Interview: „Querdenker werden oft ausgelacht“

Querdenker sind gefragt
Ein Gespräch mit einer Frau, die macht, worauf sie Lust hat: Über Querdenker und wie die Welt noch bunter werden kann.

„Geh und folg’ deiner Sehnsucht. Deine Seele ist deswegen hier“ steht hinter Henriette Frädrich in Großbuchstaben auf der Leinwand geschrieben. Die Speakerin und Autorin war beim JW-Summit 2020 geladen, dem Unternehmerfestival der Jungen Wirtschaft. Der KURIER hat mit ihr über eines ihrer Lieblingsthemen gesprochen: das Querdenken.

KURIER: Ich habe heute keine Lust in die Arbeit zu gehen und bleibe daher im Bett liegen, um meiner Seele Gutes zu tun. Bin ich jetzt ein Querdenker oder ein Rebell?

Henriette Frädrich: Weder noch. Sie sind ein Faulpelz. Aber das darf auch sein und gehört zum Leben dazu.

Was ist für Sie ein Querdenker?

Das ist jemand, der andere Wege geht und dabei Lösungen findet. Der fragt, ob wir das nicht anders machen können als üblich.

Erinnert an Elon Musk und Co.

Es gibt überall Querdenker, nicht nur an der Spitze des Erfolges. Das kann auch die Mama sein, die zu sich selbst sagt: Ich erziehe mein Kind anders als alle anderen und stehe dazu.

Was ist so falsch am normalen Denken?

In der Schule lernen wir analog zu denken. Nach A folgt B. Querdenken ist um die Ecke denken, ein ständiges Hinterfragen, Lösungen finden, die mir entsprechen und dann umsetzen. Kinder beispielsweise sind sehr frei im Denken und denken quer. Nur wir machen den Deckel drauf und befolgen die Regeln.

Die Regeln brechen. Tun, was man möchte, anders sein. Klingt doch mehr nach Rebellion als nach Innovation.

Wenn jemand aus Prinzip etwas anders macht, ist er ein Querulant und Regeln brechen hat per se nichts mit Anstandsverlust zu tun. Das Querdenken darf nie so sein, dass man andere Menschen verletzt. Außerdem sollte die Absicht dahinter immer eine gute sein. Darum hinterfragt ein wahrer Querdenker immer auch seine Absichten.

Interview: „Querdenker werden oft ausgelacht“

Henriette Frädrich beim JW-Summit 2020 der Jungen Wirtschaft, in Wiener Neustadt 

Trotzdem stößt ein Querdenker häufig seine Mitmenschen vor den Kopf mit seinen Ideen.

Ja. Das kann man gar nicht verhindern. Alle Innovationen sind durch Widerstände entstanden. Das ist heute auch noch so. Querdenker werden oft ausgelacht, aber sie sind auch in Firmen sehr gefragt.

Welche Herausforderungen bringt das Grenzen sprengen mit sich?

Früher hieß es: Das hat der Papa gemacht, also mache ich das auch. Es wurde nicht hinterfragt. Querdenker hinterfragen und reflektieren ständig alles. Geht es nicht doch besser oder anders? Das ist extrem anstrengend. Es ist ja für den Querdenker alles möglich. Es gibt keine Grenzen. Das kann komplett überfordern und Stress auslösen. Mit so viel Freiheit muss man lernen umzugehen.

Die Lösung?

Die Entscheidung so zu treffen, wie sie für mich gerade passt. Man muss seine eigene Wahrheit finden und dann selbstbewusst sagen: Das passt zu mir und da bleib ich dran.

Wie macht man Querdenken zur eigenen Marke?

Darum darf es nicht gehen. Querdenken ist kein Verkaufsargument. Es ist arrogant zu sagen: Ich mache alles anders als die anderen. Im Vordergrund steht immer das Produkt oder die Dienstleistung beziehungsweise was wir tun und wie wir es tun.

Ist die Welt offen für mehr Querdenker?

Die Welt würde es gerne sein. Sie ist es aber noch nicht. Wir sind einfach noch zu sehr geprägt von Glaubenssätzen wie: Jeder muss mich lieb haben. Ich darf nicht anecken. Ich muss die Regeln befolgen.

Was würde passieren, wenn wir alle anfangen würden, anders zu denken?

Die Welt würde unglaublich bunt werden und tolle Sachen würden entstehen.

Henriette Frädrich ist Diplom-Medienwirtin und zertifizierte Management-Trainerin. Die 40-Jährige gründete nicht nur den „Geile Uschi Kongress“, sondern auch zusammen mit ihrer Mutter eine Art Google für die Pharmaindustrie. Neben inspirierenden Vorträgen schreibt sie auch unterschiedliche Bücher in verschiedenen Genres. Sie macht eben das, worauf sie gerade Lust hat.

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