Nomaden in Kostüm und Anzug
Wir haben noch viel Zeit. Das Boarding beginnt erst um 9.35 Uhr", sagt Arno Dettlinger. Die Uhr zeigt 9.20. Die meisten anderen würden jetzt mit Schweißperlen auf der Stirn den Beamten an der Sicherheitskontrolle drangsalieren. Nicht Dettlinger: Er spaziert souverän durch den neuen Terminal 3 des Wiener Flughafens, will sich noch einen Kaffee besorgen. Arno Dettlinger ist in der OMV für den Bereich Exploration & Produktion zuständig – um acht Uhr Morgens hatte er den ersten Termin, um 10.05 fliegt er nach Paris, am Tag darauf fährt er mit dem Zug nach London. Eine ganz normale Woche für den Nomaden im Anzug.
Laut einer aktuellen Studie der Austrian Business Travel Association (abta) reisen österreichische Business Traveller heute sogar mehr als je zuvor, obwohl in der Praxis Video- und Telefonkonferenzen zugenommen haben (Statistik unten). Das Geschäftsleben ohne persönliche Treffen ist nach wie vor unmöglich. Kunden wollen persönliche Betreuung und manche Themen sind zu komplex, um sie nicht von Angesicht zu Angesicht, ohne technische Hilfsmittel, zu verhandeln.
Was sich in den vergangenen Jahren im Zeichen der Wirtschaftskrise aber sehr wohl verändert hat, ist die Art zu verreisen: Wurde vorher etwa darauf geachtet, mit einer bestimmten Airline zu fliegen, ist heute oft der Ticketpreis ausschlaggebender Faktor: 51 Prozent der Unternehmen wollen laut abta-Studie in Zukunft verstärkt Billigairlines nutzen. Und von Kurzstrecken in der Business Class können Manager heute nur noch träumen. "Für Europa ist die Business Class praktisch abgeschafft", sagt Hanno Kirsch, Präsident der abta.
Die goldenen Zeiten
Roland Falb ist seit 18 Jahren Vielflieger. Er ist Geschäftsführer des Wiener Büros der Unternehmensberatung Roland Berger und als Managing Partner für die Südosteuropa-Büros verantwortlich. Falb hat inzwischen vermutlich mehr Meilen auf dem Konto als so mancher Pilot, seit 16 Jahren ist er Senator. "Ich bin eine Zeit lang mehrmals pro Woche nach Innsbruck gejettet, die Crews haben mich schon gekannt und mich angerufen, wenn der Flieger startklar war", erzählt er leicht nostalgisch.
Auch bei Roland Berger wurde die Reisetätigkeit in den vergangenen Jahren eingeschränkt, obwohl sie von der Krise kaum getroffen waren. In der Business Class sitzt der Managing Partner nur noch auf der Langstrecke. "Früher sind auch auf Kurzstrecken bis zum Junior Consultant alle in der Business Class geflogen. Heute wird erst auf Flügen ab drei bis fünf Stunden in der Business Class geflogen", sagt er.
Während des Fluges versucht Falb zu schlafen oder zu lesen. Zu arbeiten ist bei Roland Berger verpönt. Denn die Gefahr, dass andere Passagiere einen Blick auf die heiklen Unterlagen werfen könnten, sei zu groß. Auch privat reist Falb viel. Wer das Reisen nicht liebt, könnte diesen Job wahrscheinlich auch nicht lange durchhalten.
Einkäufer P&C
Reisezeit pro Jahr: 120 Tage. Zuletzt war Georg Eppacher in Modena und Mailand.
Typische Woche Montags im Büro, zwei bis drei Tage pro Woche auf Dienstreise, um Kollektionen auf Messen oder in Showrooms zu sichten und zu ordern und samstags im Verkauf, um Kundenwünsche besser zu verstehen. Dazwischen viel "Zahlen-Arbeit" am Laptop: Planung der Saison und Optimierung des Sortiments.
Wichtiges Reiseutensil Schönes Gepäck und/oder stilvoller Weekender/Messenger Bag; variable Outfits, etwa ein Sakko mit verschiedenen Hemden und Accessoires.
Auf Reisen Zeitung lesen, um über das Tagesgeschehen am Laufenden zu bleiben und auf Termine vor Ort vorbereiten.
Kleidung Sakkos und Hosen aus hochwertigen Stoffen, besonders jetzt im Sommer aus leichter Cool Wool; hochwertige Lederschuhe, die nirgendwo drücken; unbedingt und immer einen Schal, der trotz hoher Außentemperaturen vor der Klimaanlage im Flugzeug schützt.
Die Bankmanagerin
Häufig ist Doris Tomanek im Ausland, in einem osteuropäischen Land – etwa in Moskau und Astana – oder in Mailand.
Auf Reisen Meist recht früh am Airport, weil die Zeit am Flughafen gut genutzt werden kann, um eMails zu checken und in aller Ruhe zu beantworten. Während der Flugzeit Wirtschaftszeitung lesen, weil die Economy Class (Doris Tomanek ist immer in der Economy Class gebucht) sich nicht eignet, um Unterlagen zu studieren.
Tipps Leichtes Essen, kein Alkohol. Während des Fluges pflegeleichte Hosenanzüge tragen – das funktioniert immer.
Gepäck Drei bis vier Tage mit einem kleinen Trolley, dadurch entstehen keine Wartezeiten beim Einchecken.
Status Die Zeiten der Airline Goldkarten sind vorüber. Heute planen eigene Travelmanager die Reisen der Chefs und Mitarbeiter, sie versuchen immer, den billigsten Flug zu buchen.
Reisephilosophie Aus Kostengründen und aus Umweltgründen ist es besser, weniger zu reisen. Interne Businessmeetings werden überwiegend über Video- oder Telefonkonferenzen – mit bis zu 15 Personen – geführt. Im Kundenbereich sind Reisen weiterhin notwendig.
Ärgernis Verspätungen.
OMV-Manager
Am Dienstag war Arno Dettlinger auf dem Weg nach Paris, am Mittwoch im Zug nach London, Donnerstags zurück nach Wien.
Reisezeit 80 bis 100 Tage im Jahr. Kurzstrecken (bis vier Stunden) in der Economy Class, für längere Strecken Business Class. Kurzstreckenflüge überwiegen.
Ausgleich Regelmäßige Besuche im Bauhaus, Arbeit im Garten. Und außerdem frische ich Latein mit meinem 16-jährigen Sohn auf.
Wichtiges Reiseutensil Reisepass, Blackberry und die Kreditkarte.
Tipps Bei Langstreckenflügen viel Schlaf, vor Ort Termine gezielt so planen, dass kein Jetlag auftritt. Die innere Uhr bleibt bis zur Rückkehr auf Wien eingestellt. Extreme Tagesrandverbindungen bei Kurzstreckenflügen vermeiden.
Auf Reisen Beantworten von eMails und Zeitung lesen. Ausgiebig schlafen und entspannen.
Nachteile Arbeit, die sich zwischenzeitlich im Büro angehäuft hat und zu wenig Zeit mit der Familie. An den Wochenenden bereite ich ein großes Frühstück für die gesamte Familie vor. Motto Reisen ist manchmal mühsam, aber selten schlimm.
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