Microsoft-Österreich-Manager Hermann Erlach: „Es gibt kein Copy und Paste“
KURIER: Arbeiten Sie noch im Homeoffice?
Hermann Erlach: Es wird weniger, weil ich fast jeden Tag in Wien physische Termine habe. Man merkt, dass die meisten Führungskräfte auf physische Meetings umsteigen. Das macht bei vielen Terminen absolut Sinn.
Also auch Ihnen wird das digitale Treffen zu viel?
Ich würde mich schon als traditionell bezeichnen. Das Herumgehen im Büro, das Leute treffen, bei uns im Hof zu sitzen – das vermisse ich schon enorm. Gerade, wenn man die Position des General Managers übernimmt, nimmt das Digitale einem die Möglichkeit, ein bisschen mit den Leuten zu feiern. Wir haben das Beste daraus gemacht. Aber ich würde nicht sagen, dass ich in Zukunft 100-prozentig remote arbeiten möchte.
Microsoft Teams verzeichnet weltweit 145 Millionen Nutzer am Tag. Wie viele davon kommen aus Österreich?
Absolute Zahlen können wir für Österreich nicht nennen. Mit dem ersten Lockdown haben wir einen extremen Anstieg an Nutzerzahlen verzeichnet. In den ersten beiden Monaten ist die Nutzung der Cloud um 700 Prozent gestiegen.
Hermann Erlach ist seit 1. Mai 2021 der neue General Manager von Microsoft Österreich und folgte damit Dorothee Ritz nach. Der gebürtige Osttiroler ist seit 2015 im Unternehmen und war zuletzt Chief Operating Officer, Digital Transformation Lead und Sprecher für Innovationsthemen.
Er übernimmt eine Managementfunktion in einer Zeit, in der Softwarekonzerne große Gewinne schreiben. Microsoft wies im ersten Quartal 2021 umgerechnet rund 35,5 Mrd. Euro Umsatz und etwa 15,5 Mrd. Gewinn aus. Zahlen für einzelne Länder werden nicht offengelegt. Microsoft arbeitet in Österreich mit über 4.000 Partnern zusammen.
Aus welchen Bereichen kommen die NutzerInnen?
Vor allem aus Schulen und dem Unternehmensbereich. Aber die Zahlen schwanken stark. Es gehen wieder mehr Menschen ins Büro und Teams wird weniger genutzt. Tech-Konzerne werden oft als Gewinner der Krise dargestellt. Aber es gibt auch andere Effekte, die uns treffen: Der Wegfall von Arbeitsplätzen. Jeder Büro-Arbeitsplatz ist eine potenzielle Microsoft-Lizenz.
Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Kreativität ist. Wie fördert man diese Fähigkeit, wenn der Fokus auf dem Digitalen liegt?
Die Themen schließen sich nicht aus. Digitalisierung und Automatisierung werden viele Jobs kosten. Repetitive Jobs werden immer mehr verschwinden, es werden neue entstehen. Da sind wir bei Empathie, Umstellungsfähigkeit, Adaptierfähigkeit. Nächste Woche etwas anderes als in dieser zu machen – das sind Skills, die wir brauchen.
Digitales Arbeiten ist schnell ermüdend. Microsoft bietet auch „Digitales Wellbeing“ an – was kann man sich darunter vorstellen?
Schon vor Corona hat man gesehen, dass die Kommunikationskanäle stark zunehmen. Überall kommen Daten zusammen, das muss man managen. Mit unserer Plattform „Viva“wollen wir Informationen verdaulicher machen, die Anzahl reduzieren und priorisieren. Mitarbeiter bekommen einen Überblick, wie viele Meetings sie pro Woche haben, wo es Tendenzen mit Informationsüberlastung gibt, zudem gibt es auch Meditationssoftwares für kleine Auszeiten.
Stichwort Rückkehr in die Büros. Was wird von der neuen Arbeitswelt bleiben?
Das Hybride wird bleiben. Wir wissen aus weltweiten Studien, dass Mitarbeiter flexibles Arbeiten verlangen. Das Schwierige wird sein, Freiheiten zuzulassen und Regeln zu definieren. Hier gibt es kein Copy und Paste. Führungskräfte müssen sich nun hinsetzen und New Work nach Covid organisieren. Auch wir entwickeln New Work weiter, wir bauen in Wien das Büro um.
Es soll weniger Büroflächen geben.
Wir bauen die Anzahl der Arbeitsplätze zurück und erhöhen die Anzahl der Meetingräume, weil wir glauben, dass der soziale Charakter wichtiger werden wird.
Wie viele von den rund 350 Mitarbeitern werden noch einen Schreibtisch haben?
Wir müssen beobachten, wie sich das Büroverhalten nach Covid einpendelt. Das Büro wird so flexibel sein, dass wir Anpassungen machen können. Manche kommen nur für Meetings, die brauchen keinen eigenen Arbeitsplatz. Andere können sich einen eigenen Tisch buchen. Zusätzlich gibt es noch Bereiche wie den Hof und die Cafeteria.
Homeoffice betrifft nicht jeden. Wird diese neue Arbeitswelt zu einem exklusiven Elitenprogramm?
Ich würde es nicht als Elitenprogramm bezeichnen. Aber es wird immer Menschen geben, die kein Homeoffice haben. Gleichzeitig trifft New Work auf viele traditionelle Regulative. Hier müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen noch nachziehen. Aber: Eine Firma kann nicht 100 Prozent Selbstbestimmung für jeden sein. Sie ist ein Kollektiv mit Kernarbeitszeiten. Wenn jeder anfängt, nur zu schauen, was für einen selbst das Ideal ist, bricht das Kollektiv auseinander.
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