ÖH-Wahl: Was die Spitzenkandidaten fordern
An den 21 Universitäten finden von Dienstag bis Donnerstag die dreitägigen Wahlen zur Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) statt.
Zehn größere Listen sowie mehrere kleinere Gruppierungen kämpfen um Sitze in den Universitätsvertretungen bzw. der Bundesvertretung, dem österreichweiten Studentenparlament. Insgesamt können rund 250.000 Stimmen abgegeben werden.
Die Studenten dürfen an ihrer jeweiligen Uni jeweils die Studienrichtungs- und die Universitätsvertretung wählen. Die Wahl der Studienrichtungsvertreter ist dabei eine Personenwahl, die Wahl der Uni-Vertretung eine Listenwahl.
Das aktive Wahlrecht kommt - unabhängig von der Staatsbürgerschaft - allen ordentlichen Studenten zu, gewählt werden dürfen allerdings nur Studenten aus EWR-Staaten.
Einschränkung: Ihre Stimme tatsächlich auch abgehen dürfen nur jene, die bis zum Stichtag 26. März ihren ÖH-Beitrag eingezahlt haben.
Derzeit stellt eine Koalition aus FLÖ, GRAS, VSStÖ und FEST die ÖH-Exekutive, Vorsitzender ist Martin Schott (FLÖ).
Der KURIER stellt die Spitzenkandidaten der populärsten Fraktionen vor.
Neben ihrem politischen Engagement absolviert Julia Freidl derzeit ein Master-Studium der Volkswirtschaftslehre an der WU Wien. 2012 schloss sie hier ihr Studium der Internationalen Betriebswirtschaftslehre mit einem Bachelor ab. Sie war bereits ein Jahr lang VSStÖ Vorsitzende an der WU, Sozialsprecherin des VSStÖ und für ein Auslandsjahr in Neuseeland.
Was sind deine Werte? „Soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit für alle Studierenden.“
Was hast du unipolitisch schon erreicht? „Ich war im vergangenen Jahr Sozialreferentin auf der ÖH-Bundesvertretung, wo ich Studierende in verschiedenen Rechtsangelegenheiten beraten habe. Weiters habe ich das SMS-Erinnerungsservice (Studierende werden an Fristen rund ums Studium erinnert) und die ÖH-Helpline (eine psychologische Beratung und Anlaufstelle für Studierende) umgesetzt.“
Was ist dein wichtigstes Anliegen? „Ich bin für ein faires Beihilfensystem, damit alle studieren können – unabhängig vom Geldbörsel der Eltern. Weiters möchte ich, die Altersgrenze für Beihilfen abschaffen, ein zusätzliches Toleranzsemester bei einem Beihilfen-Bezug und eine Erhöhung der Studienbeihilfe.“
Der Leobener war kurzzeitig Bezirksobmann der Jungen Volkspartei, seit Herbst 2012 ist er Bundesobmann der AG.
Was sind deine Werte? „Leistungsorientierung, Lösungsorientierung und Ehrlichkeit. “
Was hast du unipolitisch schon erreicht? „Ich habe mich im bildungspolitischen Referat der ÖH WU engagiert. Konkret haben wir den Bergson Masterguide entwickelt und Studierendden-Beratungen durchgeführt.“
Was ist dein wichtigstes Anliegen? „Lösungen zu finden. Wir haben genug von politischen Geisterfahrern wie dem VSStÖ, Gras und FLÖ. Daher engagiere ich mich in der AG, die sich für verbindliche Betreuungsverhältnisse und einen echten Studienplatz einsetzt – statt für überfüllte Hörsäle.“
Marie Fleischhacker studierte Rechtswissenschaften und Skandinavistik. Viktoria Spielmann studierte Politikwissenschaften und vergleichende Literaturwissenschaft.
Was sind eure Werte? „Feminismus, Basisdemokratie und Solidarität.“
Was habt ihr unipolitisch erreicht? Marie: „Ich habe mich mit der Vernetzung von Studierendenvertretungen beschäftigt.“
Viktoria: „Ich habe mich für die Wiedereinführung des BA-Studiengangs vergleichende Literaturwissenschaft stark gemacht.“
Was ist euer wichtigstes Anliegen? „Wir wollen das Leben der Studierenden verbessern. Wir wollen neben der Bildungspolitik, auf Wohnen, Nachhaltigkeit und Mobilität aufmerksam machen.“
Was sind deine Werte? „Unabhängigkeit und Ehrlichkeit. Und dass man sich nicht von einer Meinung abbringen lässt, obwohl sie schwer zu erklären ist.“
Was hast du unipolitisch schon erreicht? „Meine Arbeit in den vergangenen zwei Jahren im Referat für Bildungspolitik an der TU ist die Kommunikation von Gesetzesnovellen an unsere Berater, damit diese immer gut informiert bleiben.“
Was ist dein wichtigstes Anliegen? „Natürlich fordern wir höhere Beihilfen, die Abschaffung der Studiengebühren. Mein wichtigstes Anliegen ist aber, die Qualität der Lehre an den Unis zu verbessern. Schlechte Evaluierungen der Lektoren müssen von den Instituten beachtet werden. Das hat für Studierende Priorität. Es ist absurd, dass sich hier keiner Gedanken macht – dabei ist es so wichtig.“
Zum zweiten Mal bereits geht die 24-jährige Claudia Gamon für die Jungen Liberalen (Julis) ins Rennen. Neben ihrem Internationalen Management Master-Studium engagiert sie sich auch bei den NEOS und sitzt im Vorstand der Initiativgruppe Alpbach Wien.
Was sind deine Werte? „Eigenverantwortung, persönliche Freiheit. Liberale Werte tun, glaube ich, jedem Menschen gut.“
Was hast du unipolitisch schon erreicht? „Seit dreieinhalb Jahren bin ich stellvertretende Vorsitzende, bei der Wahl 2011 habe ich ein gutes liberale Ergebnis eingefahren – jetzt kandidiere ich zum zweiten Mal. Meine bisherigen Erfolge sind vor allem organisatorischer Art, da Julis es geschafft hat, trotz unserer doch bescheidenen Größe gute Medienarbeit zu leisten und in der öffentlichen Wahrnehmung als eigenständige Fraktion gesehen zu werden – nicht als Anhängsel der Mutterpartei.“
Was ist dein wichtigstes Anliegen? „Abschaffung der ÖH Pflichtmitgliedschaft, ein sinnvolles Studiengebühren-Modell und keine vorgeschriebenen Zugangsbeschränkungen: Unis sollen selbst entscheiden dürfen, wie sie Studierende hereinlassen.“
Was sind deine Werte? „Als Pirat sind mir Freiheit und Selbstbestimmung wichtig.“
Was hast du unipolitisch schon erreicht? „Bevor es die Piraten gab, hatte ich keinerlei Ansporn, mich politisch zu engagieren. Die Nachwuchs-Berufspolitiker haben mich zusätzlich noch abgeschreckt. Erst durch die neue Form der Demokratie, die von den Piraten gelebt wird, habe ich Hoffnung geschöpft, doch noch etwas verändern zu können.“
Was ist dein wichtigstes Anliegen? „Freier Zugang zu Lehrmaterialien im Internet, der Ausbau berufsbegleitender Studiengänge und ein faires Stipendiensystem. Außerdem liegt mir die Einführung von Liquid Democracy auf der ÖH am Herzen.“
Es riecht nach Kotelett und Würstel, die Stimmung ist ausgelassen. Im Innenhof der TU Wien lädt die VSSTÖ zur munteren Grillage, während in der ersten Etage das Buch-Projekt "Hochschulen im Nationalsozialismus" der Österreichischen Hochschülerschaft präsentiert wird. Es ist Montag, ein Tag vor der ÖH-Wahl 2013.
Die Studentenvertreter grillen und feiern um die Wette, ließen Ende April Luftballons mit dem Slogan "Wirkt schwer. Ist leicht" steigen, um möglichst viele Studierende zum Urnengang zu bewegen. Der dürfte für viele völlig unattraktiv sein: Die Wahlbeteiligung lag 2011 bei 28 Prozent, 2009 bei 25 Prozent. Einige Oppositionelle erklären es sich mit der Ideologieversessenheit der jetzigen ÖH-Bundesvertretung, andere vermuten die zunehmende Verschulung der Universitäten. Und das lähmende Gefühl, als Studierende in der (Hochschul-) Politik sowieso zuwenig mitreden zu können - das kennen auch andere Bevölkerungsgruppen.
Manche dürfen künftig - unter anderem wegen der niedrigen Wahlbeteiligung - gar nicht mehr mitreden: In Großbritannien wird die größte Studentenschaft Europas, die University of London Union, jetzt abgeschafft. 120.000 Studierende gehören ihr automatisch an. Die Beteiligung an den ULU-Wahlen lag zuletzt dennoch bei nur zwei Prozent.
Auch wenn die ÖH nicht abgeschafft werden wird – mehr Stimmgewicht täte ihr gut. Hier sind die Studierenden am Zug. Im Blick haben sollte man: Es gibt Menschen, die keine Wahl haben. Die, die wieder eine haben, wissen sie wahrlich zu schätzen: Nach dem Schrecken des Nationalsozialismus, bei den ersten ÖH-Wahlen am 19. November 1946, gaben 80 Prozent der Studierenden ihre Stimmen ab. Sie nutzten stolz ihr Recht zur Mitbestimmung. Ganz ohne Grill-Anfütterung.
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