Plan B für die Lehre

David Liska hat sich mit 31 für eine Brauerei-Lehre entschieden
Ältere Arbeitsuchende entscheiden sich immer öfter für eine Lehre – und sind in ein bis zwei Jahren fertig ausgebildet.

Der süßherbe Duft von Malz und Hopfen liegt in der Luft. Im Brauwerk der Ottakringer Brauerei experimentiert David Liska gerade mit dem saisonalen Craft Beer. In der Berufsschule ist der Lehrling der Älteste seines Jahrgangs. Er ist 33, ein Spätberufener. Liska studierte erst Medizintechnik an der FH Oberösterreich, dann an der BOKU Wien Agrarwissenschaften, arbeitete nebenher. Beide Studien brach er ab. " Man weiß über die Theorie Bescheid, aber es fehlt der Praxisbezug. Das habe ich erst hier gefunden: man arbeitet mit den Händen, mit Rohstoffen", erzählt er. Auf der Suche nach einem Job war er auf das Lehrstelleninserat zum Brau- und Getränketechniker gestoßen. Auf das Alter der Lehrlinge achtet man bei der Ottakringer Getränke AG weniger, sagt Konzernpersonalleiterin Martina Mader: "Wir schauen vor allem auf das Potenzial und die Leidenschaft für eine Aufgabe. Wir finden es bereichernd, wenn jemand schon andere Erfahrungen mitbringt."

Nur wenige Erwachsene entscheiden sich für eine Lehrstelle. Denn das bedeutet wenig Einkommen bei vollen Lebenshaltungskosten. Trotzdem steigen die Zahlen: laut AMS-Österreich: 2009 schlossen 2710 Erwachsene eine Lehre ab, 2013 waren es 5303, im Vorjahr schon 6536 Personen. Das liegt an den Qualifizierungsoffensiven.

Modulare Lehre

Das AMS vermittelt österreichweit modulare Facharbeiter-Intensiv-Ausbildungen in zehn Berufen. Bereits Gelerntes wird angerechnet, saisonal bedingte Phasen der Arbeitslosigkeit werden für die Weiterqualifizierung genutzt. Arbeitslose mit Pflichtschulabschluss und Lehrabbrecher sind die Zielgruppe, sagt Franz-Josef Lackinger, Geschäftsführer des BFI Wien. 600 Menschen absolvierten dort 2015 eine solche Ausbildung in 13 bis 17 Monaten, das Durchschnittsalter ist 26 Jahre. "Die Nachfrage ist groß. Wir haben eher Probleme, die richtigen Kandidaten auszuwählen, weil wir hohe Erfolgsvorgaben haben", sagt Lackinger. Nur 50 Prozent finden nach Abschluss dauerhaft einen Job: "Der Arbeitsmarkt ist volatil." Das BFI Wien vermittelt Praktika in 700 bis 800 Betriebe. Chancen auf eine Übernahme sei im Gewerbe gut, in der Industrie weniger, sagt Lackinger, "da ist die Arbeitskräfteüberlassung der Weg."

Der Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (waff.at) hat ähnlich der herkömmlichen Lehre mit dem AMS Wien, der Gastgewerbeschule Wien und Tourismusbetrieben die "Arbeitsplatznahe Qualifizierung" entwickelt: Hier werden Erwachsene in 15 Monaten zum Koch oder zur Restaurantfachkraft ausgebildet – die Betriebe zahlen keine Lohnkosten, die Teilnehmer erhalten zudem eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts.

Günther Zauner von der Arbeiterkammer Wien empfiehlt Hilfskräften, ihren Arbeitgeber auf die Facharbeiter-Ausbildung anzusprechen, denn die Anreize sind vorhanden: "Bezahlt der Betrieb dem Arbeitnehmer einen Hilfsarbeiterlohn, erhält er eine entsprechende Basisförderung."

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