Gemeinschaftsbüro mit Nanny

Nachwuchs im LOFFICE: Betti Brachmann (oben mit Tochter Emma) und Kata Klementz richten im Herbst eine Kindergruppe ein
In Wien eröffnet im Herbst das erste Co-working-Büro mit Kinderbetreuung.

Es war ihre Mutter, die Kata Klementz auf die Idee brachte. "Du musst an deine zukünftigen Kinder denken", sagte sie.

Kinder, die gehen sich für Kata Klementz eigentlich gar nicht aus, sagt sie. Als Unternehmerin arbeitet die gebürtige Ungarin 16 Stunden am Tag, in Budapest stampfte sie mit ihrer Schwester Panni vor fünf Jahren ein Co-Working-Büro aus dem Boden, 2011 eröffnete sie das LOFFICE in Wien-Neubau. Um 290 Euro im Monat mieten sich hier Einzelunternehmer ein – Anwälte, junge Kreative, Webdesigner, Journalisten.

Kinder will Kata Klementz unbedingt, doch: "Die Kinderbetreuung für Unter-Dreijährige ist in Österreich schlecht ausgebaut", erzählt die 32-Jährige via Skype, im Budapester Co-Working-Office sitzend. Nur rund 20 Prozent der Unter-Dreijährigen werden in Österreich extern betreut, mit Kleinkindern kämen Selbstständige also rasch an ihre Grenzen. Deswegen baut Kata Klementz das Wiener LOFFICE gerade aus: Mit Freundin Betti Brachmann hat sie "CoworKid", Wiens erstes Gemeinschaftsbüro mit Kindergruppe, gegründet. "Gründerinnen brauchen keine Angst mehr haben, dass es ohne Kind nicht weitergeht", sagt Klementz.

Betti Brachmann, Mutter der 19 Monate alten Emma, verdiente vor ihrer Elternkarenz im internationalen Verkauf der Logistikbranche gutes Geld. "Danach wollte ich einen Job, den ich von Herzen mache", erzählt die 33-Jährige, als wir im LOFFICE auf dem gestreiften Sofa von Kata Klementz’ Oma beim Skype-Gespräch sitzen. Mit der Betreuung ihres Kindes hatte sie Glück: Seit November besucht Emma den Betriebskindergarten in der Firma ihres Mannes. "Ohne Großeltern in der Nähe wäre es sonst schwierig gewesen, eine Betreuung zu finden."

Das LOFFICE sieht schon kindgerecht aus, zumindest was das Design betrifft. Im unteren Stockwerk des Lofts sind die hellen Event-Räume, in denen externe Firmen Workshops abhalten können, mit Möbeln junger Designer bestückt – Sessel in Kuhfelloptik, bunte Gemälde. In der oberen Etage arbeiten die Unternehmer. Ab Herbst kommen 260 Quadratmeter dazu, Eltern können dort 14 bis 20 Arbeitsstationen mieten. In Nebenräumen werden ihre Kleinkinder von Pädagoginnen ganztags betreut. "Mit dreifachen Schallschutzwänden getrennt", lacht Kata Klementz, "das muss sein." Wert legen die beiden auf eine hochwertige Betreuung: "Wir wollen Montessori-Pädagogik mit viel Bewegung, Kinderbetreuung auf Englisch und Deutsch und Bio-Essen anbieten", sagt Brachmann. 14 bis 28 Kinder werden aufgenommen, ein Betreuungsplatz kostet 290 Euro.

CoworKid will mehr sein als nur ein Arbeitsplatz samt Kinderbetreuung. "Wir wollen eine Community aufbauen, in der sich die Eltern gegenseitig fachlich helfen und Freundschaften knüpfen", sagt Kata Klementz. Themenabende für die Eltern, eine Stillecke für Unternehmerinnen mit Baby, Networking Events mit Kooperationspartnern sind geplant.

Trotzdem weitergemacht

Die Gründerinnen sind voller Tatendrang, obwohl sie einige Rückschläge erlitten haben. "Wir haben mit viel mehr öffentlichen Förderungen gerechnet", sagt Betti Brachmann enttäuscht. "Wir waren überall, wurden von einem Ministerium zum nächsten gereicht. Ständig wird mit dem Schlagwort Vereinbarkeit geworben, doch wenn man sie ermöglichen will, wird man überhaupt nicht unterstützt." Auch Kata Klementz versteht nicht, warum die Behörden so wenig Interesse an CoworKid zeigen: "Unser Modell gab es noch nicht, es könnte in Wien ein Vorzeigemodell sein." Die 40.000 Euro für den Ausbau des Büros sponsern sie also aus eigener Tasche. Immerhin bekommen sie einen finanziellen Zuschuss pro Kind.

Eltern können sich ab sofort für Job- und Kinderplätze anmelden (www.loffice.at): Die ersten Mieter sind ein Fotografenpaar und seine acht Monate alte Tochter.

1. Gründe zu zweit. Wir geben einander gegenseitig Kraft und Unterstützung, wenn es schwierig wird. Das ist wichtig. Wir arbeiten seit Jänner ohne Gehalt, da braucht man Rückhalt.

2. Verlass dich nicht auf öffentliche Förderungen. Investiere lieber dein eigenes Geld. Wenn du das nicht hast, lege dir ausreichend Geld für deine Gründung zur Seite. Wir haben mit viel mehr positiver Resonanz bei den öffentlichen Förderungen gerechnet, das war leider ein Irrtum.

3. Entwickle ein ordentliches Finanzkonzept für dein Unternehmen – mit einer langen Excel-Tabelle. Es soll auf lange Sicht auf eine positive Finanzlage deines Unternehmens ausgerichtet sein. In unserem Fall kostet der Umbau 30.000 bis 40.000 Euro, dazu kommen hohe Mietkosten.

4. Hole so viele Infos zur Gründung wie möglich ein – bei Gründerservices, der Wirtschaftsagentur, der Baupolizei, wenn du umbauen willst und so weiter. Und tu das immer telefonisch. Warte nicht auf eMails der Bürokraten, das kann lange dauern. Gut ist auch, so menschlich wie möglich mit ihnen zu sprechen – dann gehen sie auch eher auf einen zu.

5. Halte durch. Wenn man ein Unternehmen gründet, kommt jeden Tag etwas Neues auf einen zu, mit dem man nicht gerechnet hat. Mit der richtigen Einstellung geht es leichter: Wir sehen keine Probleme, sondern Herausforderungen. Und wir tun das, was wir tun, von Herzen. Wir sind ein Teil der neuen Arbeitswelt.

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