Viel zu oft warten wir passiv darauf, dass uns Glück passiert. Dass es uns zufliegt, wie das viel zitierte Vogerl. Doch genau da liegt der Fehler, weiß Glückstrainerin Katharina Mühl. Sie verrät in ihrem soeben erschienenen Buch „Glückskompetenz“, was man selbst tun kann, um das Leben leichter zu nehmen. Und an jedem Tag mehr Freude zu empfinden.
KURIER: Um glücklich zu sein, steckt sich der Mensch Ziele. Nach dem Motto: Wenn ich meinen Traumjob habe, verheiratet oder wohlhabend bin, dann bin ich restlos glücklich. Ein Fehler?
Katharina Mühl: Das, was Sie beschreiben, nennt sich Ankunftsfehler. Durch diesen können wir unser Glück bis ans Sterbebett verschieben. Ich sehe Glück aber nicht als Ziel in der Zukunft, das wir irgendwann erreichen. Der Weg dahin darf uns auch schon glücklich machen.
Trotzdem definieren wir oft gar nicht, was wir für unser Glück wirklich brauchen.
Absolut. Wir sind sehr gut darin, zu wissen, was wir nicht wollen. Frage ich nach, was man stattdessen will, sind viele ratlos.
Also sollten wir anfangen, eine Definition zu finden.
Ich frage mich, bewusst naiv und ungläubig, wieso Menschen nicht in der Früh aufwachen und sich überlegen: Was mache ich heute Freudvolles? Ich kann wirklich nicht glauben, dass das nicht jeder macht. Sich die Frage stellt: Was plane ich heute Schönes oder wo setze ich meine Stärken ein?
Ist das der erste Schritt zu mehr Glück? Eine Art Glückstagesplan?
Genau, das muss gar nichts Großes sein. Das kann auch ein Spaziergang in der Mittagspause sein. Wir wissen ja, was uns guttut. Je öfter wir unseren inneren Schweinehund überwinden, desto stolzer sind wir auf uns. Stolz ist ein unglaublich schönes Gefühl, es ist Wertschätzung nach innen.
Gibt es weitere wirkungsvolle, aber unaufwendige Methoden für etwas mehr Unbeschwertheit?
Wir könnten in beruflichen Runden beginnen, gute Nachrichten zu erzählen. Ich finde es spannend, was passiert, wenn wir uns nicht am kollektiven „alles ist mies“ beteiligen.
Woher weiß man eigentlich, dass man glücklich ist? Braucht es dieses leichte, beschwingte Gefühl im Alltag?
Wir sollten unterscheiden zwischen Glück und Zufriedenheit. Ein Glücksmoment ist ein kurzes, intensives Hochgefühl. Das habe ich vielleicht ein paar Minuten. Zufriedenheit ist etwas länger Andauerndes. Viele meiner Kunden beschreiben, dass sie sich diese beschwingte Leichtigkeit wünschen. Das Gefühl, in der Früh aufzuwachen und sich auf den Tag zu freuen.
Sind die Erwartungen zu hoch gesteckt?
Nein, finde ich nicht. Wir dürfen uns alle ein bisschen Kind zurückholen. Das schließt sich nicht aus: Ich kann in meiner kompletten Verantwortung ein Erwachsener sein und dadurch selbst dafür sorgen, schöne, leichte Momente zu erleben. Was viele Menschen davon abhält, ist oft etwas ganz Banales: Sie achten zu wenig auf ihre Grundbedürfnisse. Schlafe ich zu wenig, esse ich nicht genug, mache ich zu wenig Bewegung oder umgebe mich selten mit Menschen, die mir guttun, bin ich so dermaßen in einem Mangel, dass es mir schwerfällt, schöne Sachen überhaupt wahrzunehmen.
Man kann sich dazu entscheiden, glücklich zu sein, sagen sie. Läuft man nicht Gefahr, sich selbst etwas vorzumachen?
Ja, es ist ganz wesentlich, hinzuspüren. Wenn eine Traurigkeit oder ein negatives Gefühl da ist, darf ich herausfinden, was will es mir sagen? Vielleicht fehlt mir Wertschätzung oder Anerkennung und dann darf ich das auch so wahrnehmen. Es ist ein Erkenntnisgewinn. Ich kann mir bewusst machen: Was kann ich an dieser Situation verändern oder, falls nötig, wie kann ich die Situation verlassen?
Glücklichsein ist trainierbar, sind Sie überzeugt. Wie intensiv muss ich denn trainieren?
Die Worte „muss“ und „Glück“ passen nicht zusammen. Gezwungenes Glück funktioniert nicht. Das würde einen Glücksdruck erzeugen und das ganze Konzept ad absurdum führen. Es geht mehr um die Frage: Was will ich, was möchte ich? Was ist das Ziel für mein Leben, welche Stärken habe ich? Da ist mein Tipp, sich jeden Tag ein bisschen besser kennenzulernen.
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