Harvards Antirassismus-Projekt

Harvards Antirassismus-Projekt
Studierende der Eliteuni erzählen bei I, too, am Harvard von den schlimmsten Vorurteilen.

"You’re lucky to be black ... so easy to get into college!" – steht auf der Tafel geschrieben, die eine junge Frau in die Kamera hält. Auf einem anderen Foto hält ein junger Mann in Anzug und Krawatte eine Tafel, auf dem das Zitat "Never seen black people do that" zu lesen ist.

Beide studieren an einer der renommiertesten Universitäten der USA: Harvard. Auch dort, wo die Elite des Landes zusammentrifft, sind Studierende mit schwarzer Hautfarbe mit Alltagsrassismus konfrontiert. "Ein Mädchen hat während der Vorlesungen ständig meine Haare angegriffen, sie hat mich tatsächlich gefragt, ob sie wirklich so aus meinem Kopf wachsen und wie ich sie style. Dazu hat sie kein Recht. Ich würde das auch nie bei einem weißen Mädchen machen", sagt Kimiko Matsuda-Lawrence, die Initiatorin des Projekts "I, too, am Harvard".

Die Harvard-Studentin im zweiten Jahr schrieb auf Basis von 40 Interviews mit schwarzen Harvard-Studierenden ein Theaterstück – das im März aufgeführt wurde –, sie fotografierte 63 Kommilitonen, die ihre schlimmsten Schmähungen auf Tafeln schrieben und stellte sie dann auf die Blogging-Plattform Tumblr. "Unsere Stimmen werden am Campus oft nicht gehört, unsere Erfahrungen abgewertet und unsere Präsenz infrage gestellt – dieses Projekt ist unsere Art zu sagen: Wir sind hier. Dieser Ort gehört auch uns", steht auf der Webseite geschrieben. Die Fotoserie wurde seit Anfang März millionenfach angeklickt.

Uni und Diskriminierung

Das Thema Universität und Diskriminierung wird in den USA derzeit stark diskutiert: Erst vergangene Woche hat der Oberste Gerichtshof in Michigan einen Volksentscheid von 2006 bestätigt, der die positive Diskriminierung (im Englischen "Affirmative Action"), also die gezielte Förderung von Minderheiten, kippte. In einer Erläuterung des Urteils erklärte der Bundesrichter Antonin Scalia, dass es ,"heiß umstritten" sei, ob Sonderförderung überhaupt "je im Interesse einer ethnischen Minderheit sei". Sein Kollege Anthony Kennedy meinte, dass positive Diskriminierung die Quelle jener rassistisch motivierten Ressentiments und Feindseligkeiten seien, die die Nation hinter sich zu lassen versuche.

Bürgerrechtsorganisationen sind entzürnt und befürchten die Marginalisierung der schwarzen Bevölkerung. Ungleichheit und Ungleichgewicht sei in den USA noch immer ein Problem. Die Entscheidung sei „ein Rückschritt im Streben nach mehr Diversität in Michigan“. Besonders afroamerikanische junge Menschen, aber auch Latinos, sind an amerikanischen Universitäten in der Minderheit. Seit mit dem Volksentscheid 2006 die Fördermaßnahme an öffentlichen Hochschulen verboten wurde, sei der Anteil von Minderheiten unter den Studenten drastisch gesunken. Die New York Times recherchierte einen Rückgang von 25 Prozent.

Auch in Österreich sind Studierende mit ausländischen Wurzeln mit Diskriminierung konfrontiert, wie Bernhard Lahner vom Vorsitzteam der ÖH-Bundesvertretung erzählt: "Natürlich kommen sehr viele Studierende zu uns in die Beratung, mit Problemen, wo sie sich sehr benachteiligt fühlen. Sie fühlen sich diskriminiert, dass sie kaum einen Anspruch auf finanzielle Hilfen und Vergünstigungen im öffentlichen Nahverkehr haben würden." Auch die teilweise hohen Studiengebühren und der Umstand, dass Studierende aus Drittstaaten im Bachelorstudium maximal zehn Stunden in der Woche arbeiten dürfen, seien sehr belastend. Lahner: "Auch im Uni-Alltag kommt es zu direkten oder indirekten rassistischen Äußerungen und Übergriffen. Von solchen Vorfällen gibt es nur leider kaum Aufzeichnungen." Das sei vor allem darauf zurückzuführen, dass Studierende oft nicht wissen, dass an jeder Universität ein Gleichbehandlungsausschuss eingerichtet ist, an den man sich in solchen Fällen wenden könne.

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