Immer in Bewegung bleiben

Lilli Mizaikoff eröffnet am 1. Dezember in der Mariahilfer Straße 76/29 die Turnhalle Wien
Tänzerin, Art-Direktorin – Herzinfarkt: Jetzt trainiert Lilli Mizaikoff andere

Lilli Mizaikoff tanzte. Sie war gut darin, im modernen Ballett, sie liebte es. Wie viele andere Sportler auch zwang sie eine Verletzung zum Aufhören. Sie begann zu unterrichten und als Grafikerin in verschiedenen Werbeagenturen zu arbeiten. Sie stieg zur Art-Direktorin auf, rauchte viel, arbeitete 70 Stunden pro Woche, nahm Tabletten für den Blutdruck.

Lilli Mizaikoff war zu Hause, als sie keine Luft mehr bekam. „Ein Elefant am Brustkorb“, beschreibt sie das Gefühl, als sie den Herzinfarkt hatte. Ihr Mann rief die Rettung, man brachte sie ins Spital. „Das passiert mir? Ich war doch jahrelang Leistungssportlerin, bin zu jung“, dachte sie, als sie die Diagnose erfuhr. Mit dem Herzinfarkt haderte Lilli Mizaikoff sehr.

Der Körper macht keine Ausnahme, nicht bei jung oder schlank, nicht bei schön, reich, nicht bei Firmenwagen und Vorzeige-Karrieren: Ist die Belastung zu groß, stellt er sich irgendwann tot.

„Ich weiß, wie das ist, wenn der Körper nicht mehr mitmacht. Aber ich weiß auch, wie man das wieder hinbekommt.“Lilli MizaikoffGründerin Turnhalle WienEs ist nicht nur Lilli Mizaikoffs Geschichte, sondern eine, die in verschiedenen Nuancen auf viele andere zutrifft. Die meiste Zeit sitzen, zu viel Stress, kaum Bewegung (siehe rechts), dann folgt der Zusammenbruch. „Ich weiß wie das ist, wenn der Körper nicht mehr mitmacht. Aber ich weiß auch wie man das wieder hinbekommt“, sagt Lilli Mizaikoff. Am 1. Dezember eröffnet die ehemalige Balletttänzerin und Art-Direktorin im 7. Bezirk die Turnhalle Wien – wo Körper und Geist wieder zu Freudensprüngen gebracht werden sollen.

Wie, zeigt sie gerne vor. Sie balanciert rückwärts auf den Turnbänken, hält die Balance auf aufgeblasenen Halbkugeln, macht Liegestütz mit ihren Füßen in Ringen, die an einer Sprossenwand montiert sind, zeigt Ballettpositionen. Sie sieht dabei konzentriert aus und ruhig. Die Bewegungen sehen leicht aus. Sie sind es natürlich nicht. „Man muss mit dem Körper ein wenig Geduld haben.“

Das Konzept

Die Turnhalle Wien ist gar keine Halle, sondern eigentlich ziemlich klein. Ein Raum in einem Altbauhaus von rund 50 Quadratmetern, mit großen Fenstern aus Milchglas, an den Wänden Sprossenleitern, Turnbänke, ein großer Spiegel. Auf protzige Geräte, die suggerieren, beim bloßen Anblick eine Action-Held-Figur formen zu können, verzichtet sie gänzlich. Die braucht es nicht für ihr Angebot: Krafttraining, sensomotorisches Training, Koordinationstraining und Tanz-Training.

Lilli Mizaikoff will die Turnhalle Wien sehr privat halten und nur mit Kleingruppen bis zu maximal fünf Leuten arbeiten, oder sich in Einzeltrainings ganz auf eine Person konzentrieren. „Ich konnte Fitnesscenter noch nie leiden – sie sind so unpersönlich. Hier schaut dir keiner zu. Zwischen jeder Einheit lasse ich eine halbe Stunde Pause“, erklärt sie.

Eine halbe Stunde Einzeltraining kostet 30 Euro, eine Stunde 60 Euro. In der Gruppe kostet die Stunde pro Person 40 Euro. In Zukunft soll in der Turnhalle auch Yoga, Pilates und Ernährungsberatung angeboten werden.

Selbstständig

Die meisten Umbauarbeiten in der Turnhalle Wien hat sie selbst gemacht und ihr ganzes Geld hineingesteckt – die Immobilie war, als sie Mizaikoff übernahm, noch im Rohzustand. Lampen fehlen noch immer und eine Homepage – alles ist im Werden. Ob ihr Konzept funktionieren wird? Sie zuckt die Schultern. „Ich weiß es nicht. Ich hoffe auf viel Feedback von meinen zukünftigen Kunden.“ Eine große Zweiflerin sei sie allerdings nie gewesen.

Jeder vierte Manager in Österreich hat Gesundheitsprobleme. Das ergab eine aktuelle Studie des Wirtschaftsforum der Führungskräfte und der Wiener Städtischen Versicherung. Stress, Bewegungsmangel und Gewichtsprobleme setzen ihnen besonders zu. Probleme bereiten vor allem der Bewegungsapparat (15 Prozent), Herz und Kreislauf (sechs Prozent) und der Stoffwechsel (drei Prozent). 32 Prozent klagen über Über- oder Untergewicht.

Nicht nur Führungskräfte leiden an gesundheitlichen Problemen: Bei einer Umfrage von fit2work Ende 2012 haben sogar ein Drittel der befragten Arbeitnehmer eine gesundheitliche Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz bestätigt. Gefragt nach den belastenden Umständen, nennt ein Viertel die gleichbleibende Körperhaltung – 72 Prozent arbeiten regelmäßig vor dem Bildschirm. Zu den häufigsten Beschwerden zählen Rückenschmerzen (46 Prozent), Nacken- und Schulterschmerzen (44 Prozent), Augenprobleme (33 Prozent) und Kopfschmerzen (27 Prozent), 35 Prozent leiden unter Erschöpfung.

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