EM 24: Was sich Manager vom Profi-Fußball abschauen sollten
Jonas Puck ist Professor an der WU-Wien, bekennender Fußballfan und weiß, worauf es in Management-Fragen ankommt. Anlässlich der Europameisterschaft 2024 hat er sich angesehen, was sich Führungskräfte und Manager von unserer Nationalelf abschauen können. Und ganz speziell von Trainer Ralf Rangnick.
Sie haben sich anlässlich der EM 2024 die Verbindung zwischen Profi-Fußball und Management angesehen. Gibt es denn eine?
Man kann vom Fußball sehr viel lernen, weil man Leistung dort viel besser sehen kann. Das Spiel dauert 90 Minuten und diese 90 Minuten zählen. Das ist vergleichbar mit einem Meeting in der Business-Welt, nur kann ich beim Fußball von jedem Spieler jede Bewegung, jeden Fehler, seine Herzrate und sein Anstrengungslevel erfahren. Und habe daher viel mehr Informationen zur Verfügung, als das in einem Meeting jemals möglich wäre. Daher ist Fußball so praktisch, um Parallelen für das Management herauszuziehen. Auch weil wahnsinnig viel Geld dahintersteckt.
Welche ist die spannendste Erkenntnis, die Sie aus Ihrer Analyse gewonnen haben?
Das Thema Diversität. Liegt man im Fußball zurück und will das Spiel gewinnen, lohnt es sich, die Diversität im Team zu erhöhen. Weil es in der Tat so ist, dass die Wahrscheinlichkeit auf ein eigenes Tor steigt. Die Menschen sind durch ihre Hintergründe anders gepolt, haben andere Dinge erlebt und bringen in der Folge auch andere Lösungsmöglichkeiten mit aufs Spielfeld.
Was kann sich der Chef oder die Führungskraft vom Trainer einer Mannschaft abschauen?
In der Managementforschung ist es immer schwierig, empirisch darzustellen, dass sich ein guter Teamleiter positiv auf das Team auswirkt. Im Fußball können wir aber deutlich zeigen, dass der Manager eine wirkliche Rolle spielt. Etwa indem er einzelne Spieler austauscht und so das Team zum Erfolg führt. Manager mit besonders großen Erfahrungswerten funktionieren in solchen Momenten einfach besser als andere.
Was lernen wir aus dem Umgang mit Erfolgen und Niederlagen?
Es gibt wahrscheinlich keinen einzigen Fußballer, der noch nie eine Niederlage erlitten hat. Sportler haben einen viel intensiveren Kontakt mit negativen Erfolgserlebnissen und entwickeln Strategien, um mit diesen umzugehen. Häufig sind sie deshalb viel seltener nur durch Siege motiviert, sondern viel stärker durch das Spiel und die Partizipation. Daraus kann man auch als Manager viel ziehen. Man managt ja nicht nur, um am Ende die Erfolge zu feiern, sondern auch weil der Prozess dorthin und die Entscheidungsmomente und die Zusammenarbeit mit Menschen erfüllen.
Sollte man sich trotzdem immer das Ziel setzen, zu gewinnen oder Erfolg zu haben?
Man sollte sich das Ziel setzen, das Beste zu geben. Da gehört auch der Gedanke an einen Sieg, an einen Pokal oder Erfolg dazu. Gleichzeitig kann man sich trotzdem ziemlich sicher sein, dass es immer jemand anderes geben wird, der es noch besser kann als man selbst. Diese Erfahrung macht man im Sport sehr schnell. Aber man macht auch die Erfahrung, dass sich das genauso schnell wieder ändern kann.
In jedem Team gibt es Zugpferde. Wie bereitet man sich darauf vor, sollten welche ausfallen?
In Momenten, wo Leistungsträger ausfallen, entsteht ein Vakuum. Aus diesem kann sich etwas Neues, unglaublich Gutes entwickeln. Es braucht einen guten Manager an der Seite, der den Prozess mit realistischen Anforderungen begleitet, die Situation von außen orchestriert. Ralf Rangnick (Österreichischer Nationaltrainer, Anm.) traue ich das zu. Gleichzeitig müssen alle im Team dafür offen und bereit sein, neue Rollen anzunehmen oder Verantwortung zu übernehmen.
Rangnick schlug das FC-Bayern-München-Angebot aus. Aber sollte man sich im Management nicht immer das beste oder prestigeträchtigste Angebot entscheiden?
Für Ralf Rangnick gab es sicher einige Umfeldfaktoren, die bei dieser Entscheidung eine große Rolle gespielt haben. Aber es zeigt eine große Wertschätzung gegenüber der aktuellen Aufgabe. Er muss das Gefühl haben, dass das Team etwas erreichen kann, und das ist der spannende Teil. Weil es die Leute intern motiviert. Bleibt der Trainer und geht nicht zu Bayern München, lohnt es sich auch für den Einzelnen, alles zu geben.
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