"Ich bin eine Landstreicherin"
"Ich bin eine Landstreicherin auf dem Arbeitsmarkt." Stephanie König beschreibt ihre 30-jährige Laufbahn als "Katastrophe statt Karriere". Ihr kürzester Job dauerte keine vier Stunden – "der Chef hatte unerträglichen Mundgeruch" –, der längste zwei Jahre, zwei Monate und zehn Tage. Sie war bezahlte Geliebte eines Kirchenlehrers, arbeitete tagsüber im Büro und nachts im Swingerclub, schneiderte Leoparden-Tangas im Akkord, betreute als Stewardess nervige Fluggäste und als Vegetarierin an der Fleischtheke Kunden. Heute arbeitet die Deutsche brav als Sachbearbeiterin. In ihrer komischen Autobiografie "Die Büronomadin" beschreibt sie ihre turbulente Laufbahn.
KURIER: Sie hatten 39 Jobs in Ihrem Berufsleben, wo Gleichaltrige sieben hatten. Warum?
Stephanie König: Das war von mir weder erwünscht noch geplant. Es ist einfach passiert. Mit 16 kündigte ich meine Lehre zur Einzelhandelskauffrau, weil mein Künstler-Freund sie irre spießig fand. Dann ging die Jobberei los. Ins Büroleben bin ich reingeschlittert.
Der Untertitel ist "Die Geschichte einer Rastlosen". Wonach haben Sie in all den Jahren gesucht?
Nach stimmigen Umständen, nach Zufriedenheit und Harmonie. Ich ertrage keine Kleinkriege. Bevor mich die Arbeit krank oder unglücklich macht, gehe ich. Immer, wenn ich in einen neuen Job gewechselt habe, war meine Hoffnung: Da muss ich hin, da werde ich für die nächsten Jahre glücklich. Dann kam immer etwas dazwischen.
Sie waren Schneiderin, Flugbegleiterin, Altenpflegerin. Was hätten Sie lieber nicht gemacht?
Als Assistentin eines Missionars musste ich Schüler dazu bringen, ihr Shirt mit Totenkopf auszuziehen, um ihn rauszuschneiden. Oder mich auf eine Mormonenhochzeit schmuggeln, um ein Geschenk zu platzieren, weil er fand, Mormonen werden zu wenig in der Gesellschaft beachtet. Ich war oft die Lachnummer.
Was vermissen Sie?
Die Fliegerei. Das Gefühl, morgens in nassgrauer Kälte den Arbeitstag zu beginnen und nach Feierabend bei 30 Grad im Schatten auszusteigen und einen Strandspaziergang zu machen.
Was macht einen guten Job für Sie aus?
Den Antrieb, Karriere zu machen oder mich selbst zu verwirklichen, hatte ich nie. Mein Anspruch an Arbeit ist: Ich muss Geld verdienen. Ich will sie gern machen.
Als Teenager hatten Sie 14 Jobs in drei Jahren.
Das waren Aushilfsjobs, oft im Service. Die Neugier war da mein Antrieb. Ich hatte das Gefühl, ich habe so viele Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Ich wollte möglichst viel ausprobieren.
In Bewerbungsgesprächen ließen Sie diese Phase unter den Tisch fallen. Weil das schlecht ankommt?
Ich habe einen Job in einer Firma erfunden, die damals bereits in Konkurs war. Ich fand, mein Lebenslauf wäre für jeden Personalchef das nackte Grauen. Ich habe Jobs bekommen, ich verstehe heute noch nicht, warum. Und Absagen für Jobs, für die ich mich geeignet gehalten habe.
Wie haben Sie sich dort verkauft?
Ich habe das nie so empfunden, dass ich mich bestmöglich verkaufen muss, sondern wollte mich zeigen, wie ich bin. Ich wollte nie eine Show abziehen, Dampfplauderei bringt nicht viel.
Sie arbeiteten im Büro und parallel als Barfrau im Swingerclub. Wieso?
Ich wollte einen Swingerclub von innen sehen und eine Kurzgeschichte darüber schreiben. Ich möchte die Erfahrung nicht missen. Es ist interessant, wie Frauen und Männer sich dort verhalten.
Was haben Sie in all den Jobs gelernt?
Viele verschiedene Fertigkeiten, aber nicht tiefgehend. Mein Wissen ist breit, aber oberflächlich. Das ist der Nachteil am Jobhopping.
Aber Sie sind flexibel.
Ja, ich arbeite tags, nachts. Das ist erst seit drei Jahren wieder möglich, ich bin alleinerziehend.
Ihr Wunsch für die Job-Zukunft?
Ich fühle mich im jetzigen Job sehr wohl. Wenn das so bleibt, bleibe ich – bis zur Rente.
Stephanie König: Die Büro-Nomadin. Die Geschichte einer Rastlosen. Schwarzkopf & Schwarzkopf, € 9,90.
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