"Gute Karrierechancen"

Alexander Keßler
Alexander Keßler vom Forschungsinstitut für Familienunternehmen an der WU über brandneue Studienergebnisse und die Vor- und Nachteile externer Mitarbeiter in eigentümergeführten Betrieben.

KURIER: Was unterscheidet Familienunternehmen von nicht familiär geführten Konzernen?

Alexander Keßler: Zu diesem Thema haben wir im Rahmen eines großen Forschungsprojekts 672 Familienunternehmen befragt. Die Ergebnisse wurde vor wenigen Tagen veröffentlicht, sie beschreiben, was Familienbetriebe ausmacht. Das sind: Eigentum, Führung und Kontrolle ist in einer Hand; von Familienmitglieder wird ein bestimmtes Leistungsniveau erwartet; die Familienmitglieder tauschen regelmäßig Informationen aus; es wird generationenübergreifend gedacht und gehandelt; es gibt eine besondere Verbundenheit zwischen Familie und Mitarbeitern; soziales Engagement spielt eine große Rolle.

Welche Bedeutung haben Familienunternehmen für die österreichische Wirtschaft?

Der Anteil der Familienbetriebe an den Unternehmen ist in ganz Europa hoch, in Südeuropa aber höher als in Mittel- und Nordeuropa. In Österreich spielen Familienbetriebe eine wichtige Rolle in der Nahversorgung, vor allem im ländlichen Raum, und in der Kundennähe.

Hat sich die Bedeutung verändert?

Die österreichische Mentalität ist grundsätzlich nicht sehr unternehmerfreundlich. Man will lieber einen sicheren Beamtenjob. Aber die Bedeutung hat sich in den vergangenen Jahren deutlich geändert. Heute steht Unternehmertum hoch im Kurs, davon profitieren vor allem kleine Firmen und Familienbetriebe.

Welche Vorteile bieten Familienunternehmen aus Mitarbeitersicht?

Familienunternehmen sind in der Regel langfristig orientiert. Die Mitarbeiter-Fluktuation ist gering, es gibt eine verlässliche Stammmannschaft. Auch in Krisenzeiten wird versucht, die Arbeitsplätze zu sichern. Es gibt generell wenig sprunghafte Entscheidungen der Manager. Die Familie als einziger Entscheidungsträger sorgt für Orientierung und Vorhersehbarkeit, ein Vorteil für Mitarbeiter. Die Chefs in Familienbetrieben dehnen die familiäre Fürsorgepflicht häufig auch auf die externen Mitarbeiter aus. So wird zum Beispiel akzeptiert, dass der Mitarbeiter wegen Betreuungsproblemen auch einmal ausfällt. Die Identifikation der Mitarbeiter mit der Firma ist größer als bei nicht eigentümergeführten Unternehmen. Je kleiner die Firma, desto informeller geht es dort zu.

Wie gut sind die Karrierechancen für die Mitarbeiter?

In eigentümergeführten Unternehmen sind die Karrierechancen sehr gut, dasselbe gilt für die Möglichkeiten zur Weiterentwicklung. Außerdem kann es passieren, dass ein guter Mitarbeiter in Ermangelungen von familiären Nachfolgern sogar den Betrieb übernehmen kann. Die Mitarbeiter müssen keine Gehaltsabstriche im Vergleich zu nicht eigentümergeführten Firmen hinnehmen.

Und welche Nachteile sehen Sie?

Neue Mitarbeiter können sich mit ihren Ideen in familiären Unternehmen oft weniger leicht durchsetzen. Innovationen gehen meist von der Familie aus, die externen Mitarbeiter kümmern sich hingegen um das Tagesgeschäft. Dadurch, dass die wichtigsten Positionen in der Regel durch Familienmitglieder besetzt werden, sind die Aufstiegschancen für externe Mitarbeiter beschränkt, Familienmitglieder werden meist begünstigt. Hinzu kommt: Häufig wird auch von den externen Mitarbeitern Mehrarbeit verlangt, wenn es die Auftragslage erfordert. Viele Mitarbeiter bieten dies aus Identifikation mit der Firma sogar selbst an.

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