Eiskunst auf Griechisch-Italienisch
Eine Kuh, mit sehr zufriedenem Blick, macht auf das neue Lokal in der Schleifmühlgasse aufmerksam. Sie schwebt auf einem Schild mit grüner Blumenwiese – "lamuccamica" steht darüber, übersetzt "die freundliche Kuh". Seit zwei Wochen gibt es hier im 4. Bezirk bis spät in die Nacht hervorragende Eiscreme.
Das Lokal ist wirklich winzig: Es ist kaum breiter als die Eingangstüre, drei kurze Schritte ab der Schwelle steht man vor der Eisvitrine. Vor Thomas Toffoletti (italienischer geht’s nicht) und Michaela J. Papas (griechischer geht’s auch nicht), den stolzen Inhabern der Gelateria Artigianale, der Eismanufaktur.
Weil die Entscheidung vor der Vitrine schwer fällt und Thomas Toffoletti ein Menschenkenner ist, reicht er kleine bunte Plastiklöffel mit Kostproben: Gianduia Oro ist das Nougat Gold, Nocciola I.G.P. Piemonte, eine Spezial-Haselnuss aus dem Piemont, Cioccolato di Santo Domingo, Pura Vaniglia, die Pfirsichcreme Fior di Pesca oder Cioccolato Bianco – zehn Sorten sind dauerhaft im Sortiment, derzeit kann zwischen 16 gewählt werden. Toffoletti verwendet für seine Eiscreme ausschließlich Biomilch und -Obers aus dem Waldviertel und importiert nur die besten Zutaten aus Italien. Konkret von Pernigotti – einer legendären Eis- und Dessertmanufaktur, wo Eismacher auch ausgebildet und Zutaten produziert werden. Dort lernte auch Thomas Toffoletti.
Heiße Liebe
Beide haben enorme Erfahrung in der Gastronomie gesammelt: Toffoletti stammt aus Norditalien, aus Udine, erlernte die Eiskunst, öffnete seine eigene Gelateria, ging 2008 nach Wien. Er arbeitete bei Bortolotti, bei Zanoni & Zanoni, bei Papas Spezialitäten am Naschmarkt. Eine seiner Kolleginnen: Michaela J. Papas, Nichte des Eigentümers mit griechischen Wurzeln. Aus Kollegen wurde 2011 ein Liebespaar.
Michaela J. Papas stammt aus einer Gastro-Familie und arbeitet nach wie vor in einem italienischen Kaffeehaus im ersten Bezirk. Sich mit einem eigenen Lokal selbstständig zu machen war die logische Folge beider Biografien: "Wir haben viel gastronomische Erfahrung in der Familie und haben alles, was wir wissen, von ihnen gelernt.Wir sind an den Punkt gekommen, wo wir unser Wissen auch nützen müssen", sagt die 24-Jährige.
Vor einem Jahr begannen sie das gemeinsame Projekt zu planen – sie haben alles durchdacht und sehr genau kalkuliert. Sie wollten nur etwas Kleines, Hauptsache etwas Eigenes, in guter Lage. Dass sie das Lokal in der Schleifmühlgasse im Herzen des Freihausviertels gefunden und bekommen haben, ist ähnlich großartig wie ein Lotto-Gewinn. Ab dann ging alles sehr schnell: Erst Anfang April kam die italienische Familie nach Wien, um bei der Renovierung zu helfen.
In der Nachbarschaft haben sie einen Startvorteil: Bevor die Hausnummer 11 zu einem Eisgeschäft wurde, war hier die Aruba Bar beheimatet – ein Nachtclub, der nur Männer ansprach. Die Nachbarn, eine bunte Mischung aus Pub, Restaurants, Kochbuch-Geschäft, Friseur und Galerie sind zufrieden mit dem Neuen im Grätzl. "Das Einzige, das in der Schleifmühlgasse noch gefehlt hat, ist ein Eisgeschäft", sollen viele Menschen schon zu ihnen gesagt haben. "Wir sind wie ein kleines Dorf – helfen einander", sagt Toffoletti. Aber man war schon etwas überrascht, ob der Freundlichkeit. Im Kleinen scheint die österreichische Mentalität der italienischen gar nicht so unähnlich zu sein: Im Mikrokosmos Schleifmühlgasse, auf rund 200 Metern, hält man zusammen, da ist Platz für viele.
Bleibt noch eine Frage: Was macht eine Gelateria im Winter? Ideen haben Michaela J. Papas und Thomas Toffoletti. Warme Schokocreme zum Beispiel – wie es sie in Italien gibt, aber in Österreich noch nicht. Und echte Dolce. Doch entscheiden werden die beiden die weitere Zukunft erst in drei Monaten. Nach dem Sommer. Von ihm hoffen sie, dass er heiß wird.
1. Nicht zu viel vornehmen und nicht zu viele Sachen auf einmal machen, alles der Reihe nach angehen.
2. Lang planen und alle Möglichkeiten durchdenken. Wir haben vor einem Jahr begonnen zu planen. Haben dann zum Glück das Lokal in der Schleifmühlgasse bekommen – es gab mehrere Bewerber. Dann ging alles sehr schnell: Ab 11. April haben wir das Lokal selbst renoviert, vor zwei Wochen haben wir aufgesperrt und jetzt, wo es endlich warm ist, geht auch das Geschäft endlich los. In drei Monaten werden wir sehen, wie es weitergeht.
3. Ein Motto zu definieren und dabei zu bleiben ist sehr sehr wichtig.
4. Immer mit höheren Kosten rechnen, als geplant – es kommen immer unvorhergesehene Kosten dazu.
5. Das Privatleben kommt, wenn man sich selbstständig macht, vor allem am Anfang zu kurz. Wir arbeiten zum Glück zusammen – und das sehr gut. Wir streiten auch gerne, das gehört dazu – sonst wird es langweilig. Aber wir schreien uns fünf Minuten an und dann ist es wieder gut.
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