Omikron schlägt zu: Wie sich Firmen für Personalengpässe rüsten

Omikron schlägt zu: Wie sich Firmen für Personalengpässe rüsten
Omikron setzt Betriebe und ihre Mitarbeiter stark unter Druck. Wie man mögliche Personalengpässe verhindern will und wie man sich für den großen Ausfall rüstet – der KURIER hat nachgefragt.

Gülten Karagöz ist angesichts der aktuellen Omikron-Welle verzweifelt. Ihre beiden Mitarbeiterinnen wurden positiv auf Corona getestet. Erst vor wenigen Tagen hat es auch den Lehrling erwischt. Derzeit steht sie alleine in ihrem Friseurbetrieb. „Es ist wirklich eine Katastrophe. Aber ich sehe, dass es nicht nur mir so geht.“ 

Omikron schlägt zu: Wie sich Firmen für Personalengpässe rüsten

Gülten Karagöz kennt die schwierige Situation von KMU und EPU.

Die Lage vieler körpernaher Dienstleister in ihrer Umgebung sei ähnlich. Und die Hilfsgelder der Regierung kämen nur schleppend. „Wir sind die Stiefkinder der Nation.“ In der Gastronomie gebe es  eine Mehrwertsteuersenkung auf fünf Prozent. Etwas, das sie schon seit dem ersten Lockdown auch für ihre Zunft fordert. „Bis jetzt stieß ich   diesbezüglich aber auf taube Ohren. Noch dazu weil wir einen entscheidenden Nachteil haben: Wir können weder Take Away noch einen Onlineshop anbieten. Wir Dienstleister haben nur unsere Hände“, sagt Karagöz, die auch stellvertretende Innungsmeisterin der Friseure in der Landesinnung Wien ist. 

"Trotzdem hat es uns erwischt"

Mit einem Notfallplan der aktuellen Situation entgegenwirken, könne sie kaum. In ihrem Betrieb seien alle geimpft. Auch Abstandsregeln seien streng eingehalten worden, regelmäßige Testungen inklusive. „Trotzdem hat es uns erwischt“, sagt Karagöz. Sie fühlt deshalb auch mit anderen Ein-Personen-, und Klein- und Mittleren-Unternehmen. „Größere Firmen haben zumindest die Möglichkeit, ihre Mitarbeiter in mehrere Teams aufzuteilen oder in Schichtbetrieben zu arbeiten, um im Falle einer Erkrankung den Betrieb aufrechtzuerhalten. Aber wie soll ich meine drei Mitarbeiter aufteilen?“ 

Der Plan für die kommenden Wochen lautet daher: Weiter wie bisher. Heißt konkret: Testen, Abstand halten und desinfizieren. „Wir werden sehen, wie es läuft.“  

Schwierige Lage in Kindergärten

Quarantäneausfälle beschäftigen derzeit auch  Pädagogen. Die Stadt Wien etwa versucht, kurzfristige Engpässe bei Lehrkräften durch Lehramtsstudierende abzufedern.  „In Schulen ist eine solche Vorgehensweise einleuchtend. In Kindergärten ist so etwas aber schwieriger“, sagt Daniel Bohmann, Geschäftsführer der Kinderfreunde Wien.

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Daniel Bohmann ist Geschäftsführer der Kinderfreunde Wien

Den Betrieb und die Betreuung in den 155 Häusern versucht man deshalb mit bestehenden Personal aufrecht zu erhalten. Dafür werde dieses bis zu vier Mal die Woche getestet. Ganz verhindern ließen sich Ansteckungen aber nicht. Acht bis zehn Prozent des Personals befinde sich derzeit in Quarantäne, wie Bohmann berichtet. Kurzfristige Engpässe werden so gut wie möglich kompensiert, in dem man versucht, die Öffnungszeiten  familienspezifisch anzupassen. „Aktuell kommt es uns  zugute, dass man sich nach fünf Tagen freitesten kann. Kolleginnen und Kollegen sind nach einer Absonderung also schnell wieder einsatzbereit.“ Trotzdem sei der Druck auf das Personal enorm, der administrative Mehraufwand nur schwer zu bewältigen.

Wie man die nächsten Wochen anlegen will? Bohmann verweist darauf, dass sich die Lage sehr schnell und oft ändert:. „Wir setzen darauf, standortbezogen zu reagieren. Planen kann man in der aktuellen Situation sowieso nicht.“  

"Wird einer krank, sperren wir zu"

Ob er einen Notfallplan habe, fragt der KURIER den Besitzer der Weinbar Eulennest in Wien. Stefan Friedenreich lacht gequält.  „Nein,  haben wir nicht. Meine Frau und ich führen unsere Vinothek zu zweit. Wird einer von uns krank, geht der andere erst einmal für fünf Tage in  Quarantäne. Das heißt, wir müssen zusperren.“ Man müsse dann einfach auf einen milden Verlauf hoffen, so Friedenreich, denn die Arbeit allein zu schupfen, sei schier unmöglich. 

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Imogen und Stefan Friedenreich führen seit über 13 Jahren die Vinothek Eulennest in der Wiener Operngasse. 

Stefan Friedenreich kümmert sich um den Service, seine Frau Imogen ist für die Küche zuständig und bereitet die Speisen zu. Und dass beides nicht von einer Person gestemmt werden kann, zeigte der Ausfall von Friedenreichs Frau nach ihrer Hüft-Operation. „Der Plan war, dass ich die Vinothek einen Monat lang alleine führe. Ich habe es nur zwei Wochen geschafft, dann bin ich selbst krank geworden. Es geht sich einfach nicht aus.“

Es fehlen auch die Touristen

Etwas Sicherheit gebe ihnen  eine Ausfallversicherung, falls einer länger krank werden sollte, so Friedenreich – aber diese greife erst nach rund zwei Wochen, die Zeit davor müssten mit Rücklagen überbrückt werden.  Für das finanzielle Polster dafür sein gesorgt: „Das Jahr vor Corona war wirtschaftlich unser bestes, unser Lokal war immer voll. An drei bis vier Tagen in der Woche mussten wir sogar Gäste wegschicken.“ 

Die Situation derzeit sei allerdings schwierig. Neben der Sorge, an Corona zu erkranken und damit vorübergehend zu schließen, kämpfe man auch mit der geringen Gästezahl. „Die internationalen Touristen fehlen, zudem sind 95 Prozent unserer Kunden  Stammgäste. Davon sind einige krank, K-1-Fälle oder sind generell sehr vorsichtig und treffen sich kaum mit Leuten. Zudem arbeiten viele im Homeoffice – und die meisten haben nach Arbeitsschluss keine Lust, extra in die Stadt in eine Bar zu gehen.“ 

Impfen, Impfen, Impfen

Relativ entspannt hinsichtlich der über das Land rollenden Omikron-Welle zeigt sich die Porr, pandemie-bedingte Ausfälle halten sich derzeit in Grenzen. 

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Gabriele Eichhorn ist Covid-Verantwortliche bei der Porr und  für Mitarbeiter an sieben Tage die Woche erreichbar

Gabriele Eichhorn, Covid-Verantwortliche des Baukonzerns, führt das vor allem auf die hohe Impfquote im Unternehmen zurück. 90 Prozent der Belegschaft ist dank niederschwelligem Impfangebot durch den Konzern immunisiert, der Branchenschnitt im Bau liegt laut Statistik Austria bei 64 Prozent. Für die wenigen Ungeimpften würden strenge Restriktionen gelten, Besprechungen oder gemeinsame Pausen ohne Maske seien für sie tabu. „In der aktuellen Welle kommt uns die hohe Impfquote enorm zugute, weil wir dadurch kaum Kontaktpersonen haben, die in Quarantäne müssen.“   

Entspannt in die kommenden Wochen

Daneben setzt die Porr auf ein aufwendiges Testkonzept: Alle Mitarbeiter – das gelte auch für jene von Subunternehmen und für Leiharbeiter – biete man Covid-Tests regelmäßig an. Auf den Baustellen gehe man sogar so weit, dass gesamte arbeitende Personal zu testen: „Auf der Parlamentsbaustelle etwa waren wir mit rund 20 Mitarbeitern vertreten, getestet haben wir aber das komplette Baustellenpersonal. Das waren rund 180 Tests“, erzählt Eichhorn. Außerdem arbeite man auf Baustellen in Schichten. Schlüsselpersonal sei niemals gleichzeitig auf der Baustelle. So sei es seit Pandemiebeginn noch zu keinem einzigen Baustellenstillstand gekommen.  

Relativ gelassen blickt Eichhorn auch den kommenden Wochen  entgegen. „Ich erwarte noch einen Anstieg der Infektionen in den nächsten zwei bis drei Wochen. Aufgrund unseres erprobten Pandemie-Managements glaube ich aber nicht, dass uns dies in eine Krise stürzen oder das Personal ausgehen wird.“ 

So streng wie möglich vorgehen

Das Vorarlberger Unternehmen Alpla  Werke Alwin Lehner, spezialisiert auf die Produktion von Kunststoffverpackungen, beschäftigt  weltweit rund 22.000 Mitarbeiter, davon rund 1.300 in Österreich.  Um die  Produktion und die Sicherheit der Mitarbeiter während der Pandemie zu gewährleisten, habe man intern ein Gremium  einberufen, erklärt Harald Dür, Group General Counsel  und Mitglied des Gremiums.  „Wir treffen uns zumindest wöchentlich, um die vergangene Woche zu analysieren und um künftige Entwicklungen einzuschätzen. Wir versuchen so, notwendige Maßnahmen für den Betrieb zu definieren.“ 

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Harald Dür, Group General Counselor bei Alpla und Mitglied des internen Covid- Gremiums  

Um größere Infektionscluster zu vermeiden, setzt man bei seit Beginn der Pandemie auf schärfere Maßnahmen, als von der Regierung vorgegeben. Strengere Quarantäne-Regelungen für positiv Getestete, keine gelockerten K-1-Regelungen für dreifach Geimpfte, keine Homeoffice-Empfehlungen, sondern Vorgaben, sowie Teamsplitting wo es nötig ist. 

Eigene Initiative ist gefragt

„Als Lockerungen möglich waren, haben wir sie nicht sofort umgesetzt, sondern die Entwicklung abgewartet.  So mussten sich  Mitarbeiter nicht ständig neu anpassen. Der Gesetzgeber kann nicht alles bis ins Detail für einen Betrieb regeln – hier  ist Eigenverantwortung gefragt.“

Die präventive Strategie  zeigte bislang Wirkung. „Wir hatten im Vergleich wenige Covid-Fälle oder Engpässe aufgrund vermehrter Krankheitsstände.“ Trete dieses Szenario tatsächlich ein, müsse das Produktportfolio entsprechend reduziert werden auf den Lebensmittel-,  Getränke-  und Desinfektionsmittelbereich, damit die Versorgung sicher gestellt sei. Die Ausfälle mit Ersatzhilfskräften zu überbrücken, sei keine Lösung. „Man findet auf die Schnelle keine Fachkräfte im Hightech-, Lager oder  Kaufmännischen Bereich.“ 

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