"Niemand will eine Quotenfrau sein"

Tina Plattner von der Personalberatung Boyden.
Was bedeutet die Frauenquote im Aufsichtsrat für Headhunter? Nina Plattner von der Personalberatung Boyden über Chancen und Herausforderungen.

Lange wurde um das Für und Wider der Frauenquote gerungen, nun kommt sie. Ab 1. Jänner 2018 tritt die verpflichtende Quote für Aufsichtsräte in bösenotierten Unternehmen und Firmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern in Kraft. Rund 200 Unternehmen werden davon betroffen sein. Derzeit beträgt der Frauenanteil in Aufsichtsräten der Privatwirtschaft 18 Prozent. In staatsnahen Betrieben, wo es seit 2011 eine Quote gibt, sind es bereits 40,3 Prozent.Das zeigt: Die Quote wirkt.

KURIER: Mit 1. Jänner 2018 kommt die Frauenquote für Aufsichtsräte. Wie wirkt sich das auf die Rekrutierung für diese Positionen aus?

Nina Plattner: Qualifizierte Frauen aus Top-Funktionen waren schon in den letzten Jahren Ziel bei der Besetzung von Vorstands- und Aufsichtsrats-Funktionen. Wir haben daher schon seit einiger Zeit darauf geachtet, Frauen gezielt in den Rekrutierungsprozess für diese Positionen mit einzubeziehen. Eine zwingende Quote wird allerdings kritisch gesehen – vor allem von den Kandidatinnen selber. Frauen wollen keine Quotenfrauen sein. Sie wollen wegen ihrer Fähigkeiten und nicht wegen einer Quote angesprochen werden. Da werden wir viel Überzeugungsarbeit leisten müssen.

Wird sich zur Erfüllung der Quote etwas an der Art ändern, wie rekrutiert wird?

Die Anforderungen an einen aktiven und verantwortlichen Aufsichtsrat werden sich durch die Quote nicht ändern. Ebenso wenig der Bedarf, in diesen Gremien unternehmerisch denkende Köpfe zu besetzen. Das gilt für weibliche und männliche Kandidaten. Frauen sehen ihre eigenen Qualifikationen und den Beitrag, den sie leisten können, tendenziell etwas kritischer als Männer. Wir versuchen den Kandidatinnen zu vermitteln, dass sie einen wichtigen Input liefern können.

Wie schwierig wird es für Headhunter, viele qualifizierte Frauen für diese Positionen zu finden?

Die Suchen werden durch die Quote internationaler und multi-disziplinärer. Die gute Nachricht ist, dass einige europäische Länder schon seit Jahren gezielt Spitzenmanagerinnen fördern – eine Tendenz, die wir zunehmend auch in Österreich wahrnehmen. Auch wenn einige Firmen immer noch männlichen Kandidaten den Vorzug geben. Die Auswahl an geeigneten weiblichen Kandidaten wird größer, dennoch bleibt viel Spielraum nach oben. Man kann zu einer zwingenden Quote geteilter Meinung sein, mich persönlich freut es, wenn dadurch Frauen öfter zum Zug kommen.

Wie groß ist die Gefahr, dass Aufsichtsrätinnen nur alibimäßig bestellt werden?

Wenn man "alibimäßig" so verstehen will, dass Frauen zwar in Schlüsselpositionen besetzt werden, dort aber nicht gehört werden, dann kann ich beruhigen: Ich kennen keine Managerin, die Verantwortung und Haftungen übernehmen soll, sich dort aber den Mund verbieten lässt.

Was wird sich im Aufsichtsratsgremium ändern, wenn es mehr Durchmischung gibt?

Wir beobachten Verhaltensmuster, die eher durch den Branchenhintergrund und die Firmenkultur geprägt sind als durch das Geschlecht. So ist der Ton in der Industrie als eher konservative Old Economy etwas rauer als in modernen, amerikanisch-geprägten Betrieben. Gewisse weibliche Eigenschaften wie Teamgeist und verstärkte Kompetenzen hinsichtlich Empathie und sozialer Intelligenz, sind dennoch erkennbar. Aber toughe Erfolgsfrauen treffen genauso harte und rationale Entscheidungen wie Männer, da hat sich in letzter Zeit viel getan. Wirklich bereichert wird ein Führungsgremium, wenn auch die Männer ein paar Muster ihrer Kolleginnen übernehmen.

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