Ich nenne das realistischen Pessimismus. Und der lässt sich einfach begründen: die höhere Inflation und die Zinspolitik haben eine Intensität und ein Tempo, auf die manche Branchen nicht schnell genug reagieren können. Trotzdem ist da eine Aufbruchstimmung.
Woran erkennt man diese?
Man lamentiert nicht mehr, sondern erkennt die Probleme und packt an. So merkwürdig es klingt: Man gewöhnt sich langsam an die Krisen, reagiert nun anders und weiß schon, welche Hebel betätigt werden müssen.
Ein Hebel scheint Innovation zu sein. Denn rund ein Drittel der CEOs befürchtet, ohne Neuerungen im nächsten Jahrzehnt nicht überleben zu können.
Die Technologisierung hat massiv an Tempo gewonnen. Der Computerchip hat unsere Arbeitsweise alle 18 Monate komplett verändert. Mit Künstlicher Intelligenz sind wir mittlerweile in einem Dreieinhalb- Monate-Zyklus.
Um mitzuhalten, muss man also heute laufend Neues liefern?
Man muss dranbleiben. Aktuell müssen viele Dinge gleichzeitig bewältigt werden – und das auf multidimensionaler Ebene. Wir haben einen demografischen Wandel, die Digitalisierung schreitet voran, hinzu kommen ESG-Regelungen, der Klimaschutz und die Energiewende. All diese Dinge muss man in Summe betrachten, um herauszufinden, wie man mit seinem Geschäftsmodell nachhaltig überlebensfähig bleibt.
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Die Künstliche Intelligenz (KI) wird als die Lösung vieler Probleme gesehen. Erhofft man sich da zu viel?
Im Moment, ja. So ist es aber immer mit neuen Technologien. Man interpretiert sehr viel hinein. Die KI kann diesen Erwartungen nicht sofort gerecht werden. Sie braucht Zeit und Geduld, um den Anforderungen zu entsprechen.
Wie beeinflusst die aktuell schwierige Lage die Erwartungshaltung an Geschäftsführer?
Es braucht jemanden, der offen für Veränderungen ist und versteht, in welche Richtung es aktuell geht. Jemanden, der in Übersetzungen denken kann. Damit meine ich, dass man für sehr Theoretisches schnell praktische Umsetzungsideen parat hat und weiß, wie man neue Technologien in Unternehmen effektiv einsetzen kann. Dafür braucht es aber eine gute Organisation.
Braucht es deshalb mehr Mitarbeiter-Weiterbildung?
Die Form des Wissens und des Tuns wird sich über die nächsten Jahre stark verändern, unter anderem durch die KI. Mitarbeiter müssen entsprechend vorbereitet werden. Dafür sollten sowohl Arbeitgeber als auch die Mitarbeiter selbst sorgen. Wenn man nicht am Ball bleibt, kann man auf Dauer auch nicht mithalten.
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Ein Drittel der CEOs will heuer Personal abbauen: Ist zu viel Personal die größere Not als der viel diskutierte Personalmangel?
Für Arbeitnehmer wird 2024 ein schwieriges Jahr, da wir uns immer noch in einer Krise und Rezession befinden. Mitarbeiter verursachen hohe Kosten für Unternehmen, deswegen trennt man sich in schwierigen Zeiten. Ich sehe die Kündigungswellen aber als vorübergehenden Effekt. Der Arbeitskräftemangel ist das viel größere Thema.
Klimaschutz ist auch großes Thema. In der Studie werden heimische Firmen überraschend als Vorreiter bezeichnet.
Wir sind gut unterwegs. CEOs nehmen für Klima-Maßnahmen sogar geringere Renditen in Kauf. Die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung spielt hier eine Rolle. Wobei man anmerken muss, dass diese Reports zwar gut sind, aber auch die Gefahr besteht, dass man nur Berichtsdaten erhebt, nicht Verbesserungen umsetzt. Das ist schade. Wenn man sich schon um das Klima kümmert, sollte man Maßnahmen setzen, die auch wirken.
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