Im teuersten Skihotel der Welt: Der Direktor und seine Alpakas

Lech am Arlberg
Axel Pfefferkorns Geist für Gastlichkeit schärft er täglich im Umgang mit seinen Alpakas – deren Wünsche er ebenso antizipiert wie jene der betuchten Klientel.

„Mmhh, hmhm, mmmh“, stöhnt Yaki vor sich hin und will seinen Kopf aus der Schlinge ziehen. Es klingt wie das leise Wimmern eines Babys. „Jammern hilft nix, das muss jetzt sein!“, erklärt Axel Pfefferkorn dem Zweijährigen und streichelt ihm über den Hals. Endlich ist er fertig adjustiert und startklar für eine Wanderung. Pfefferkorn nimmt Yaki und seine beiden Kollegen an die Leine, ködert sie mit etwas Salz und führt sie in die tief verschneite Bergwelt rund um Lech am Arlberg. Ach ja: Bei Yaki und Co handelt es sich um Alpakas, aus den Südanden stammende, domestizierte Kleinkamele ohne Höcker. „Sie sind gutmütig und werden sogar zu Therapiezwecken eingesetzt, aber ihr Vertrauen muss man sich jeden Tag neu verdienen“, beschreibt der Hoteldirektor seine Schützlinge. Ihnen gilt seine ganze Aufmerksamkeit, wenn er eine Pause einlegt. Eine Pause von einem Job im Topmanagement der 5-Sterne-plus-Hotellerie, was eigentlich einer Rund-um-die-Uhr-Beschäftigung gleichkommt. Seit September 2008 steht der Innsbrucker an der Spitze des 5-Sterne-Superior Aurelio Hotel & Chalet in Lech, laut Buchungsplattform Luxury-Hotels.com das teuerste Ski-Hotel der Welt. In dieser Zeit regnete es Auszeichnungen: 2013 und 2016 wurde das Hotel bei den „World Travel Awards“ als „Austria’s Leading Boutique Hotel“ und 2016 vom Connoisseur Circle wiederholt zum besten Designhotel Österreichs gekürt.

Heuschrecken

Wer Gäste attrahieren will, die bereit sind, für ein Doppelzimmer je nach Saison zwischen 1400 und 4150 pro Nacht auszugeben, muss mit souveränem Service punkten. „Wir erfüllen so gut wie alle Wünsche und sind immer für unsere Gäste da“, erklärt Pfefferkorn seine – einfache – Philosophie. Was bisher der ausgefallenste Wunsch war, den ein Gast äußerte? „Die Tochter eines chinesischen Unternehmers reiste mit ihren Haustieren an – Heuschrecken! Für die mussten wir am Abend des 24. Dezember eine Wärmelampe auftreiben“, erinnert sich Pfefferkorn. Selbstverständlich stand diese bei Urlaubsantritt dieser Gäste in den darauffolgenden Jahren immer schon bereit. Zum Hotel gehört auch ein von Gault Millau mit drei Hauben ausgezeichnetes Restaurant, über das im Gourmetmagazin Falstaff 2016 eine fast euphorische Beurteilung zu lesen war: „Jeder Gang ein kleines Kunstwerk, jeder Bissen ein wunderbares Aromenspiel. Im Alpinhotel schaffen es Christian Rescher und sein Team Jahr für Jahr, sich selbst zu übertrumpfen.“

Gäste aus aller Welt

Wie lastet man eigentlich so ein Hotel aus, in dem das billigste Zimmer in der Zwischensaison 1400 Euro kostet? „Unsere Gäste kommen aus mehr als 40 verschiedenen Nationen, aus Europa, den USA, aus Russland, Singapur und Taipeh, sowie aus den Emiraten. Die durchschnittliche Verweildauer beträgt 4,5 Tage. Der Großteil der Buchungen funktioniert über Mundpropaganda und über ein in vielen Jahren gewachsenes Netzwerk. Manche Lech-Besucher kommen das erste Mal auf einen Drink oder einen Kaffee in unsere Bar und kehren später als Hotelgäste wieder,“ berichtet Pfefferkorn. Das Internet bringt übrigens nicht nur Schnäppchenjäger, sondern auch spontane Gäste, die nicht nach dem Preis fragen müssen: „Im Dezember erhielten wir mittags einen Anruf. Der englischsprachige Herr fragte an, ob wir noch Zimmer frei hätten. Am nächsten Vormittag war er da. Ich dachte, angereist aus der näheren Umgebung, weil ihm sein bisheriges Quartier nicht gefallen hat. Doch der Geschäftsmann kam samt Freundin aus Dubai.“ Grund: Nachdem er dort von der Terrasse seines Hauses aufs Meer geblickt hatte, dachte er sich, es sei eigentlich die ideale Zeit zum Skifahren und gab die Schlagworte „Luxus, Schneesicherheit“ ein. Auch so kann man im Aurelio, das auf Facebook und Instagram präsent ist, landen.

Leadership

„Jemanden zu Gast laden, heißt für sein Glück sorgen, solange er unter unserem Dach weilt“, definierte der französische Gastrosoph Jean-Anthelme Brillat-Savarin in seiner „Physiologie des Geschmacks“ 1826 was Gastlichkeit ausmacht. Pfefferkorn hat Gastlichkeit quasi mit der Muttermilch aufgesogen: Seine Eltern betrieben ein Hotel in Lech. Er sammelte viel Auslandserfahrung in renommierten Häusern der Welt (siehe rechts). Darüber hinaus amtierte der Hoteliersohn nebenher in Gemeinderat, Tourismusbeirat und Hoteliervereinigung.
Dass die Gastlichkeit im Aurelio eine Klasse für sich ist, dürfte wohl auch daran liegen, dass den Beschäftigten selbst Gastlichkeit entgegengebracht wird: Das beginnt bei der Unterbringung – nur private Paare sind in Doppelzimmern untergebracht, alle andern haben Einzelzimmer in einem ordentlichen Personalhaus – und endet beim Mitarbeiter-Essen aus der gleichen Küche wie die Gourmet-Menüs und einer Bezahlung über dem Kollektivvertrag. Dass das Aurelio im Gegensatz zu anderen Tourismusbetrieben nicht in den Kanon über fehlendes Personal einstimmen muss, liegt vermutlich auch am Manager: „Er ist extrem nett, vielleicht sogar zu nett“, streut ihm sein Starkoch Christian Rescher, der dem Unternehmen bereits seit mehreren Jahren die Treue hält und selbst drei Mitarbeiter in der Küche und acht im Service führt, Rosen. Doch hinter der „Nettiquette“ des Direktors steckt nicht mangelnde Autorität oder fehlende Führungskompetenz, sondern echtes Leadership: „Leute, die ganz klare Strukturen brauchen, sind bei uns fehl am Platz. Goldrichtig ist, wer sich – vom Stubenmädchen, über den Kofferträger, Sommelier bis zur Rezeptionistin und den Schneeräumer jederzeit als leidenschaftlicher Gastgeber fühlt und als solcher agiert.“ Das sei mit altem Managementdenken wie „command & control“ nicht zu erreichen. Viel eher mit „come in and have fun!“

Im teuersten Skihotel der Welt: Der Direktor und seine Alpakas
Lech am Arlberg, 11.1.2016 Hotel Aurelio Direktor Axel Pfefferkorn, Alpakas, Winter Schnee
Das Aurelio liegt im Herzen des Bergdorfes Lech am Arlberg direkt an der weltbekannten Schlegelkopfpiste und bietet Ski-In/Ski-Out. Maximal 40 Gäste haben in den vierzehn 42 bis 55 Quadratmeter großen Doppelzimmern und fünf Suiten (80 bis 110 Quadratmeter groß) Platz. Dazu kommt noch ein Clubhaus, das Logis für weitere 18 Personen bietet und nur als Ganzes um 20.000 bis 44.000 Euro pro Nacht zu mieten ist. Einige der Gäste rangieren – wie Hoteleigner Oleg Deripaska – regelmäßig auf der Forbes-Liste der Reichsten.
Axel Pfefferkorn maturierte 1993 an der Tourismusschule und heuerte danach im elterlichen „Pfefferkorns Hotel“ in Lech an. In den folgenden 14 Jahren sammelte er reichlich Auslandserfahrungen in renommierten Luxushäusern, etwa als F & B (Food & Beverages) Management Trainee in Bangkoks legendärem Oriental Hotel, im Front Office des Half Moon Hotel & Club, Jamaika, in Singapur bei der Ausarbeitung eines Konzeptes zur Umgestaltung und Neupositionierung einer Restaurant-Bar und als Assistant Manager des Ritz-Carlton Millennia Hotel auf Bermuda. Sommerkurse auf der „Cornell“ University in New York, USA, runden das Vorzeige-CV noch ab. Außerbetrieblich engagierte sich Pfefferkorn als Gemeindevertreter von Lech (2005–2010), von 2005 bis 2010 als Vorsitzender des Tourismusbeirates von Lech am Arlberg und einige Jahre als Vorstandsmitglied der Österreichischen Hotelier-Vereinigung (ÖHV) in Vorarlberg.
Im teuersten Skihotel der Welt: Der Direktor und seine Alpakas
Lech am Arlberg, 11.1.2016 Hotel Aurelio Direktor Axel Pfefferkorn, Alpakas, Winter Schnee
„Ein Hotelier in dieser Kategorie braucht vor allem eines: Souveränität. Einer der schlimmsten Fehler wäre der Versuch, mit den betuchten Gästen mitzuhalten, etwa mit sündteuren Autos oder protzigen Hobbys. Das Halten von Alpakas aber ist nicht nur leicht exzentrisch, sondern neben dem emotionalen Faktor auch eine gute Schulung der Leadership-Qualitäten. In diesem Preissegment sind feine Architektur, beste Lage und Infrastruktur Hardware. Wirklich punkten lässt sich nur mit herausragendem Service, in dem Wünsche nicht nur erfüllt, sondern antizipiert werden. Dazu braucht man viel Einfühlungsvermögen. Genau wie für die wolligen Vierbeiner aus den Anden.“

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