Im Auftrag der Unabhängigkeit
Der Pharmakonzern Bayer und die Medizinische Fakultät der Universität Köln führen gemeinsam klinische Studien durch.
Jetzt läuft gegen beide eine Klage. Der pharmakritische Philipp Mimkes, Mitglied des Bündnisses „Coordination gegen Bayer-Gefahren“, will vor Gericht eine Offenlegung des Kooperationsvertrags erzwingen, wie der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet. Die Zusammenarbeit sei undurchsichtig, auch Transparency International unterstützt die Initiative Mimkes.
Drittmittel sind für Hochschulen mangels staatlicher Zuwendungen eine wichtige Einnahmequelle. Darunter fallen – wenn auch zu einem kleinen Teil – auch Forschungsaufträge von Unternehmen.
Für Hochschulforscher Hans Pechar liegt die Gefahr auf der Hand: „Wenn Firmen Hochschulen mit einer Studie beauftragen, haben sie immer ein konkretes Ziel. Das kann in Widerspruch mit Freiheit der Wissenschaft treten.“ In den USA und Kanada hätten einige pharmazeutische Firmen interveniert und Zahlungen eingestellt, weil die Forscher nicht die erwünschten Ergebnisse erzielt hätten, so Pechar. „Es ist nicht akzeptabel, aus ökonomischen Zwängen die Autonomie der Wissenschaft an den Unis einschränken.“
Die potenzielle Abhängigkeit des Forschers von Unternehmen sei kein Argument gegen Drittmittel aus der Industrie, sagt Pechar, „aber ein Argument dafür, dass Unis Beharrlichkeit stärken, die akademische Autonomie zu behalten.“ Das versuchen die Universitäten. Kooperationsverträge mit der Industrie müssen von der Rechtsabteilung des jeweiligen Rektorats abgesegnet werden.
Ethik gegen Einfluss
Christiane Druml, Vizerektorin für klinische Angelegenheiten an der MedUni Wien und Vorsitzende der Bioethikkommission ist für den Ethik-Kodex „Good Scientific Practice“ zuständig. Dieser verpflichtet Forscher zu Transparenz in der Zusammenarbeit mit der Industrie – z.B bei Interessenskonflikten. „Ist der Forscher gleichzeitig als Konsulent für die Firma tätig, muss er das bekannt geben“, sagt Druml.
Auch der Umgang mit Forschungsdaten wird geregelt. Hält der Forscher Daten zurück oder fälscht sie, droht ein Disziplinarverfahren. Auch die Sponsoren für Studien müssen veröffentlicht werden. Und: Jede klinische Studie muss seit 2009 im öffentlich zugänglichen Forschungsregister auf der Webseite der Ethikkommission der MedUni registriert werden. Dort finden sich fein säuberlich aufgelistet u. a. auch Pharmafirmen wie Affiris, Novartis, Roche als Sponsoren. Forschungsregister seien ebenfalls ein Mittel für mehr Transparenz, um den Einfluss privater Sponsoren zu limitieren, sagt Druml: „Somit wird es schwierig, Studienergebnisse im Nachhinein unter den Tisch fallen zu lassen.“
Firmen gesucht
Auch die JKU Linz will mit dem gerade gebauten Science Park künftig verstärkt auf Kooperationen mit der Wirtschaft setzen. Im für 2013 geplanten Bauteil vier sollen sich Software- und Mechatronikfirmen einmieten. 30 Millionen Euro pro Jahr ein Drittel des Gesamtbudgets– lukriert die Uni zusätzlich über Drittmittel. Davon sei nur ein sehr kleiner Teil reine Auftragsforschung von Unternehmen, sagt Gabriele Kotsis, Vizerektorin für Forschung. Zu viel Auftragsforschung an der Universität hält Druml auch für gefährlich. „Daher konzentrieren wir uns lieber auf geförderte Forschungskooperationen.“ Hier arbeiten die Forscher mit Stakeholdern, unter anderen eben auch Unternehmen, gleichberechtigt zusammen.
Die Mehrheit der zusätzlich zum Budget eingeworbenen Drittmittel an den Universitäten stammt von öffentlicher Hand, nur ein Teil aus der Privatwirtschaft – von Sponsoren und Kooperationspartnern.
Die staatliche Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft wickelt Förderprogramme für unternehmensnahe Forschung an Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen in Österreich ab. Darunter auch das aktuelle EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizon 2020“. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle und Vizekanzler Michael Spindelegger verwiesen am Mittwoch bei einem Pressegespräch auf eine Rückflussquote von 130 Prozent: Für jeden von Österreich investierten Euro fließen derzeit 1,30 Euro zurück nach Österreich. „Österreich profitiert überproportional von den europäischen Förderinstrumenten“, so Spindelegger.
Mehr als 2000 österreichische Forscher an Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen nehmen bereits am EU-Rahmenprogramm teil, sie erhalten dabei bis zu 140 Millionen Euro jährlich. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle will die Teilnahme fördern: Für KMU soll es einfachere Teilnahmebedingungen und deutlich mehr Fördermittel geben.
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