Rita bringt bio ins Büro
Das Brodeln und Zischen am Herd wird von FM4-Indierock übertönt. Es ist acht Uhr morgens, Dampf steht in der Luft. Rita Huber schwenkt die gusseiserne Pfanne am Gasherd der Restaurantküche, die darin klebende Masse wird später Mohnflösserlschmarrn heißen. "Die Mohnflösserln sind vom Wochenende übrig geblieben", sagt Rita. Seit fünf Uhr Früh arbeitet die 25-Jährige in der Küche. Mittlerweile mit zwei Mitarbeitern,die gerade die Gemüse-Paella in Kartons verpacken.
Mit Rita bringt’s hat Rita Huber einen vegetarischen Bio-Lieferservice in Wien aufgebaut. Begonnen hatte alles heuer im Februar mit einer Facebook-Nachricht ihres Schwagers: "Hättest du Lust, einen vegetarischen Lieferservice zu gründen?" Sie hatte Lust. "Seit zwölf Jahren bin ich Vegetarierin – und ich koche gern", erzählt sie. Und da ihr Schwager Gerald Költringer ein findiger Geschäftsmann ist, – er hat die Werbeagentur Instant und die Neuwagenplattform Autogott.at gegründet – beschlossen sie, gemeinsame Sache mit einer GmbH zu machen. Gerald Költringer kümmert sich um Finanzen, Webseite und Corporate Identity. Rita Huber kocht und koordiniert. Per Lastenfahrräder aus Dänemark werden zwischen zehn und zwölf Uhr die Bezirke innerhalb des Rings beliefert. Eine vegetarische Hauptspeise, oft vegan wählbar, zu 100 Prozent bio, zwei Suppen und zwei Desserts stehen zur Auswahl. Die Kunden sind meist Büromitarbeiter, auch Singles und Mütter sind darunter.
Ritas Smartphone läutet. "Eine Portion ginge sich noch aus", antwortet sie der Anruferin, während sie die Pfanne vom Herd nimmt. Die Kundin hat vergessen, am Vortag zu bestellen. Um mittags das Rote-Rüben-Risotto oder die Spinatknödel auf dem Schreibtisch zu haben, muss man am Vortag bis 16 Uhr seine Bestellung senden. Die Rezepte kreiert Rita selbst oder wandelt sie ab, denn "vieles ist für den Lieferservice nicht geeignet."
Den Gastronomie-Gewerbeschein bekam Rita auch ohne Kochausbildung. "Dafür reicht ein akademischer Abschluss", sagt die studierte Kulturmanagerin. Begonnen haben Rita Huber und Gerald Költringer schon im April, nach einer kurzen Planungsphase. "Am ersten April hatten wir gleich 35 Bestellungen an zehn Adressen, aber nur ein Lastenrad", erzählt sie lachend. Ein Cousin, Rita Huber und Gerald Költringer halfen zu Fuß mit der Essenslieferung aus. Den April riefen sie zum Testmonat aus, die Kunden bekamen 50 Prozent Rabatt gegen Feedback. "Das hat uns sehr geholfen", sagt die junge Frau. Die Kunden wollten größere Suppenportionen und lieber bar zahlen statt online. Die Nachfrage nach Veggie-Food steige, meint Rita: "80 Prozent unserer Kunden sind aber gar keine Vegetarier."
Es ist 8 Uhr 20, die Zusteller für heute kommen. Insgesamt sind 14 beschäftigt. Die jungen Frauen und Männer – zum Teil Studierende – besprechen die Routen und beginnen, die Suppen-Schalen und die Kartons mit der Paella nach Ritas Plan in Papiertüten zu packen.
Länger, größer, weiter
Bisher ist Rita Huber morgens im Veggie-Restaurant Wrenkh im ersten Bezirk eingemietet, in den nächsten Tagen bezieht sie ihre eigene Küche in der Mollardgasse im sechsten Bezirk. Dann wird den ganzen Tag gekocht, auch eine zweite Hauptspeise wird es geben. Dafür sucht die junge Unternehmerin einen Küchenchef. Sie will weg vom Kochen, sich ums Koordinieren, um Werbung und Geschäft kümmern. Bis Ende des Jahres soll es eine zweite Küche geben, vorzugsweise im zweiten Bezirk, um ganz Wien beliefern zu können. 2015 sollen weitere Küchen folgen, mit Take-away-Möglichkeit und Restaurant. "Für die Finanzierung suchen wir einen Business Angel", sagt sie.
Pünktlich um 9 Uhr 30 radeln die Zusteller los, Rita Huber macht sich auf den Weg ins Büro ihres Geschäftspartners: "Die Bestellungen und Abrechnungen warten."
1. Sammle Erfahrungen und prüfe deine Idee. Wir haben im April ein Testmonat veranstaltet. Das hat uns sehr geholfen, um zu wissen, wie viele Lieferanten wir tatsächlich für welche Essensmenge brauchen. Wir gaben den Kunden 50 Prozent Rabatt gegen Feedback, haben daraufhin auch einiges adaptiert – die Größen der Essensportionen zum Beispiel.
2. Hab Mut und beginne früh mit der Umsetzung. Wir haben gewusst, wir sind die Einzigen mit so einem Gesamtkonzept, daher haben wir nicht lange theoretisiert. Bei einem Lieferservice merkt man erst bei der Umsetzung, was geht und was nicht, welche Bezirke man mit wie vielen Zustellern beliefern kann. Das kommt aber auf die Unternehmensidee an – andere brauchen mehr Planung und Vorlaufzeit.
3. Suche dir einen erfahrenen Co-Gründer. Mein Geschäftspartner Gerald Költringer kennt sich gut mit Unternehmensführung und Finanzierungsmöglichkeiten aus. Allein hätte ich „Rita bringt’s“ nicht gegründet.
4. Sei präsent und mache Werbung. Wir sind oft auf Veranstaltungen wie der Messe Fair Fair oder dem Fahrradpicknick und stellen unser Unternehmen vor – samt Verkostung direkt vom Fahrrad aus. Das ist eine der wenigen, aber wichtigsten Werbeformen für uns.
5. Mach dich auf den Verzicht gefasst. Man muss als Gründer verdammt viel zurückstecken, braucht Menschen im Hintergrund, die einen unterstützen – Freunde und Familie. Für sie bleibt leider nur sehr wenig Zeit.
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