Milchbart am Markt

Milchbart am Markt
Christian Chvosta kocht seit vier Wochen am Meidlinger Markt auf. Auf Facebook darf man mitbestimmen, was freitags auf den Tisch kommt.

Der junge Wiener schafft die Sessel aus Holz vor seine Hütte. Dann die Tische. Er  trägt die  Kreidetafel nach draußen – noch ohne Menü –  stellt sie ans rechte  Eck, ein stiller freundlicher  Grenzposten. Der 28-Jährige steht daneben, atmet durch, blickt auf  den Marktplatz. Da sind Gemüsehändler, Kebabbuden, Passanten, Lieferanten. "Ein bisschen versifft und ein paar Drangler, westseitig gelegen, das hat Flair", sagt Christian Chvosta zufrieden.

Vor einem halben Jahr wurde Chvosta von seinem Vater angerufen. "Du schau mal, da ist ein billiges Lokal am Meidlinger Markt", soll er gesagt haben. "Meidlinger Markt? Was?", war Chvostas Antwort. Trotzdem ging er hin, mitten im Winter. Und war hingerissen. Die nächsten Monate renovierte er mit seinem Vater den ehemaligen Kebabladen. Vor vier Wochen wurde eröffnet. 

Die Lehrjahre

Bei den Chvostas zu Hause war die Küche manchmal in chaotischem Zustand. Dann, wenn klein  Christian an den Töpfen war, herumpatzte und Nahrungsmittel zu Menüs werden ließ. Trotz Koch-Passion besuchte er die Grafische Lehranstalt und machte die Matura. Mit 20 begann er doch die Kochlehre und arbeitete im Restaurant "Drei Husaren". Es war gut, bis ein neuer Küchenchef kam. Er kündigte, dachte bei sich "Fotograf bist du ja auch noch" und  verbrachte die nächsten zwei Jahre an Bord von Schiffen. Vor der Linse: Menschen, Länder, Boote, Meer. Genug, um Erfahrung zu sammeln und in Wien Fuß zu fassen.

Doch dann kam der Anruf des Vaters. "Seit dem nervigen Küchenchef wollte ich ein eigenes Lokal  haben."

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One Man Show

Seit der Eröffnung vor vier Wochen ist das Milchbart jeden Tag voll. Die jungen, urbanen Gäste mischen sich langsam mit den greisen Zaungästen. Am Meidlinger Markt hat die Uhr wieder zu ticken begonnen – zur Freude der Marktstandler und der Anrainer. "Sie freuen sich, dass sich am Markt etwas tut. Zu Beginn haben die Standler gedacht, dass ich ihnen die Leute wegnehme. Dann haben sie gesehen, dass ich ihnen Leute bringe." Er schickt seine Kundschaft zum Bauern Gustl, um Milch zu kaufen, empfiehlt ihnen Stachelbeeren und gibt Tipps zum Fleischeinkauf.   

Jeden Donnerstag liegt am Meidlinger Markt der Geruch von Burritos in der Luft. Dann kocht  Christian Chvostas Schwager aus El Salvador. Freitag ist Futterwurlitzer-Tag. Dann bestimmen  Freunde und Sympathisanten via Facebook, was auf den Tisch kommt. Da kämpfen Klassiker wie Coq au Vin gegen Eierschwammerln. An den anderen Tagen gibt es in der Früh Bagels, Cult Kaffee und ab Mittag ein Menü. Geplant wird es meist am Abend davor oder in der Früh, auf Basis des Marktangebots. Was es ringsum gibt, wird gekocht.

Bislang steht Chvosta  – bis auf Donnerstag – alleine in der Küche. Zum Teil ist sie mit alten Geräten aus der elterlichen Küche ausgestattet. Ein Jungunternehmer kann nicht mit Geld prassen, auch wenn das Milchbart gut läuft. Für die Finanzen hat Chvosta eine Buchhalterin – nicht sein Ding.

Um 19.30 Uhr muss Christian Chvosta die Schotten dichtmachen, die Sessel, Tische, die Tafel  wieder hineintragen – Marktordnung. Die Gäste würden gerne länger bleiben. Eh nur im Sommer.   Chvosta hat eine Unterschriftenliste für längere Öffnungszeiten initiiert. Mehr als 1000 haben bereits  unterschrieben. "Wennst etwas geschafft hast, kannst dich nicht ausruhen." Das soll sein erster, ein guter Küchenchef zu Christian Chvosta gesagt haben. Sieht so aus, als hätte er sehr gut zugehört.

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