Neun Fehler in den ersten 90 Tagen

Neun Fehler in den ersten 90 Tagen
In den ersten drei Monaten im Unternehmen ist der neue Mitarbeiter auf Bewährung. Auf ihn warten viele Fallen und Fehler.

Gratulation, Sie haben einen neuen Job. Die Freude ist groß, Tatendrang und Nervosität auch. Die ersten Tage und Woche sind entscheidend: Da will man im Job glänzen, beweisen, was man kann. In den ersten 90 Tagen zeigt sich, ob man für die Tätigkeit richtig ist.

In der Anfangsphase finden die Weichenstellungen für später statt. Als Neuling muss man im Betrieb seinen Platz finden, sich bewähren, den Fallen aus dem Weg gehen. Der deutsche Karriere-Coach Martin Wehrle klärt über die neun größten Fehler auf, die Neo-Mitarbeitern immer wieder unterlaufen:

1. Sie halten Ihre Kollegen für Idioten

Neun Fehler in den ersten 90 Tagen
Sie wissen, worauf es in Ihrer Branche ankommt. Schließlich haben Sie zehn, fünfzehn Jahre bei der Konkurrenz gearbeitet. Im neuen Unternehmen scheuen Sie sich daher nicht, jedem ungefragt Ihre vielen Verbesserungsvorschläge aufs Auge zu drücken.

Ein kapitaler Fehler, der Sie schneller ins Abseits katapultiert, als Sie "Ich würde das aber anders machen" sagen können. "Viele kommen übermotiviert in Positionen und wirbeln mit ihren Ideen riesigen Arbeitsstaub auf. Dahinter verschwinden die alteingesessenen Kollegen", erklärt Martin Wehrle. Laut dem Experten gibt es ein Ritual: Der Neue hat sich zu unterwerfen, um ins Kollegenrudel aufgenommen zu werden. Tut er das nicht, werden die Kollegen zu Feinden. Das wäre fatal.

2. Sie machen genauso weiter wie im letzten Job

Sie sitzen im neuen Büro, fühlen sich verloren und träumen von Zeiten, als Sie Ihrem Chef geburtstags entweder einen Kuchen gebacken oder zumindest mit der gesamten Belegschaft ein freudiges "Hoch soll er leben" angestimmt haben? Bei aller Nostalgie: Bitte backen Sie Ihrem neuen Chef keinen Kuchen. Schon gar nicht, wenn Ihnen die Kollegen hinterrücks den Vogel zeigen, weil er ein distanzierter Despot ist. Passen Sie sich besser an die Unternehmenskultur an. Denn wer die Kollegen duzt, wo sich doch alle siezen, oder über Kunden lästert, wo der Kunde als König hochgehalten wird, wird schnell als Fremdkörper gesehen – und gemieden.

Martin Wehrle rät: "Sehen Sie Ihren neuen Job wie eine Reise in ein fremdes Land. Achten Sie darauf, welche Sprache gesprochen wird und welche Währung es gibt." Stellt sich nach Monaten noch immer kein Zugehörigkeitsgefühl ein, passen Sie und die Unternehmenskultur nicht zusammen.

3. Sie haben keine Ahnung, was man von Ihnen erwartet

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Natürlich will der Chef sehen, ob er mit Ihnen die richtige Wahl getroffen hat. Um den Anforderungen gerecht zu werden, müssen Sie aber erst einmal herausfinden, was er von Ihnen erwartet. "Sie glauben als neuer Vertriebschef vielleicht, möglichst schnell das geplante Produkt auf den Markt schieben zu müssen, doch Ihr Vorgesetzter erwartet, dass Sie ein völlig neues konzipieren", gibt Wehrle zu bedenken.

Besser als ziellos im schwammigen Aufgabenbereich draufloszuberserkern ist nachzufragen: "Woran messen Sie den Wert meiner Arbeit? Was muss ich tun, damit Sie in einem halben Jahr mit mir zufrieden sind?" Ebenso wichtig ist: Regelmäßig Feedback von oben einfordern.

4. Sie lieben Reibereien mehr als die Sache

Ihr Durchsetzungsvermögen und Ihr sportlicher Ehrgeiz in Ehren, aber die Ellbogen sollten Sie lieber schön nah am Körper halten. Konflikte aufzubauschen oder gar anzuzetteln nie eine gute Idee. Einer, der statt den grünen Zweig zu suchen lieber den Baum niedermäht, ist kein beliebtes Teammitglied. Auch wenn Sie unter Zeitdruck stehen – die häufigste Ursache für Konflikte am Arbeitsplatz –, das ist kein Grund, um die Kollegen anzufahren. Thematisieren Sie lieber, dass Sie unter Druck stehen und was Sie brauchen, um in Ruhe zu arbeiten. Kommen Sie aus anderen Gründen nicht mit den Kollegen klar – weil sie ihre Wut über die Kündigung Ihrer Vorgängerin an Ihnen auslassen, gilt eines: "Verbünden Sie sich mit möglichst vielen Leuten, die eine ähnliche Wellenlänge haben wie Sie", sagt Wehrle. "Bremsen Ihre Kollegen Sie, obwohl Sie die Vorgabe als Vertriebler haben, bessere Zahlen zu bringen, sprechen Sie das an", so Wehrle. Geht das schief, schlagen Sie vor, den Konflikt im Team oder mit dem Vorgesetzten zu besprechen. "Danach soll Klarheit herrschen", so Wehrle.

5. Sie wollen beste Freunde sein

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Herrn Bauer, der Sie einschult, gönnerhaft auf die Schulter zu klopfen, oder Ihre Zimmergenossin Frau Huber schon am dritten Tag mit einem Monolog über Beziehungsprobleme zu beglücken, kommt nicht gut an. "Man sollte keine Vertrautheit vorspielen, die noch nicht da ist", sagt der Karrierecoach. Die Vertrautheit mit Kollegen müsse man sich erst verdienen. Die Skepsis, die Ihnen möglicherweise entgegenschlägt, liegt in der Natur der Sache – schließlich sind Sie neu, waren bei der Konkurrenz oder verdienen mehr als Ihre Kollegen. Spätestens nach einem halben Jahr sollte man die Skeptiker überzeugt haben, dass man ein guter Kollege ist, so Wehrle.

6. Sie checken nicht, wer hier das Sagen hat

Sie haben das Organigramm der Firma auswendig gelernt? Das heißt noch lange nicht, dass Sie wissen, wer das Sagen hat. "Sie müssen schauen, ob die Hierarchie so, wie sie am Zettel steht, auch gelebt wird", sagt Wehrle. Oft gebe es informelle Führungskräfte, die den Weg vorgeben – beispielsweise einen starken Abteilungsleiter, der operativ führt, obwohl der Bereichsleiter am Papier über ihm steht. "Oder die Sekretärin ist in Wirklichkeit der Vizechef", sagt Wehrle. Gar nicht gut ist es dann, selbige als Tippse abzuwerten. "Den Eindruck von Ihnen gibt die Sekretärin an den Chef weiter. Das werden Sie nicht mehr los."

7. Sie haben schlecht verhandelt

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Haben Sie Ihr Wunschgehalt beim Bewerbungsgespräch zu niedrig angesetzt und nicht bekommen, was Sie wollten, wurmt Sie das vermutlich. Wehrles Tipp: Schon beim Bewerbungsgespräch ausverhandeln, dass Sie zumindest nach guter Bewährung bzw. Probezeit eine Gehaltserhöhung bekommen.

8. Sie zeigen Ihre schlechteste Seite

Versteht sich von selbst, kommt dennoch vor: Mitarbeiter, deren Hauptleistung es ist, 20 Minuten zu spät lässig ins Meeting zu schlendern und die Hände hinterm Kopf zu verschränken. Sorry, kommt nicht mal in der Kreativbranche gut. Vom Powernapping am Arbeitsplatz reden wir gar nicht. Strengen Sie sich an!

9. Sie werfen früh das Handtuch

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Auch wenn die Einarbeitungsphase überfordernd, das kalte Wasser tief und die Kollegen distanziert sind: Die Probezeit oder befristete Bewährungszeit zu rasch aufzukündigen wäre ein Schuss ins Knie. "Man wechselt in ein anderes Gewässer, braucht Zeit, sich damit auseinandersetzen", sagt der Coach. Zumindest zwei bis drei Monate sollte man abwarten, bevor man das Handtuch wirft – und sich derweil um einen neuen Job umsehen. Im Lebenslauf macht sich so ein Intermezzo zwar nicht gut, sagt Wehrle. Allerdings: "Wenn der Vorgesetzte ein Irrer ist, muss man sich im Zweifel lieber für das Leben entscheiden."

Probezeit

Die Probezeit beträgt in Österreich maximal ein Monat (in Deutschland können es bis zu sechs Monate sein).
In diversen Kollektivverträgen ist sogar eine geringere Probezeit vorgesehen. Nur für Lehrlinge gibt es eine Ausnahme: Sie haben eine dreimonatige Probezeit. Währenddessen kann das Dienstverhältnis per sofort aufgekündigt werden – von beiden Seiten. Das gilt auch für Gruppen, die sonst einen Kündigungsschutz genießen.

Befristung

Da die Dauer so gering ist, behelfen sich Firmen damit, dass sie das Arbeitsverhältnis mit Befristung ansetzen. Hat man sich bis dahin bewährt, wird man in eine unbefristete Anstellung übernommen.

76 Prozent der österreichischen Personalentscheider wollen bis Juli neue Mitarbeiter einstellen. Und ebenso viele haben schon mal einen Mitarbeiter eingestellt, der hinter den Erwartungen geblieben ist. Zu diesem Ergebnis kommt die Arbeitsmarktstudie 2015 von Personaldienstleister Robert Half. Die Auswirkungen von personellen Fehlbesetzungen sind demnach schädlich fürs Unternehmen: Fast die Hälfte der Befragten befürchtet einen Einfluss auf die Produktivität des Unternehmens. Weitere zwölf Prozent sehen das Hauptproblem in der Entstehung finanzieller Kosten, 34 Prozent sorgen sich um die Arbeitsmoral und Zusammenarbeit im Team.
Nicht nur Fehler im Recruiting, sondern auch im sogenannten Onboarding – also der Einarbeitung neuer Mitarbeiter – könnten dazu führen, dass der oder die Neue nicht erwartungsgemäße Leistungen erbringen. Der Personaldienstleister rät dazu, die Ursachen herauszufinden. Möglicherweise fehlen dem Mitarbeiter bestimmte Fachkenntnisse, er wurde nicht ausreichend eingeschult oder er hat das Anforderungsprofil nicht verstanden. Oder er wäre an anderer Stelle besser aufgehoben.


Fehl am Platz

So erkennen Unternehmen laut Robert Half, ob ihr neuer Mitarbeiter der Falsche ist: 1. Er erfüllt seine Aufgaben nicht, arbeitet außerhalb seiner Zuständigkeit oder überschätzt seine Kompetenzen. 2. Seine Motivation schwankt. 3. Die Arbeitseinstellung lässt zu wünschen übrig: Der Mitarbeiter kommt zu spät, seine Arbeit ist mangelhaft, er vermeidet den Kontakt zu Kollegen, zeigt wenig Gespür für die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Kunden und Kollegen beschweren sich.
Fruchten weder Einarbeitung und Weiterbildung noch Gespräche, bleibt nur noch eines: sich vom Neuen zu trennen.

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