Kein Profi ohne Online-Profil

Kein Profi ohne Online-Profil
Business-Netzwerke generieren Millionen Mitglieder und steigern ihre Bedeutung. Wer heute online nicht präsent ist, bringt sich um Job-Chancen. Wer ein schlechtes Profil hat, aber noch mehr.

Gewinnendes Lächeln, verschränkte Arme, hellblaues Hemd, jedes Haar sitzt an seiner vorbestimmten Position, Büroszenerie im Hintergrund. Wer noch an Ariel Eckstein’s beruflichen Qualitäten zweifelt, kann weiter unten auf seinem Online-Profil nachlesen: Frühere Chefs und Partner haben ihre Zeit mit Eckstein genossen. Dem geradlinigen, empathischen, cleveren Strategen, mit Referenzen aus 17 Ländern. Bei keiner Firma blieb Eckstein länger als vier Jahre, er spricht Englisch, Spanisch und Französisch. Ariel Eckstein ist einer von 175 Millionen und es werden mehr. Jede Sekunde verzeichnet das Business-Netzwerk LinkedIn zwei neue Mitglieder.

Ihre Motive sind im Gegensatz zu Facebook rein beruflicher Natur. Wer Familienfotos auf seine Profilseite stellt, hat das Prinzip nicht verstanden. Es geht darum, Kontakte zu knüpfen, sich zu vernetzen, bis ganz nach oben, am besten mit Branchengrößen, um potenziellen Geschäftspartnern oder Arbeitgebern aufzufallen. Was Facebook fürs Privatleben, ist XINGedIN (Anm.: Ein Kunstwort aus LinkedIn und XING) im professionellen Bereich. Facebook-ähnlich, nur im Anzug.

XING und LinkedIn

XING wird auf dem deutschsprachigen Markt von 5,7 Millionen Berufstätigen genutzt, LinkedIn in der DACH-Region nur von 2,5 Millionen. Dafür liegt LinkedIn mit 187 Millionen Mitgliedern international weit voran, während XING nur zwölf Millionen erreicht. Tendenz bei beiden: steigend.
Besser mit Profil Ein Profil zu haben, wird auch laut Studien immer wichtiger. „Die besten Jobs werden durch bestehende Netzwerke vergeben. Wer die Social Networks nicht nutzt, läuft Gefahr, relevante Informationen des bestehenden Netzwerks nicht mitzubekommen“, sagt Michael Rajiv Shah, Social
Network Experte und Autor von „Die besten Erfolgsstrategien im Business-Networking mit XING & LinkedIn“.

81 Prozent der Führungskräfte hielten 2010 XING für die Karriere dienlich, zeigte eine Statista Umfrage. 52 Prozent der österreichischen Unternehmen nutzten laut recruitingclub.at 2011 Xing beziehungsweise LinkedIn für ihre Recruiting-Aktivitäten. „Wenn Recruiter in Zeiten des ,War for Talents‘ immer stärker auf XINGedIN setzen und ich karrierewillig bin, dann muss ich da sein, wo die Nachfrage ist“, sagt Shah. Aber er differenziert: „Besser kein Auftritt, als ein schlechter.“ Kein Profil zu haben, wertet auch Michael Alber vom Personalberatungs-Unternehmen „The Human Factor“ nicht negativ. Negativ ist jedoch, wenn die Infos, die in den verschiedenen Netzwerken zu finden sind, divergieren. „Viele vergessen die Tragweite, wenn sie etwas ins Netz stellen.“
Was auffällt: Viele Mitglieder haben Lebensläufe, die sich in keinem Leben ausgehen können. Und das Mitte Zwanzig. Eckstein ist ein gutes Beispiel: Der gebürtige Mexikaner, der studierte Diplomat, der doch in der Wirtschaft landete, Erfahrungen bei einem Internet-Start-up genauso vorweisen kann wie Management-Positionen bei AOL, passt in keine Schublade. Doch kein Grund zur Panik, ein Auftritt glänzt in der Qualität, nicht in der Quantität (siehe Anleitung rechts).

"Geht darum, sich sichtbar zu machen"

„Es geht darum, sich selber sichtbar zu machen. Man muss glaubwürdig in der Kommunikation sein“, sagt Headhunter Alexander Kail, Partner bei Stanton Chase Executive Search. Mehr Gewicht als die Präsenz im Web haben bei Stanton Chase ohnehin Referenzen und die direkte Recherche. „Die Netzwerke sind ein zusätzliches Tool in der Recherche, aber am Ende des Tages, ein Tool von vielen“, sagt Headhunter Kail.

LinkedIn CEO Jeff Weiner wird nicht müde, die gesellschaftliche Bedeutung des Netzwerks zu unterstreichen: „Wir helfen Unternehmen, unsere Mitglieder zu finden und geben unseren Mitgliedern eine Chance, sich zu präsentieren und gefunden zu werden.“ Wenn US-Präsident Barack Obama dann wie im September vergangenen Jahres bei einer LinkedIn Lecture, über „Putting America Back to Work“ referiert (Anm.: die Szene ist am Cover abgebildet, das Video auf YouTube zu sehen) steht die gesellschaftliche Bedeutung nicht mehr zur Diskussion.

Ariel Eckstein ist davon überzeugt, dass die Präsenz im Netz der Karriere hilft. „Ich denke, man kann seinen Job besser machen, weil man damit viele Kontakte hat. Wenn man seinen Job besser macht, hat man auch mehr Möglichkeiten“.

Auch Eckstein hat seinen derzeitigen Job bei LinkedIn über LinkedIn bekommen. Er macht ihn gut: Innerhalb von drei Jahren ist sein Team von 22 auf 530 Mitarbeiter angewachsen. „Man kann keine Firma managen, wenn man sich nicht persönlich mit den Mitarbeitern auf einen Kaffee hinsetzen kann. Menschen wollen bemerkt werden“, sagt Ariel Eckstein, noch mehr in der realen Welt.

Nur neun Minuten pro Tag, sagt LinkedIn, braucht die Karriere Pflege. Mindestens 35 Kontakte braucht es, um sie zu pushen. Mehr als 500 zählt LinkedIn ohnehin nicht. Barack Obama hat bestimmt mehr, aber er hat auch eine ganze Armada, die sich um seine Social-Media-Profile kümmert. Jeder Beitrag, jedes Wort, jeder Beistrich ist bewusst und punktgenau gesetzt. Der Kompromiss für uns: Weniger als 500 Kontakte, die dafür gewählt und gepflegt.

Foto hochladen Ohne Foto ist der Mensch nur Text. „Je mehr Kopf, desto mehr Aussagekraft hat der erste Eindruck. Dieser sollte vor allem authentisch sein“, sagt Michael Rajiv Shah, Social Network Experte.

Kontakte auswählen Nicht jeder sollte ins berufliche Netzwerk aufgenommen werden – das sind Business-Netzwerke, das ist nicht Facebook. Die magische Schwelle liegt bei 35 Kontakten, – sie sollte man kennen und ihnen vertrauen.

Gruppen beitreten Ariel Eckstein hat im Bezug auf Gruppenzugehörigkeit, einen Grundsatz: 5 - 3 - 1. Nicht mehr als fünf Gruppen beitreten, sich für drei entscheiden, in die wirklich Zeit investiert wird und eine Gruppe managen.

Profil komplettieren Je mehr Infos, desto besser: Fähigkeiten, Interessen, Ausbildung, Weiterbildungen, die Expertise detailliert anführen, Artikel oder Blog-Inhalte bekannt machen und mit dem Twitter-Account verknüpfen, um eine größere Zielgruppe zu erreichen. Aber: „Bei gleichwertigen Bewerbern entscheiden immer die Soft ­Skills. Diese i-Tüpfelchen gilt es, professionell zu implementieren“, sagt Michael Rajiv Shah.

Lebenslauf Laut Shah auch den Lebenslauf in den Dateianhängen (XING) beziehungsweise der LinkedIn-Applikationen verlinken.
Privatsphäre wahren Nicht vergessen: Die Einstellungen zur Privatsphäre!

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