Headhunter: Suchen Kandidaten, die um die Ecke denken
Der Niederländer Albert Froom ist Gründer und Gesellschafter der weltweit tätigen AltoPartners Personalberatung, die über 58 Büros in 36 Ländern verfügt. Die Business Week bezeichnete Froom als einen der 150 einflussreichsten Headhunter der Welt. Seine Kollegin Julia Zdrahal-Urbanek leitet den österreichischen Standort der Gruppe.
KURIER: Sie sind für einige Tage zu Besuch in Wien. Welches Programm haben Sie hier absolviert?
Albert Froom: Wir waren bei einem Konzert der Philharmoniker im Musikverein und im Meinl am Graben essen. Ich war vor 30 Jahren zum letzten Mal in Wien und genieße es sehr.
Julia Zdrahal-Urbanek: Die meiste Zeit haben wir aber mit einigen der einflussreichsten Aufsichtsräte des Landes verbracht.
Wie hat sich das Geschäft des Headhunters in den vergangenen Jahren verändert?
Froom: Bereits seit einigen Jahren beobachten wir, dass sich gute Kandidaten seltener bewerben. Wir lassen geeigneten Kandidaten daher auch Zeit, um sich einen Wechsel zu überlegen und kommen später wieder auf sie zurück.
Zdrahal-Urbanek: Für manche Positionen gibt es in Österreich nur wenige geeignete Kandidaten, und dann suchen wir grenzübergreifend für internationale Konzerne. Die Herausforderungen an Führungskräfte sind in den Unternehmen gestiegen.
Zdrahal-Urbanek:Die große Herausforderung ist, kompetente und vor allem erfahrene Kandidaten zu finden. Für Shortlist-Kandidaten führen wir daher Referenzanrufe mit ehemaligen Vorgesetzten durch. Dabei sind Wertschätzung und Präzision besonders wichtig. Eine wesentliche Herausforderung liegt darin, den richtigen und langfristigen Fit zu den anderen Management-Mitgliedern herzustellen. Oft führen wir bei Projektstart Peergroup-Interviews durch, um Erwartungen erfüllen zu können.
Froom:Wir bieten aber auch Background-Checks durch spezialisierte Unternehmen an. Überprüft werden zum Beispiel Ausbildungsnachweise der Kandidaten, eventuelle Vorstrafen oder etwa ob der Kandidat auch regelmäßig seine Steuern zahlt.
Was zeichnet einen guten Kandidaten aus?
Froom: Die Suche nach geeigneten Kandidaten ist schwieriger geworden. Wir suchen Kandidaten, die um die Ecke denken können, und die sind selten. Viele Kandidaten wollen sich mitunter geografisch nicht verändern. In manchen Fällen schaut die Lösung dann so aus, dass wir den Job zum Kandidaten bringen. Ein Beispiel: Der beste Kandidat, der für den Posten des Security Head gefunden werden konnte, wollte an der Westküste der USA bleiben, da er gerne dort surfte. Daher wurde der Job dorthin verlegt.
Froom:Es ist ein Risiko, nur bestimmte Personen für den Aufsichtsrat auszuwählen. Bezüglich des Geschlechts gibt es international zwar kaum noch Unterschiede. Aber wir wollen keine Frauen, die sich wie Männer benehmen. Denn wir brauchen die Diversität. Bezüglich des Alters besteht noch viel Nachholbedarf: Es sollten mehr jüngere Personen ihr Know-how einbringen können. Familienunternehmen besetzten den Aufsichtsrat grundsätzlich vorausschauender. Ein Beispiel für einen gut besetzten Aufsichtsrat ist UNICEF. Es geht schließlich um Kinder, daher wurden eingeführt, dass auch Kinder eingebunden werden und ihre Anliegen vorbringen konnten.
Welche Rolle spielt der Lebenslauf?
Zdrahal-Urbanek: Bei Kandidaten für Führungspositionen hat der Lebenslauf wenig Bedeutung, solange er professionell aufgesetzt ist. Im persönlichen Interview sprechen wir über die Erfahrungswerte des Kandidaten. Hauptsächlich geht es darum, den persönlichen Fit festzustellen. Wird es der Kandidat schaffen, die Unternehmensstruktur umzuwandeln und die wichtigsten Akteure auf bestes Niveau zu heben? Es geht mir darum zu verstehen, was den Kandidaten in ähnlichen Situationen beeinflusst und wie er den Kulturwandel vorangetrieben hat. Aber auch wie er Menschen motiviert hat, welche Widerstände es gegeben hat und wie er diese überwunden hat.
Was wirft Kandidaten aus dem Rennen?
Froom: Der erste Eindruck zählt, da verlass ich mich auf mein Gefühl. Dann frage ich den Kandidaten nach seinem Managementstil. Es geht mir vor allem darum, dass er seine Lernkurve wiedergibt. Wichtig ist, dass der Kandidat selbstreflektierend ist. Er könnte zum Beispiel sagen, welche Leadership-Fehler er gemacht und welche Situationen er wiederum gut gemeistert hat.
Zdrahal-Urbanek: Wenn Kandidaten nicht authentisch wirken. Aber auch, wenn sie zu wenig Wissen über die Ziel-Organisation mitbringen und keine Wechselmotive nennen können, die auch nachvollziehbar sind. Negativ über frühere Arbeitgeber zu reden und keine Augenhöhe mit dem Visavis herstellen zu können, sind No-Gos.
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