Machtwechsel mit Hindernissen

Der Abgangpassiert häufig von heute auf morgen.Im Bild: Ex-Bundeskanzler Werner Faymann
Die 100 Tage Einarbeitungszeit für den Nachfolger sind in Großunternehmen Geschichte, Führungskräfte müssen rasch erste Maßnahmen umsetzen.

Von langer Hand vorbereitete Rochaden in der Führungsetage gehören großteils der Vergangenheit an. "Abrupte Machtwechsel wie der von Bundeskanzler Werner Faymann sind heute beinahe schon der Normalfall", sagt Wirtschafts-Coach Christine Bauer-Jelinek. "In der Politik sind sie häufig taktisch motiviert und sollten im Hintergrund gut vorbereitet sein, um dem Gegner keine Blöße zu bieten."

Machtkämpfe & EinsparungenIn der Wirtschaft liegen eher sachliche Gründe vor wie zum Beispiel Karrieresprünge, verlorene Machtkämpfe oder Einsparungen. "Will die scheidende Führungskraft die Übergabe geordnet abwickeln, wird dem meist nicht – oder nur formal – entsprochen", weiß Bauer-Jelinek. Häufig wird ein plötzlicher Machtwechsel strategisch dazu genützt, um firmenintern die Karten neu zu mischen. Es wird zum Beispiel eine Reorganisation damit verbunden, Abteilungen werden zusammengelegt oder aufgelöst, mit dem Ziel, Kosten zu sparen oder die verbleibenden Positionen abzusichern.

Führungsstil

Wie das Team auf diesen Wechsel reagiert, hängt auch vom Führungsstil ab, den der oder die scheidende Vorgesetzte gepflogen hat: "War er bestimmend, wird sich Hilflosigkeit breitmachen und ein informeller Leader wird unter Umständen die Lücke füllen", sagt Bauer-Jelinek. "Hat er sich seinen Mitarbeitern gegenüber hingegen eher partnerschaftlich verhalten, werden diese sich selbst organisieren und auf diese Weise über längere Zeit weiterarbeiten können." Aber Mitarbeiter können diese Situation auch geschickt für die eigene Neupositionierung nutzen, denn der neue Chef ist auf ihr Wissen angewiesen.Eine bestimmte Einarbeitungszeit – wie die berühmten 100 Tage, die auch der Faymann-Nachfolger für sich beanspruchen dürfte – gibt es in den meisten Großunternehmen nur noch auf dem Papier. "Man erwartet von der neuen Führungskraft, dass sie sich umgehend ein Bild macht und entsprechende Maßnahmen und Neuerungen umsetzt", betont Bauer-Jelinek. "Deshalb sollte man bei der Übernahme das Augenmerk auf das sogenannte Quickwin-Management setzen und grundsätzliche Änderungen erst nach genauer Kenntnis der Lage angehen."

In Familienbetrieben sowie Klein- und Mittelbetrieben (KMU) schaut die Sache hingegen ganz anders aus: Hier wird dem Nachfolger durchaus eine gewisse Einarbeitungszeit gegeben, um sich auf die neue Aufgabe vorzubereiten und auf die Firmenwerte und -kultur einzuschwören.

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