Erfolg kommt mit dem Glück der anderen
Sie ist die Tochter des bekannten Glücksforschers Herbert Laszlo, der 2009 verstorben ist. Sonia Laszlo führt nun mit dem Buch "Fuck Happiness" sein letztes Projekt zu Ende. Das Buch hat sie aus "Pflichtbewusstsein gegenüber dem Vater" geschrieben. Der gesellschaftliche Zwang zum Glück und das Streben nach immer mehr machen unglücklich, sagt die Jungautorin. Auch im Job.
KURIER: Was hätte Ihr Vater wohl zum Buchtitel gesagt?
Sonia Laszlo: Er hätte sicher lauthals gelacht. Und gesagt: Das ist meine Tochter.
Sie sagen: Es gibt den gesellschaftlichen Zwang zum Glücklichsein. Denken Sie da anders als Ihr Vater?
Mein Vater kommt aus der Kriegsgeneration, die glücklich war, überlebt zu haben. Seine Generation strebte zu Recht nach einem Mehr. Die heutige Generation lebt in einem Zuviel, einer Überforderung.
Inwieweit sind wir überfordert?
Wir leben in einer Welt, die uns überflutet – nicht mit Qualität, sondern mit Quantität. Aber egal wie wir uns drehen und wenden, unsere Aufmerksamkeit bleibt beschränkt. Das führt zu Stress.
Eine Studie von Deloitte hat ergeben: Drei Jahre nach der Beförderung ist man unzufriedener als zuvor – wegen erhöhtem Stress und weniger Zeit. Sehen Sie das auch so?
Genau das sagt mein Buchtitel. Wir müssen aus dem Radl aussteigen. Natürlich streben wir alle nach Erfolg, das ist gut –, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Es gibt da einen Versuch mit Affen: Man hat ihnen Äpfel verabreicht und sie waren glücklich. Dann haben sie Rosinen bekommen – sie waren völlig aus der Fassung – und hat sie ihnen wieder weggenommen. Und sie waren unglücklicher als zuvor. Auch der Mensch passt sich an das Glück an. Glück ist das Werkzeug der Evolution.
Aber Glück ist ja auch ein Motivator für Weiterentwicklung?
In gesundem Maße schon. Wir brauchen Glück. Aber der momentane Trend ist: Wir sind davon überschüttet.
Wie dem entkommen?
Wir vergleichen uns mit Höchstwerten, mit anderen, die es besser machen. Und sind dann unglücklich. Der beste Weg, sich zu vergleichen, ist aber mit dem Menschen, der ich gestern war, und dem Menschen, der ich morgen sein möchte. Alles andere sollte man als Inspiration nehmen.
Ihr Vater wurde als Journalist von einer Zeitung gekündigt, später hat er sie gekauft. Ist Scheitern eine Bedingung für Glück?
Scheitern ist wichtig, geht dem Erfolg voran. Wir haben alle diese Wunschlisten – für den Job, den Partner. Ich sollte sie als Rahmen sehen, aber nicht als Anspruch mit dem Gefühl, dass man das verdient hätte. Anspruchsdenken ist ja eine Erwartung kombiniert mit dem Recht auf diese Sache. Das macht unglücklich. Die Frage ist, was habe ich erwartet? Die beiden Wurzeln des Unglücks sind: "Ich erwarte" und "dass du mir XY gibst".
Versager ist man erst, wenn man aufgibt, sagen Sie. Viele fühlen sich aber so, z. B. wenn sie gekündigt werden.
Sie sollten sich sagen, sie hatten den Job, das war ein Ziel, und jetzt kommt etwas Neues. Das innere Stehaufmanderl ist wichtig: sich aufrichten und weitergehen. Das ist Resilienz. Sie ist eine Basis von Glück und Erfolg. Um erfolgreich zu sein, muss ich schauen: Wo überschneidet sich das, was mich glücklich macht, mit dem, was andere glücklich macht – z. B. wenn ich das beste Computerprogramm der Welt erfinde, das jeder will.
Unternehmen achten doch mehr auf ihre Mitarbeiter – mit Work-Life-Balance, flexibleren Arbeitszeiten?
Achtung – wir passen uns schnell an die guten Bedingungen an. Ich muss dann einmal sagen: Ich bin damit zufrieden. Und nicht: Ich will noch mehr.
Und wenn man im Job unglücklich ist?
Mein Vater hat die "Optimalbelastung" begründet. Ich muss schauen: Wie ist mein Anforderungsprofil? Das kann ich dann mit dem Belastungsprofil des Jobs vergleichen. Passt das nicht zusammen, muss ich mir einen anderen Job suchen – oder meine Einstellung ändern. Wir sollten glücksunabhängig leben, zufriedener sein. Denn zum Glück gehört nun einmal das Unglück.
Sonia Laszlo: Glücksforscherin Junior
Zur Person Sonia Laszlo ist Mitglied im IFEG (Institut für Europäische Glücksforschung) und Gastreferentin an der Universität Wien mit dem Schwerpunkt Anthropologie des Glücks . Ihre Dissertation schreibt die Kommunikationswissenschaftlerin zum Thema Glück und Film. Laszlo ist auch als Schauspielerin und Model tätig.
Buch "Fuck Happiness – Von der Tyrannei des Glücks".
Erschienen im Goldegg Verlag, € 21,40.
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