Kündigung mit Herz: Warum sich Firmen liebevoll von Mitarbeitern trennen sollten

Manuela Vorwerk heuerte mit 20 Jahren bei einem niederösterreichischen Industriekonzern an. Sie wurde dort HR-Managerin, war ein bisschen wie die „Firmenmama“, erzählt sie dem KURIER. 17 Jahre lang war sie die erste Ansprechpartnerin in Personalfragen, stellte einen großen Teil des Teams selbst ein. War aber auch verantwortlich, als sich die Firma in einer anspruchsvollen Phase von rund 100 Mitarbeitern trennen musste. In der zweiten Kündigungswelle landete Manuela Vorwerk dann selbst auf der Liste gestrichener Posten.
Trotzdem sagt sie: Es war eine positive Erfahrung – für sie und andere Betroffene. Wie das sein kann? Weil Herz dabei war.
Kündigen: Aber bitte mit Herz
Vorwerk berät heute Unternehmen, ist Dozentin für Employer Branding an der FH Wiener Neustadt und hält als Rednerin Vorträge, etwa beim diesjährigen HR Inside Summit (9. und 10. Oktober) in der Wiener Hofburg. Ihr spezieller Fokus: liebevolle und wertschätzende Kündigungen.
„Ich beleuchte das Thema aus drei Blickwinkeln: Aus Sicht der HR, als Betroffene und jetzt in der Beratung.“ Der Aufholbedarf in heimischen Unternehmen wäre groß, sagt sie. Auch weil man lange davon ausgegangen ist, dass eine Kündigung ein Abschied für immer ist.
Eine unangenehme Sache
Weil Kündigungen vielen unangenehm sind, wird oft um den heißen Brei herumgeredet. „Es gibt Mitarbeiter, die aus einem Kündigungsgespräch rausgegangen sind und nicht wissen, ob sie nun gekündigt sind oder nicht.“ Fatal, findet Vorwerk.
Ein Kündigungsgespräch hätte nämlich Potenzial, zur Werbefläche eines Unternehmens zu werden. „Geht jemand aus einem Unternehmen raus und spricht positiv darüber, ist das mehr wert als jede Kampagne.“ Einen schlechten Ruf sollte man in Zeiten des Arbeitskräftemangels sowieso nicht riskieren. Genauso wenig wie eine negative Bewertung in diversen Online-Foren.
Verletzte Gefühle oder Kränkungen würden zwar bei (unfreiwilligen) Abschieden immer entstehen, weiß sie. „Das lässt sich nicht umgehen. Aber ist die Trennung positiv, kann man an die schönen Momente und im Guten zurückblicken.“
Wie gelingt nun eine solche Kündigung mit Herz?
„Niemals zwischen Tür und Angel“, stellt Vorwerk zunächst klar. Und niemals ohne Vorankündigung. „Das ist etwas, das ich allen Führungskräften mitgebe: Bitte gebt euren Mitarbeitern regelmäßig Feedback. Positives, aber auch konstruktives, wenn sie etwas besser machen können.“

„Man steckt so viel Geld und Zeit in Recruiting und Employer Branding. Und in einen ordentlichen Kündigungsprozess zu wenig“
Kommt es trotzdem – vielleicht aufgrund wirtschaftlicher Umstände – zur Kündigung, dann mit Respekt, Wertschätzung und Anerkennung für die Leistung. „Der Mitarbeiter hat ja viele Stunden in das Unternehmen investiert. Dafür gebührt ihm Wertschätzung.“ Man müsse sich in den Mitarbeiter hineinversetzen, empathisch sein.
„Man weiß die Hintergründe der Menschen nicht, ob sie auch privat eine herausfordernde Phase durchleben.“ Wichtig wäre, deshalb einzuholen, was das Gegenüber gerade braucht, am besten unterstützt von einer Karriereberatung. Nicht immer können die Wünsche erfüllt werden, weiß Vorwerk. Aber man sollte zumindest probieren, sich in der Mitte zu treffen.
Klarheit vor Harmonie
Respektvoll zu kündigen, bedeute nicht, alles in Watte zu packen. „Klarheit vor Harmonie“, sagt Vorwerk. „Man muss nicht jeden einzelnen Fehler aufzählen, den der Mitarbeiter gemacht hat. Aber er muss aus dem Gespräch rausgehen und verstehen, warum es zu der Situation gekommen ist.“ Auch der Mitarbeiter selbst sollte seine Sicht der Dinge äußern dürfen. Auch wenn die Entscheidung bereits getroffen ist.
Was gar nicht geht: Den Mitarbeiter im Regen stehen lassen. „Er hat vielleicht noch Fragen, wartet auf sein Zeugnis. Der Prozess danach muss gut funktionieren.“ Letztlich geht es immer um Perspektive und Lichtblick, erklärt die Coachin. „Man sollte Zeit geben und auch akzeptieren, dass die Person zunächst sauer oder gekränkt reagieren kann.“ Doch geht der Abschied wertschätzend über die Bühne, muss er nicht endgültig sein, sagt sie.
Vielleicht findet man an späterer Stelle wieder zueinander, trifft sich in anderen beruflichen Kontexten wieder oder bleibt in Kontakt für ein breiteres Netzwerk. Über Alumni-Clubs, die Vorwerk für ein wichtiges Instrument hält. Oder über eine Weihnachtskarte, die am Ende des Jahres zeigt, dass man dem ehemaligen Arbeitgeber nicht egal ist.
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