Philipp Maderthaner: Jüngster seiner Art

Philipp Maderthaner, Kampagnen-Profi, Gründer des campaigning bureau
Philipp Maderthaner macht Kampagnen für große Unternehmen und für die Politik. Wie kann er mit jungen 30 schon in der Oberliga der Berater sein? Ein Interview über seine politische Vergangenheit, sein Reinwaschen in der Zeit danach und fünf Jahre Unternehmertum.

KURIER: Wir würden Sie Ihrer Großmutter Ihren Job erklären?

Philipp Maderthaner: (lacht auf) Also ich gestehe, ich mache es mir bei meiner Oma leicht. Ich reduziere es auf Marketing und Kommunikation. Auch wenn Campaigning darüber hinaus geht und viel mit Change Management und Organisationsentwicklung zu tun hat.

Ab wann war klar, dass das für Sie ein Geschäft ist?

Es war ein Entwicklungsprozess, der am Anfang nicht immer lustig war. Der zipft einen auch manchmal unglaublich an. Die Wahrheit ist: man wächst rein. Ich war lange Kampagnenchef in der Politik und wusste: der Grund, warum ich in der Politik bin, ist das Kampagnen-Thema. Es begeistert mich, welche Kraft und Energie da in die Gänge kommt, wenn man richtig orchestriert und organisiert. Ich habe mir immer gedacht: wenn Unternehmen in der Lage wären, für ihre Sache so eine Wucht zu generieren, müsste sie das aus den Angeln heben.

Wie geht ein Wechsel aus der Politik in die Privatwirtschaft?

Ich habe überlegt, wie das geht: mache ich einen MBA um mich von der Politik reinzuwaschen oder will ich eine Konzernkarriere einschieben. Aber eigentlich wollte ich immer nur Kampagnen machen. Und wenn man so einen kraftvollen Gedanken gesammelt hat, kommen die Aufträge. Da wusste ich, es wird die Selbstständigkeit.

Jetzt haben Sie die Politik ja nicht ganz verlassen. Wie groß ist der Anteil der Unternehmen an Ihren Auftraggebern?

Ich diesem Jahr, mit der Sebastian-Kurz-Kampagne, ist das verzerrt. Aber selbst heuer macht die Politik nicht mehr als 30 Prozent aus. 70 Prozent sind Unternehmen und NGOs.

Auch wenn das nicht so scheint.

Ja. Politik hat es manchmal an sich, dass sie mehr scheint ...

Gab es eine Kampagne, wo Sie gesagt haben: Jetzt hab’ ich die Oberliga erreicht?

Ach, wer kann das schon über sich sagen? Der Unternehmer lebt ja grundsätzlich von einer konstruktiven Unzufriedenheit ...

... der eigenen oder der von anderen?

Von beiden. Unzufriedenheit ist der Nährboden, auf dem Neues entsteht. Ein Meilenstein war sicher, als wir begonnen haben, in der Schweiz Volksabstimmungs-Kampagnen zu machen.

Was kostet so eine Kampagne eigentlich?

Ich habe eine Antwort, die aber auch für Kunden unzufriedenstellend ist. Es kostet so viel wie eine Reise nach Paris. Zu Fuß ist das billig, anstrengend, dauert lang und ob man ankommt, weiß man nicht. Mit dem Privatjet ist die Sache anders.

Normalerweise werden Manager im reiferen Alter Berater, dann, wenn sie aus ihren Jobs ausscheiden. Sie sind mit 30 ins Beratergeschäft eingestiegen. Wie werden Sie gesehen?

Es gehört vielleicht eine gewisse Form des übersteigerten Selbstbewusstseins dazu, um auszublenden, dass man anders ist. Ich war schon mit 22 Parteisprecher für Erwin Pröll. Auch da wurde ich von Journalisten gefragt: Wie alt sind Sie? Meine Antwort war: 22 und Sie? Damit war das meist vom Tisch. Ich glaube, man muss Erfahrungen gemacht haben, die einem anderen weiterhelfen. Und man braucht viel Beharrungsvermögen.

Was Sie machen, haben Sie wohl nicht an der WU gelernt. Woraus schöpfen Sie Ihr Können?

Man kann es definitiv nicht an der Universität lernen. Aber als ich gegründet habe, hatte ich schon fast zehn Jahre Erfahrung. Außerdem: Wir prägen einen neuen Zugang, wir machen etwas Neues.

Was können Sie gut?

Heute ist mein Kapital, dass wir eine unpackbar großartige Mannschaft haben. Der bestimmende Faktor heißt nicht Philipp Maderthaner, ich bin ein visionärer Begleiter und Hüter unserer Methode.

Und die Methode ist?

Ganz einfach: aus Betroffenen Beteiligte zu machen.

Ist es einfacher oder schwieriger geworden, Menschen zu mobilisieren, zu begeistern?

Es ist so einfach wie nie zuvor, Gleichgesinnte zu identifizieren. Weil sich Menschen heute digital stark exponieren. Gleichzeitig ist es so schwierig wie nie zuvor, weil es mit den alten Methoden nicht mehr geht. Beschallung alleine, ein hoher Ressourceneinsatz, ist nicht mehr entscheidend. Es muss eine Beziehung zu Personen aufgebaut werden.

Sie sind eine junge Firma mit jungen Mitarbeitern und neuen Ansätzen. Wie schwierig ist es, verkrustete Strukturen in Organisationen aufzubrechen?

Das ist der Teil, der uns am meisten Spaß macht: neue, andere Ideen zu haben. Die vertreten wir auch sehr vehement, egal ob uns ein Vorstandsvorsitzender gegenübersitzt oder ein Politiker. Am Ende stellt sich nämlich für uns auch die Frage: Wollen wir überhaupt mit diesem Kunden zusammenarbeiten?

Sie können sich das aussuchen?

Es klingt überheblich und dreist, aber ja. Das haben wir von Anfang an so gemacht. Die Projekte müssen passen und für eine Zusammenarbeit muss es eine gute Grundlage geben.

Verstehen Kunden, wie Sie arbeiten?

Wir erfüllen die klassischen Muster einer Agentur nicht. Wir pitchen und buckeln nicht. Wir machen unseren Kunden Arbeit, denn sie müssen sich selbst beteiligen. Es ist ihre Kampagne, nicht unsere. Früher konnte man eine Kampagne kaufen, heute muss man selbst Verantwortung übernehmen.

Fünf Jahre Agentur: Wohin soll das führen?

Wir haben seit 2012 ein Wachstum von 500 Prozent. 100 Prozent per anno im Schnitt. Das zeigt natürlich Wirkung und bringt alle Herausforderungen, die ein Unternehmerdasein mit sich bringt: Strukturen, Prozesse, Mitarbeiter entwickeln.

Wie definieren Sie Ihre Rolle als Chef?

Am Anfang ist man Unternehmer und Fachkraft und Manager in einem. Mittlerweile bin ich in aktive Projekte nicht mehr so involviert, ich coache nach innen. Ausnahme war die Kurz-Kampagne, wo ich fünf Monate hier abgemeldet war. Die Firma ist weiter gut gelaufen und hat ein Umsatzwachstum von 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Aber sonst sehe ich mich als Erhalter des Kontinuums. Denn: Es geht hier nicht um mich.

Sie haben mal gesagt: das Internet macht auch kleine Menschen mächtig. Wie mächtig sehen Sie sich?

Jeder auf der Welt kann Großes lostreten. Weil wir stark vernetzt sind, weil soziale Netzwerke ermöglichen, Menschen zu organisieren. Das hat Individuen unglaublich mächtig gemacht.

Ist Macht etwas Faszinierendes für Sie?

Ich kann den Reiz verstehen. Es ist aber nichts, was mich antreibt. Ich brauche Gestaltungs- und Schaffensfreiheit. Das bewegt mich.

Spätestens mit diesem Wahljahr ist Philipp Maderthaner (Jahrgang 1981) in die Top-Liga der Kampagnen-Berater vorgedrungen. Fünf Monate lang meldete er sich von seinem Unternehmen ab, um sich ganz der Leitung der Kampagne von Sebastian Kurz zur Nationalratswahl zu widmen. Der Polit-Profi mit fast zehn Jahren Erfahrung – ÖVP – gründete 2012 sein Firma „campaigning bureau“ mit Sitz in Wien und Berlin und mittlerweile 30 Mitarbeitern. Kunden sind: ÖBB, Austrian Airlines, Rotes Kreuz, Heumarkt Neu, Benni’s Nest, Vöslauer, etc. Maderthaner hat Internationale Betriebswirtschaft in Wien studiert.

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