Im Soge des Greta-Effekts: Grüne Geldanlage boomt
„Was? Sie wollen Ihr Geld ökologisch und nachhaltig veranlagen? Das bringt doch keine Rendite.“ Es ist erst wenige Jahre her, dass mir mein Bankberater diese Antwort gab, als ich meinte, ich würde mein Geld gerne in einen Umweltfonds stecken. So eine Szene in einer österreichischen Bank ist inzwischen undenkbar. Denn nachhaltige Geldanlage ist gefragt wie nie. Und die schwedische Klima-Aktivistin Greta Thunberg gibt dem Trend zusätzlichen Schwung. Denn auch die Performance hinkt konventionellen Veranlagungen um nichts mehr nach.
„Es gibt kein Beratungsgespräch mehr, in dem Anleger nicht nach ökologischen und ethischen Veranlagungsmöglichkeiten fragen“, sagt Klaus Schernthanner, Leiter des Wealth Management der Deutschen Bank Österreich. Besonders die junge Generation sei sehr daran interessiert. „Für sie ist Nachhaltigkeit sogar wichtiger als die Rendite“, betont Schernthanner. Tatsächlich wächst das Volumen in den nachhaltigen Investmentfonds in Österreich rasant. Mehr als 21 Milliarden Euro lagen Ende 2018 in solchen Fonds, geht aus den Daten des Forum Nachhaltige Geldanlage (FNG) hervor. Das ist um die Hälfte mehr als ein Jahr zuvor. Und heuer geht das Wachstum munter weiter. Klimaschutz, Plastikmüll und erneuerbare Energien: Das sind laut Experten der Banken jene Themen, die die Anleger am meisten bewegen. Aber nachhaltige Fonds sind mehr als Klima- oder Umweltfonds.
Mehr als nur Klimathemen
ESG – so wird Nachhaltigkeit in Fonds im Fachjargon genannt. Das E steht für Environment, also Umwelt. Dazu kommt noch das S wie Soziales und das G wie Gouvernance, also die gute Unternehmens- und Mitarb eiterführung. „Nachhaltige Fonds müssen also nicht nur Investitionskriterien für ökologisches Verhalten der Unternehmen aufstellen“, betont Raiffeisen Wolfgang Pinner, Nachahltigkeitsexperte von Raiffeisen Capital Management (RCM).
Diese Fonds müssen sich auf mit Arbeits- und Menschenrechten befassen, mit Bildung, Kinderarbeit, Korruption oder Urbanisierung, um nur einige Themen zu nennen. Aber wie kann ein Anleger bei alle diesen Kriterien sicher gehen, dass er ins richtige Produkt investiert?
Objektivität
Damit Greenwashing ausgeschlossen wird, bemühen sich die heimischen Banken und Fondsgesellschaften, die nachhaltige Veranlagung nach objektiven Kriterien auszurichten. Objektiv heißt in diesem Fall: von externen, unabhängigen Experten erstellte Kriterien. Das macht etwa die deutsche oekom research, die mittels eines weltweiten Netzwerks von Spezialisten und Analysten die Unternehmen auf Nachhaltigkeit durchleuchtet.
Grundsätzlich werden dabei zunächst Ausschlusskriterien aufgestellt, die „no-goes“ der nachhaltigen Investments: Dabei kann es sich um Kinderarbeit, Atomkraft oder Tabak handeln. Welche Kriterien übernommen werden, hängt von den jeweiligen Fonds ab. Die Liste der möglichen Ausschlüsse ist seitenlang. Oder die Banken und Fonds veranlagen in jene Unternehmen, die „die Besten ihrer Branche“ sind. Dabei werden die Unternehmen nach umweltfreundlich, sozial und Mitarbeiterführung in ihrer jeweiligen Branche gereiht. Nachhaltige Fonds investieren dann in Unternehmen, die Top-Noten in diesen Ratings erreichen. Dabei können auch Öl- und Gaskonzerne veranlagungswürdig sein. Und zwar dann, wenn sie versuchen, möglichst umweltfreundlich zu arbeiten. Die OMV kann sich nach diesen Kriterien also durchaus in nachhaltigen Fonds finden.
Renditekiller?
Der Ausschluss von Branchen aus der Investmentpalette schränkt die mögliche Diversifizierung der Veranlagung ein. Das wird oft als Argument gegen nachhaltige Fonds verwendet. Andererseits aber macht die Fokussierung auf Nachhaltigkeit die Unternehmen langfristig stabiler und weniger risikoreich. Die inzwischen langjährige Datenreihe über die Performance zeigt keinerlei Nachteile gegenüber traditionellen Veranlagungen.
EU im Dilemma: Was ist eigentlich grün?
Die Idee ist gut: Klare und EU-weit einheitliche Klassifikation für nachhaltige Geldanlage. Vor einem Jahr schon hat die EU-Kommission vorgeschlagen, länderübergreifende Regeln dafür aufzustellen. Doch so einfach ist das nicht. Erstens müssen sich die (noch) 28 EU-Mitgliedstaaten darauf einigen, was unter „grün“ und „nachhaltig“ zu verstehen ist. Werden alle Unternehmen, die fossile Energien verkaufen ausgeschlossen? Werden Staaten, die ihren Strom aus Kohlekraftwerken beziehen wie Polen oder auch Deutschland unter „nachhaltigen Investoren“ nicht mehr verkaufen können? Die Staaten sind dementsprechend uneinig, die Einführung von einheitlichen EU-Regeln dürfte sich denn auch noch einige Zeit dauern.
Auf der anderen Seite sind Banker schon „heiß“ auf die neue Regeln. Denn die Eurozone könnte sich international als das Zentrum der nachhaltigen Finanzen etablieren. „Grüne Finanzen sind eine riesige Chance für den Euro“, sagt Thierry Roland, Chef des globalen Bankings der HSBC Europe. Die meisten grünen Anleihen, die am Markt sind, lauten auf Euro. Andere Vermögensanlagen sind dagegen meist in US-Dollar denominiert. Würde der Markt für grüne Anleihen wachsen, wäre das eine Stärkung des Euro als internationale Anlegerwährung. Die EU hofft nun, bis Mitte 2020 zumindest nicht verpflichtende, aber einheitliche Vorschriften für nachhaltige Anlageprodukte ausarbeiten zu können. Aber viele Mitgliedsstaaten reden schon über Aufschub.
Wie findet man nachhaltige Investmentfonds?
Wer sein Geld nachhaltig veranlagen will, sollte sich zunächst klar darüber werden, was ihm oder ihr dabei am wichtigsten ist. Steht der Umgang der Unternehmen mit der Umwelt oder dem Klima im Vordergrund? Sind soziale Kriterien wie Arbeitnehmerrechte, Entlohnung wichtiger? Oder sollten Branchen wie Airlines, Tabak und fossile Energien vermieden werden? Sind diese Fragen erst einmal beantwortet, kann sich der Anleger auf die Suche nach Investmentmöglichkeiten machen. Im Beratungsgespräch kann dann der aktuelle Investitionsstand der jeweiligen Nachhaltigkeitsfonds abgefragt werden. Wichtig ist zudem, auf Nachhaltigkeits-Siegel zu achten. Dies ist eine Bestätigung der ökologischen und sozial korrekten Investments des Fonds durch unabhängige Prüfer. Zu den wichtigsten zählt das FNG-Zertifikat des Forums Nachhaltiger Geldanlage und in Österreich das Umweltzeichen. Die Siegel verwenden durchaus unterschiedliche Methoden zur Einstufung der Nachhaltigkeit. Das österreichische Umweltzeichen setzt auf Ausschlusskriterien, andere Zertifizierungen stellen die Transparenz der Unternehmen in den Vordergrund. die Erste Group wiederum kooperiert mit dem WWF und bietet den WWF Stock Environmentfonds an. Raiffeisen bietet ihre Nachhaltigkeits-Fonds mit dem FNG-Gütesiegel an. Neben reinen Aktieninvestments gibt es nachhaltige Mischfonds und reine Rentenfonds. Hier aber ist das Anlageuniversum tatsächlich sehr eingeschränkt.
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