Nicht-Erreichbarkeit im Urlaub: In welchen Momenten Sie doch abheben sollten

Nicht-Erreichbarkeit im Urlaub: In welchen Momenten Sie doch abheben sollten
Die Arbeiterkammer fordert ein neues Gesetz für Nicht-Erreichbarkeit im Urlaub. Ob völliges Abtauchen nicht sowieso erlaubt ist und welche Ausnahmen es gibt.

Anfang der Woche forderte die Arbeiterkammer Kärnten ein Recht auf Nicht-Erreichbarkeit im Urlaub (der KURIER berichtete). Das Urlaubsgesetz würde zwar Erholung festschreiben, aber das reiche noch nicht, hieß es. 

Immer öfter würden Arbeitgeber versuchen, ihre Arbeitnehmer im Urlaub zu kontaktieren. Ob man am privaten Telefon beziehungsweise am Diensthandy abheben oder E-Mails checken muss und in welchen (seltenen) Fällen es tatsächlich legitim ist, vom Arbeitgeber im Urlaub gestört zu werden, erklärt Arbeitsrechtsanwältin Christina Hödlmayr von LeitnerLaw Rechtsanwälte.

KURIER: Die Arbeiterkammer Kärnten forderte diese Woche das Recht auch Nicht-Erreichbarkeit im Urlaub. Braucht es das?

Christina Hödlmayr: Das kommt auf die Position an. In besonders verantwortungsvollen Funktionen würde ich es als schwierig sehen, die Nicht-Erreichbarkeit als generelles Recht festzulegen. Aus Arbeitnehmerschutz-Sicht ist es natürlich nachvollziehbar. Es gibt ja auch einige Studien, die belegen, dass sehr viel Kommunikation im Urlaub mit den Mitarbeitern erfolgt.

Wie gut ist die Erholung im Urlaub arbeitsrechtlich geschützt?

Das Urlaubsgesetz sagt: Urlaub dient der Erholung. Daraus leitet man ab, dass man nicht erreichbar sein muss. Somit ist ein Schutz grundsätzlich gegeben, aber natürlich kann ich es als Dienstgeber oder aus Unternehmenssicht einmal probieren. Zum Teil passiert das sehr intensiv, dass der Rest des Unternehmens weiter Kontakt aufnimmt, E-Mails schickt. Da kann vorkommen, dass sie auch gelesen werden und der Erholungsfaktor abnimmt.

Auf EU-Ebene wird an einem Richtlinienentwurf zu diesem Thema gearbeitet. Was ist darin enthalten und wann kann man mit diesem rechnen?

Er sieht ein generelles Recht auf Nicht-Erreichbarkeit vor, nicht nur im Urlaub. Wann er konkret veröffentlicht wird, ist mir nicht bekannt. Ich weiß, dass erste Entwürfe den Interessenvertretungen wie der Wirtschaftskammer vorliegen. Aber er ist schon länger in Diskussion, was immer ein Zeichen ist, dass es noch keinen Konsens gibt.

Nicht-Erreichbarkeit im Urlaub: In welchen Momenten Sie doch abheben sollten

Christina Hödlmayr ist Anwältin und Partnerin bei LeitnerLaw Rechtsanwälte. Sie berät Unternehmen zu Fragen des Arbeitsrechts

Wie viel Eigenverantwortung braucht es? Sowohl als Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer.

Ich würde sagen, dass jeder Mensch mündig ist. Und es nicht notwendig ist, weitere Gesetze zu erlassen oder technische Vorkehrungen zu treffen, dass in gewissen Zeiten keine E-Mails zugestellt werden können. Das ist aus meiner Sicht übertrieben.

Der Urlaub wurde genehmigt. Hat man währenddessen das Recht, das Diensthandy abzuschalten, am Privathandy nicht erreichbar zu sein unter unterzutauchen, bis der Urlaub zu Ende ist?

 Ganz klar ja.

Und doch gibt es bestimmte Ausnahmefälle, in denen der Arbeitgeber, den Arbeitnehmer aus dem Urlaub holen darf. 

Die Anforderungen an derartige Notsituationen sind schon sehr hoch. Das ist nicht der unzufriedene Kunde, der jetzt betreut werden will. Da reden wir über Fälle, wo ein schwerer wirtschaftlicher Schaden für das Unternehmen abzuwenden ist, was vielleicht nur dieser eine Mitarbeiter kann.

Bin ich dann nicht erreichbar, kann das Konsequenzen haben?

Ich glaube, dass das ein sehr theoretisches Problem ist. Schalte ich das Firmenhandy ab, wird man vermutlich meine Privatnummer haben. Werde ich dort tatsächlich kontaktiert, weil ein Notfall vorliegt, kann ich mir kaum vorstellen, dass Mitarbeiter auf Tauchstation gehen. 

Abgesehen von wirtschaftlichen Schäden – gibt es weitere berechtigte Gründe, den Urlaub eines Arbeitnehmers zu unterbrechen?

Es ist zulässig, während des Urlaubs eine Kündigung auszusprechen. Weiß ich, dass jemand ortsabwesend ist und das Kündigungsschreiben postalisch nicht entgegengenommen werden kann, gilt es als nicht zugegangen. Hat man eine Frist zu berücksichtigen, wäre es natürlich angenehmer, den Mitarbeiter anzurufen. 

Hebt man dann nicht ab, kann man also nicht gekündigt werden.

Das sind rechtliche Stolperfallen, weil sich Mitarbeiter natürlich schon entziehen können.

Im Zuge der Digitalisierung haben auch Chatgruppen auf dem Smartphone Einzug genommen, die im Job gerne genutzt werden. Gilt es schon als Störung, wenn darin während des Urlaubs kommuniziert wird? 

Zu dieser Problemstellung gibt es keine Judikatur oder Literatur. Das wäre aus meiner Sicht auch überschießend. Meines Erachtens, bestünde aber das Recht, während des Urlaubs aus dem Chat auszutreten, wenn ich dann wieder eintrete. 

Was würden Sie Arbeitgebern raten, wie mit Chatgruppen auf dem Smartphone umzugehen ist?

Ich würde davon abraten, Chats mit privaten Telefonen zu verknüpfen. Datenschutzrechtlich ist das sowieso der Super-GAU. Trenne ich aber private und betriebliche Geräte sauber, ist es nicht notwendig, zu differenzieren.

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