagesplan, der täglich neu zuschreiben ist. Wichtig ist dabei auch, sich die Wegezeiten und Zeitpuffer einzurechnen. Wir arbeiten nicht nur in Nettozeiten. Koordinierung und Planung ist für unser Selbstmanagent zentral. Und nicht vergessen die drei wichtigsten Aufgaben hervorzuheben.

Wie lange dauert es, bis man diese Methoden intus hat und automatisiert?

Bis man diese neuen Systeme halbwegs zur Gewohnheit gemacht hat, dauert es etwa drei Wochen. Bis diese Mechanismen aber in Fleisch und Blut übergehen, kann das bis zu drei Monate dauern.

Was sind die größten Herausforderungen, die für unser Selbstmanagement entstanden sind?

Die Schwierigkeit während der Pandemie und des Lockdowns lag besonders darin, die Selbstmotivation zu bewahren. Ohne Außenbeziehungen, wie soziale Kontakte und Energiepunkte, wie etwa das Fitnessstudio, können Führungskräfte und Mitarbeiter ihre Orientierungspunkte verlieren. Man muss sich klar werden, wo man sich seine tägliche Kraft holen kann.

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