Erst Installateur, jetzt Parfümeur
Montag Morgen. Noch ist das „Le Parfum“ geschlossen. Den Herrn im feinen Wollmantel kümmert die Tafel mit den Öffnungszeiten wenig, ungeduldig hämmert er gegen das Schaufenster. Heinz Draxl, drinnen hinter der prunkvollen weißen Rokoko-Theke, zeigt ihm seine Armbanduhr, ruft: „Um zehn Uhr!“ Der Herr draußen macht eine wütende Geste mit der Faust.
Es ist zwanzig vor zehn und bald werden Dutzende Kunden das kleine, noble Parfümfachgeschäft stürmen. Filialleiter Heinz Draxl hat in der Vorweihnachtszeit viel zu tun. Der gelernte Elektroinstallateur hat in einer nach Rose, Ylang Ylang und Bergamotte duftenden Welt seine Berufung gefunden. Auf 28 Quadratmetern sind exklusive Parfümkreationen der ganzen Welt versammelt. Am häufigsten wandert „Amouage“ über die Theke, das einst der Sultan von Oman kreieren ließ. Und „Teint de Neige“ von Lorenzo Villoresi.
Wie war der letzte vorweihnachtliche Einkaufssamstag?
Besser denn je, ein Wahnsinn. Ich bin 28 Jahre in dem Beruf, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. Die Leute kaufen, als gäbe es kein Morgen. Wir hatten am Samstag 150 Kunden.
Wer kauft bei Ihnen?
Unsere Kunden sind zu einem Drittel Touristen. Damen und Herren halten sich bei uns die Waage. Duftfreaks, die etwas Spezielles wollen, gibt es bei Herren wie bei Damen.
Wie läuft Ihr Tag ab?
Ich sperre um zehn Uhr das Geschäft auf. Wir verkaufen, übernehmen die Ware, sperren um 19 Uhr zu, machen dann in Ruhe die Kassa.
Sie waren Elektroinstallateur. Wie sind Sie in die Parfümerie gekommen?
Mit 25 Jahren bin ich in die Kosmetikbranche gerutscht. In Wohnnähe hatte ich einen Interspar, da gab es Ellen Betrix, Max Factor. Dort habe ich mich mit den Mädels vom Verkauf angefreundet, habe für Promotions ausgeholfen. Dann wurde ich bei Ellen Betrix angestellt, zwölf Jahre später bin ich in die Parfümsparte gewechselt.
Wie wählen Sie das exklusive Sortiment aus?
Das Marketing kümmert sich um das Sortiment. Und wenn mir auf Reisen ein Parfüm auffällt, nehme ich es mit und organisiere den Vertrieb.
Wonach werden die Düfte fürs Sortiment ausgewählt?
Danach, ob sie zu uns passen. Wir achten auf Nischenmarken, schauen, dass wir damit österreichweit allein sind.
Ihr Lieblingsduft?
Ich mag frische Düfte und das Gourmetartige – Tonkabohne, Schokolade oder Karamell.
Welche Fähigkeiten braucht ein Parfümberater?Einfühlungsvermögen, Geduld. Verkauf ist eine Gabe, nur bis zum gewissen Grad erlernbar. Der Job ist beratungsintensiv, jeder Duft hat eine Geschichte. Viele Kunden erzählen Privates. Man ist immer auch ein kleiner Arzt, ein bisserl Psychiater und Mutter Teresa.
Wie finden Sie den passenden Duft für Ihre Kunden?
Ich frage, ob sie sportlich sind oder elegant, welche Farben sie mögen, welche Haarfarbe die Dame hat, wenn es um ein Geschenk geht. Das sagt viel aus über ihren Geschmack.
Was mögen Sie am meisten am Job?
Der Umgang mit den Leuten. Und dass die Düfte etwas ganz Spezielles sind.
Was nicht?Ungeduldige Kunden.
Was wollten Sie als Kind werden?Koch, Friseur oder Modedesigner. Etwas Kreatives.
Wie viel verdienen Sie?
Das Gehalt ist in Ordnung.
Heinz Draxl, 53, lernte auf Anraten seines Vaters Elektroinstallateur. Im Alter von 25 Jahren wechselte er in die Kosmetikbranche, war zwölf Jahre für Ellen Betrix tätig. Anschließend ging er in den Verkauf zur Parfümeriekette Douglas, wo er fünf Jahre tätig war. Nach weiteren Jahren bei Givenchy trat Heinz Draxl im Oktober 2006 seine Stelle als Filialleiter im damals neu eröffneten „Le Parfum“ am Petersplatz 3 in der Wiener Innenstadt an.
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