Im zweiten Leben

Melanie Ruff und Simone Melda machen aus alten Snowboards Longboards - geben damit Boards eine neues Leben und schaffen Arbeitsplätze für ehemalige Straffällige.
Melanie Ruff, Simone Melda und Ex-Gefangene upcyclen Snowboards zu Longboards.

Es gibt Geschichten, in denen alle Ereignisse in den Biografien der Protagonisten, an einem Punkt zusammenzulaufen scheinen. Egal wie wenig diese Episoden auf den ersten Blick in einem Zusammenhang stehen mögen. Doch dann fügt sich alles, ergibt Sinn – wird zum großen Ganzen. Die Geschichte von Melanie Ruff und Simone Melda ist so eine.

Das vorläufige Ende? "Ruffboards". Anfang des Jahres gründeten die beiden Frauen das Unternehmen, das Ex-Häftlingen und alten Snowboards Arbeit gibt. Zuerst die Menschen, dann die Produkte – die Reihenfolge ist wichtig. Das Start-up will Arbeitsplätze schaffen, mit Sportgeräten, die regional und umweltfreundlich produziert sind. Seit zwei Monaten werden in Kooperation mit dem Verein "Neustart" , der Ex-Insassen bei der Resozialisierung begleitet, in einer Werkstätte in Wien-Meidling alte Snowboards zu Longboards (ähnlich Skateboards, nur länger, Anm.) umgemodelt.

Zehn Arbeiter sind in der Werkstätte beschäftigt. Einer von ihnen, Berti, widmet sich ausschließlich den Longboards. Er ist ihnen verfallen, hat mittlerweile sein eigenes Modell entwickelt: "Berti 1" soll sich bald zu den anderen beiden Modellen "Die fesche Sopherl" und "Die Pummerin" gesellen. Der Werkstättenleiter, ein Tischler, schaut vor der Auslieferung noch einmal über Bertis Werke. "Ich bin eine Perfektionistin. Die Qualität, die Berti und Neustart liefern, ist irre gut", sagt Melanie Ruff, Ruffboards-Geschäftsführerin.

Kapitel 1

Melanie Ruff, 33, Steirerin, treibt das soziale Start-up vom Co-Working-Space Impact HUB im 7. Bezirk in Wien aus weiter. Sie trägt die langen blonden Haare zum Zopf gebunden, einen goldenen Totenkopfring und großflächige Tattoos. Eine kleine Frau, aber eine in Erinnerung bleibende Erscheinung. Eine, die sich mit 14 Jahren mit Jungs im Skatepark gemessen hat. "Ich habe jeden Schilling gespart, um mir ein Snakeboard (ähnlich Skateboards, aber mit beweglichem Mittelteil, Anm.) zu kaufen und dann endlich mit meinem Bruder eine Dreiviertelstunde mit dem Rad zum nächsten Skatepark zu fahren", sagt sie.

Ruff machte eine HTL für Bauingenieurwesen – ihr technisches Verständnis nützt ihr heute. Nach der HTL studierte Ruff etwas ganz anderes: Geschichte. Ihr Interesse für Andersartigkeit und Stigmata, der Funktionsweise von Gesellschaft, trieb sie bis zur Dissertation – ihr Wissen darüber prägt ihr Start-up. Vor Kurzem hat Ruff das Doktorat beendet.

Die andere Hälfte von Ruffboards, Simone Melda, ist gelernte Zahntechnikerin – eine Ausbildung, die sie zum Ass im Umgang mit Werkstoffen machte. Unbezahlbares Know-how, wenn man neue Produkte entwickeln will. Im zweiten Bildungsweg ist Melda Nachrichtentechnikerin – das Wissen nutzt sie im Vertriebsmanagement.

Kapitel 2

Vor zwei Jahren waren Melanie Ruff und Simone Melda für ein Jahr im Wohnwagen quer durch die USA unterwegs – dort entstand die Idee zu Ruffboards, Melda scribbelte erste Board-Entwürfe. Zurück in Österreich testeten sie Werkstoffe, designten Shapes und schnitten die ersten Boards mit einer Stichsäge eigenhändig aus. Erst nach und nach wurde der soziale Aspekt zur Unternehmensphilosophie.

Mittlerweile werden pro Woche fünf Boards produziert. Zu wenige, um die Nachfrage zu sättigen, wie der Onlineshop zeigt – fast alle Boards sind ausverkauft. Für mindestens 229 Euro gehen sie dort über den Ladentisch. Viel übrig bleibt nach Abzug von Steuern, Material- und Lohnkosten jedoch nicht zum Leben. Man könnte schneller wachsen. Will man aber nicht – und den Neustart-Mitarbeitern vor allem keinen Druck machen.

  1. Überlege dir ein sinnvolles Konzept und setze es so schnell wie möglich um. Machen statt reden ist die Devise! Denn erst wenn man Ideen umsetzt kann man sein Start-up weiter entwickeln. Den einzigen Fehler den man machen kann ist, es erst gar nicht zu versuchen!
  2. Evaluiere getroffene Entscheidungen regelmäßig und sei immer offen für Veränderungen.
  3. Gerade am Anfang ist es schwierig den Überblick bei den vielen unterschiedlichen Themen, die auf einen als Start-up zukommen, zu haben. Wir haben das Problem gelöst, indem wir unsere Aufgabengebiete definierten, Prioritäten setzten und diese dann als Projekte umsetzten. Bei uns waren das folgende Projekte: Produktion, Verkauf, Marketing, Sourcing (Snowboards), Administratives, Produktentwicklung. Das hat zwei entscheidende Vorteile: Man verliert den Überblick nicht und man erkennt sofort die Schwächen und Stärken im Team und kann sich gut Hilfe von „außen“ holen.
  4. Nutze die reichlich vorhandenen Beratungsangebote und Fortbildungsmöglichkeiten. Am Anfang mach lieber zu viele, damit du dann im richtigen Umfeld landest. In unserem Fall ist es das Impact HUB Vienna in der Lindengasse, im 7. Bezirk.
  5. Halte dein privates Umfeld auf dem Laufenden und erkläre, warum du im Moment nur wenig oder gar keine Zeit für deine Freunde und Familie hast. Das erspart Kummer und Sorgen – auf beiden Seiten!

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