Zwölf-Stunden-Dienst im Pflegekrankenhaus: So habe ich mir das nicht vorgestellt

Zwölf-Stunden-Dienst im Pflegekrankenhaus: So habe ich mir das nicht vorgestellt
Wie verläuft ein Tag als Pflegerin auf der Demenzstation? Der KURIER hat sich ein Bild davon gemacht und ungefiltert in den Pflegealltag geblickt. Mit Video.

„Frau Nemetz, möchten Sie etwas essen?“ Keine Reaktion. „Frau Nemetz?“. Kerstin Knapp beugt sich zu der Dame im Rollstuhl. Nimmt ihre Hand und beginnt, sanft darüber zu streichen. Frau Nemetz reagiert nicht, ihr Blick geht ins Leere. Ob sie uns wahrgenommen hat? „Hermine, wie geht es Ihnen“, fragt Kerstin Knapp geduldig. „Frau Nemetz mag es, beim Vornamen genannt zu werden“, erklärt die Pflegerin in meine Richtung, während sie weiter über die Hand der Bewohnerin streicht. „Hermine, haben Sie Hunger?“, wiederholt sie noch einige Male. Bis Frau Nemetz plötzlich Blickkontakt aufnimmt. Und Kerstin Knapp sie mit einem Lächeln begrüßt.

Kurz darauf öffnet die Dame ihren Mund und ist bereit für den Nachmittagspudding. Der Moment ist besonders. Auch weil man hektischere Szenen beim Besuch eines Pflegekrankenhauses erwarten könnte. Das „Haus der Barmherzigkeit“ in Wien, Donaustadt, ist eine private Einrichtung, finanziert sich über die Bewohner, die Sozialhilfe der Länder und über Spenden. Die Qualität lässt sich so womöglich besser halten – für Pflegebedürftige und für Mitarbeitende. 

Dennoch eilt der Branche ein Ruf voraus und mit ihm zum Teil unschöne Berichte aus dem Berufsalltag. Man liest von Patienten, die böswillig Gewalt ausüben, mit Fäkalien um sich werfen oder Pflegerinnen die Zähne ausschlagen. Von Pflege-Skandalen, in denen Patienten vernachlässigt werden. Von Stationen, die dichtmachen oder geschrumpft werden müssen, weil auf zu viele Pflegebedürftige zu wenig Personal kommt. Und von einem Pflegenotstand insgesamt, dessen volles Ausmaß noch längst nicht erreicht ist. Die aktualisierte Pflegebedarfsprognose, die im Februar erschien, spricht von einer Lücke von bis zu 3.000 Personen jährlich. Bis 2050 wird es in etwa 200.000 mehr Pflege- und Betreuungspersonen brauchen, um das Gesundheitssystem aufrecht zu halten.

Und im „Haus der Barmherzigkeit“? „Hier ist im Moment alles besetzt“, sagt Pflegedienstleiter Matthias Schlemitz. Die bevorstehende Pensionierungswelle und die immer weniger werdenden diplomierten Pflegerinnen stimmen natürlich nachdenklich. Deshalb wurden aktuell groß angelegte Kampagnen initiiert, die Nachwuchspflegerinnen und -pfleger für die Langzeitpflege begeistern sollen. Aber bis dahin lässt sich hier so arbeiten, wie es viele in der Pflege gerne würden. Wie das aussieht, durfte der KURIER einen Tagdienst lang beobachten. Auf der Demenzstation Monika. Alle Namen der Bewohner wurden geändert.

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