"Österreich droht ein Brain Drain"

"Österreich droht ein Brain Drain"
Die Schweizer Professorin Andrea Schenker-Wicki gibt Österreichs Politik Tipps für eine bessere Uni-Zukunft.

Andrea Schenker-Wicki ist Professorin für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Zürich und Mitglied im österreichischen Wissenschaftsrat. Diese Woche präsentierte sie mit zwei anderen Experten Empfehlungen für einen österreichischen Hochschulplan.

KURIER: Sie haben sich ein halbes Jahr mit den österreichischen Unis befasst. Wie fällt Ihr Befund aus? Wie gut oder schlecht stehen wir da?
Andrea Schenker-Wicki:
Österreich hat ganz große Stärken. Es hat aber das Problem, dass sehr viele Studierende an die Universitäten drängen und die Kapazitäten der Universitäten dafür nicht ausreichend sind. Dadurch wird es immer schwieriger, die jungen Leute richtig auszubilden und ihnen eine entsprechende Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Da die Universitäten begrenzte Ressourcen haben, müssen aus diesem Grund sehr viele Ressourcen in die Lehre investiert werden, die dann bei der Forschung fehlen. Für talentierte junge Leute sind dies natürlich nicht attraktive Arbeitsbedingungen, sodass man annehmen muss, dass der akademische Nachwuchs die Heimat verlässt, wir nennen dies Brain Drain.

Welche Zugangsregeln würden Sie empfehlen?
Wir haben keine Empfehlungen im Bericht ausgesprochen und würden dies eigentlich den Universitäten überlassen. Nur eines würden wir empfehlen: einen Studienentscheid vor Beginn des Studiums zu fällen, damit für die Studierenden Klarheit herrscht.

Unterstützen Sie den Numerus clausus speziell für Deutsche, der jetzt in der Schweiz eingeführt wird?
Ich verstehe eine Universitätsleitung, die sagt: Wir wollen nur die Besten. Diese besten Köpfe schreiben dann in der Regel auch gute Bachelor- und Masterarbeiten und unterstützen so die Lehrstühle. Vielleicht bleiben diese Studierenden auch länger und werden später Assistierende und gute Assistentinnen und Assistenten sind Gold wert, das kann Ihnen jeder Professor oder jede Professorin bestätigen.

Sollte es auch Ausgleichszahlungen zwischen den Staaten geben?
Ich finde ja, wenn weiterhin Internationalität gelebt werden soll und keine kostendeckenden Studienbeiträge vorhanden sind. In der Schweiz gibt es solche Ausgleichszahlungen zwischen den Kantonen: Wenn man von einem Kanton kommt und in einem anderen Kanton studiert, zahlt der Herkunftskanton einen angemessenen Preis für die Ausbildung. Das hat sich bei uns sehr bewährt.

Wären die Probleme der österreichischen Unis mit einem Schlag gelöst, sobald der Zugang beschränkt und das Budget erhöht ist?
Und die Governance angepasst wird! So schnell geht es allerdings nicht, die Universitäten sind wie große Tanker, deren Kurs nicht einfach so geändert werden kann. Aber es ist ein wichtiger Hebel. Reputation baut sich ja langsam auf. Wenn es allerdings gute und attraktive Arbeitsbedingungen gibt, kommen gute Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Wenn diese da sind, kommen die guten Studierenden und vielversprechende Nachwuchstalente - das ist ein sich selbst verstärkender Kreislauf, der leider auch in die gegenläufige Richtung geht, wenn sich die Arbeitsbedingungen verschlechtern.

Wie schnell könnte eine solche Positiv-Spirale greifen?
Ich würde sagen, in fünf bis zehn Jahren.

Schenker-Wicki: Im Uni-Weisen-Rat

Zur Person Andrea Schenker-Wicki, Jahrgang 1959, studierte an der ETH Zürich und der Universität Zürich. Habilitation zum Thema "Evaluation von Hochschulleistungen". Seit 2001 ordentliche Professorin für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Zürich.

Zum Projekt Drei internationale Experten wurden vom Wissenschaftsministerium beauftragt, Grundlagen für einen "österreichischen Hochschulplan" zu erarbeiten. Diese Woche wurden die Vorschläge präsentiert. Die Experten empfehlen Zugangsbeschränkungen, Studiengebühren und einen Ausbau der FH.

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