Gründerin auf zwei Kontinenten

Seriengründerin Eve Büchner pendelt zwischen Potsdam, Miami und dem Silicon Valley. Auf dem Bild ist sie in ihrem Office in Potsdam – ihre 40 Mitarbeiter sind auf der ganzen Welt verstreut.
Eve Büchner gründet im Jänner ihr viertes Start-up. Grenzen gibt es für sie nicht.

Eve Büchner pendelt zwischen Potsdam, Miami und dem Silicon Valley. Für längere Aufenthalte nimmt sie ihre Kinder mit. Dann sieht ihr Tag so aus: Die Kinder in die Schule und den Kindergarten bringen, Termine wahrnehmen, Kinder abholen und mit ihnen Zeit verbringen. Ab 21 Uhr sitzt sie wieder vor ihrem Computer. Ein Lebensstil, der auf Dauer nicht durchzuhalten ist, sagt sie. "Ich muss meine Work-Life-Balance besser hinbekommen, muss abgeben, das habe ich bisher nicht."

Dennoch: Eve Büchner zählt zu jenen Menschen, die ein unverschämt hohes Energiereservoir haben: Drei Kinder und drei Start-ups. Und damit nicht genug: Bald kommt das vierte. Start-up, nicht Kind. Der Name: switch.me – eine Live-Video-App. Es klingt unmöglich, all das zu schaffen.

Dass Eve Büchner Arbeit, Familie und Visionen trotzdem gleichermaßen will und auch schafft, liegt wahrscheinlich daran, dass sie nie aufgibt. Und sich keine gedanklichen Grenzen auferlegt. Auch sie ist unter Druck und manchmal gestresst, aber kann damit umgehen. Auch sie ist gescheitert, hat die Lehren daraus gezogen – und ist wieder aufgestanden.

Auf ein Neues

Die ehemaligen TV-Moderatorin Büchner scheiterte mit ihrem ersten Start-up: 2007, mit Anfang 30, gründete Büchner ihr erstes Unternehmen, auch damals namens switch.me. Schon vor acht Jahren versuchte sie das Start-up startklar zu machen, doch die Infrastruktur war noch nicht soweit.

Den ersten großen Erfolg hatte Büchner dann mit einer ganz anderen Idee: mit ihrem Start-up refund.me, das sich um die Entschädigung von Passagieren bei verspäteten Flügen kümmert. Sechs Monate sollte es 2012 dauern, bis die GmbH in Deutschland eingetragen war. Die Konsequenz: Sie gründete die amerikanische refund.me Group Inc., die sich im Fintech-Bereich bewegt, im amerikanischen Palo Alto. 40 Mitarbeiter hat sie mittlerweile. Ihre eigenen und auch fremde Start-ups finanziert sie mit der Venture Capital Gesellschaft quantumReality, die sie gemeinsam mit Partnern 2011 ins Leben gerufen hat.

Im Jänner wird nun die Beta-Version der neu gedachten switch.me-App auf den Markt kommen. Sie wird das neue Unternehmen wieder in den USA gründen. "Sechs Monate Wartezeit mache ich nicht noch einmal mit. Deutschland muss aufpassen, dass es nicht den Anschluss verliert", sagt sie. "Vielleicht hat es das ja schon."

Wer Start-ups und Investoren anziehen will, müsse auch die besten Rahmenbedingungen dafür schaffen.

Eve Büchner gründet nicht nur in den USA, weil sich die Mühlen in Deutschland für sie zu langsam drehen, sondern weil ein Großteil ihre Investoren und Partner in den USA sitzt. Zudem schätzt sie das vorherrschende Mindset: "Gerade im Silicon Valley ist man nicht so neidorientiert, sodass man produktiver und vor allem progressiver denken und arbeiten kann."

Gründerin auf zwei Kontinenten
Moritz Plassnig
Seit Februar 2013 wohnt und arbeitet Moritz Plassnig in der Universitätsstadt Boston. Bereits zwei Jahre nach der Gründung von Codeship, einer Software-Firma, die er gemeinsam mit 2011 mit Florian Motlink und Manuel Weiss gründete, zog er um. Seit Mitte 2015 ist auch ein Großteil der 20-köpfigen Belegschaft in den USA: „ Der amerikanische Markt ist wesentlich größer und es macht Sinn, dort zu sein, wo die relevanten Kunden und Investoren sitzen.“

Codeship gilt als eines der erfolgreichsten Start-ups aus Österreich: Bisher hat man 4,4 Millionen US-Dollar von Investoren eingenommen – 97 Prozent davon sind von amerikanischen Investoren oder Privatpersonen, die derzeit in den USA leben. „Als wir damals in Wien angefangen haben, gab es noch fast kein Risikokapital“, sagt Plassnig. Auch Venture-Kapital-Geber Speedinvest sei zu der Zeit noch relativ klein gewesen. Es ist ein Problem, das österreichische Start-ups auch heute noch beklagen: Das fehlende Risikokapital. Doch langsam tut sich etwas.

90 Mio. für Start-ups

Der größte Venture Kapital-Geber in Österreich ist Speedinvest rund um CEO Oliver Holle. Der Fonds stockte jüngst auf 90 Millionen Euro Investitionszusagen auf. Damit ist Speedinvest nicht nur in Österreich eine große Nummer, sondern in Zentraleuropa der mit Abstand höchstdotierte Frühphasen-Venture-Fonds.
Unter den Investoren finden sich Persönlichkeiten wie Hermann Hauser oder erfolgreiche Gründer wie Katharina Klausberger und Armin Strbac, die kürzlich einen großen Brocken ihrer Flohmarkt-App Shpock an den norwegischen Medienkonzern Schibsted abgegeben haben.

Auch die aws investiert in den Fonds, ebenso wie New Enterprise Associates, der größte Venture Capital Fonds der Welt. „90 Millionen privates Kapital für Start-ups sind ein enormes Rufzeichen zum Thema Innovation und Entrepreneurship in Österreich,“ sagt Oliver Holle. Investiert wird weiterhin vor allem in Start-ups in der Finanztechnologie und in digitale Kerntechnologien, der Schwerpunkt wird auf die Seed Phase (erste Finanzierungsphase, Anm.) gelegt. Pro Jahr sollen zehn bis 15 Neuinvestments mit einer Durchschnittssumme von 500.000 Euro umgesetzt werden. Moritz Plassnig hält diese Entwicklung für großartig: „Genau das muss passieren. Dann wird sich die Stimmung in Österreich mehr Richtung Unternehmertum ändern.“

Kommentare