Einfach und im grünen Bereich
Sie brauchen keine großen Innovationsförderung, kein Hightech-Labor und keine Forschungsgruppe. Diese Unternehmen denken öko und handeln sozial. Mit ganz einfachen Ideen wollen sie ihre Kunden dazu bringen, ein bisschen „grüner“ zu denken. Und ein wenig mitzuhelfen, die Welt zu retten.
Die Wiener Firma Goodville (siehe unten) beispielsweise setzt Firmen aufs Fahrrad. Das Ziel ist, Wien autofrei zu machen. Und das bringt auch ihren Kunden, den Unternehmen etwas: „Fahrradfahren macht die Mitarbeiter glücklicher“, ist Beate Hauser überzeugt.
Oder Paul Kupfer. Er will die Menschen mit seinen „Soulbottles“ aus Glas von den mineralwasserbefüllten PET-Flaschen abbringen: „Da sind Weichmacher drin und die Plastikflaschen können kaum recycelt werden.“
Manchmal reicht auch eine einfache Öko-Idee, um sich neue Zielgruppen zu erschließen, wie es die Firma Compuritas mit ihren Second-Hand-PCs getan hat. Ihre Kunden sind Schulen, NGOs und Menschen mit geringem Einkommen. Die PCs und Laptops, die Compuritas generalüberholt und günstig verkauft, bringen dennoch Gewinn – auf gemeinnütziger Basis arbeiten will Gründer Rüdiger Wetzl nicht.
Drüberstehen und dranbleiben
Das Wichtigste für die Jungunternehmer ist, sich nicht von ihrer Idee abbringen zu lassen, sagt Paul Kupfer. Auch wenn sie belächelt werden. Viele große Glasflaschen-Fabrikanten lachten ihn aus, als er mit der Anfrage kam, Glasflaschen mit coolem Design produzieren zu wollen. „Das hielten sie für zu aufwendig. Und unnötig. Außerdem wollten wir mit einer kleinen Stückzahl beginnen, das war für sie gar nicht möglich.“ Daher arbeitet Kupfer nur mehr mit Partnern zusammen, „die so wie wir denken: Wir wollen beste Qualität und Nachhaltigkeit.“
Und dieses Denken ist die Zukunft. Denn für die österreichische Wirtschaft wird der grüne Sektor immer wichtiger. Kürzlich kam die OECD zu dem Ergebnis, dass der Umweltsektor hierzulande bereits eine größere Rolle spielt als Tourismus oder Baugewerbe. 33 Milliarden Euro wurden im Jahr 2011 mit ökologischen Waren und Dienstleistungen umgesetzt, ein Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 10,8 Prozent. Auch für den Arbeitsmarkt ist der Umweltsektor ein Motor: 170.000 Menschen arbeiten im Umweltbereich – fast fünf Prozent der Beschäftigten. In der Krise 2008 bis 2011 wuchs die Beschäftigung hier um zwei Prozent, während sie insgesamt nur um 0,4 Prozent zulegte. Laut OECD sollen die „grünen Jobs“ in Österreich ausgebaut werden.
Das Umdenken in der Gesellschaft hat begonnen, jetzt braucht es die passenden Angebote. Die Gründer von „Goodville“, „Soulbottles“ und „Compuritas“ wollen dazu beitragen. Und oft sind die einfachsten Ideen die besten.
Sie radelten täglich zur Arbeit, nun ist das Radeln ihre Arbeit: Florian Pollack, Beate Hauser und Katja Hebenstreit bringen mit „Goodville“ Firmen aufs Bike.
Die Idee Die drei wollen Unternehmen zum Umdenken in Sachen Mobilität bewegen. Denn: „Das Fahrrad ist das schlaueste und schnellste Verkehrsmittel für kurze Strecken in der Stadt“, meint Beate Hauser. Umweltverschmutzung, Lärmbelastung, CO2-Belastung – mit dem Fahrrad kein Thema mehr.
Die Umsetzung Goodville hat sich Unternehmen als Kunden ausgesucht. Goodville berät die Unternehmen, wie sie ihre Belegschaft für den Drahtesel begeistern können. „Beispielsweise mit Incentives wie unsere ;Bike Miles‘: Der Mitarbeiter erhält Rabatte und Gutscheine bei Kooperationspartnern“, erklärt Hauser. Die Bike2Work-App misst Kilometer, Kalorien und CO2-Einsparungen. Und: Goodville bietet den Unternehmen „gebrandete Bikes“. „Das Fahrrad ist Werbefläche, das Unternehmen kann seine Slogans, seine Werte so positionieren“, sagt Hauser. Das Hotel Palais Kempinski hat für Mitarbeiter und Gäste bereits einen kleinen Fuhrpark. Goodville sorgt auch für deren Wartung – und bei Bedarf auch für den Zustellservice. Aktuell ist man Kooperationspartner für den Merkur Markt: per Merkur-Fahrradboten können sich Kunden ihre Einkäufe nach Hause liefern lassen.
Die Ziele „In fünf Jahren soll das Fahrrad in Wien das Transportmittel Nummer eins sein“, sagt Hauser.
Erstens: Es schwimmt mehr Plastik in den Ozeanen als Plankton. Zweitens: T-Shirts bedrucken kann jeder, warum nicht auch Glas? Drittens: Wir haben bestes Leitungswasser, das sollten wir auch trinken. Diese Gedanken der beiden Berliner Georg Tarne und Paul Kupfer waren der Ursprung von Soulbottles.
Die Idee „Wir wollten eine coole Trinkflasche, die geschmacksneutral ist und wiederbefüllt wird“, sagt Paul Kupfer.
Die Umsetzung Der Publizistik-Absolvent gründete heuer mit Georg Tarne „Soulbottles“ – Glasflaschen explizit fürs Leitungswasser mit 20 Designs. Die ersten 14.000 Stück ließen Kupfer und Tarne in einer italienischen Glashütte produzieren: „Wir wollten Qualität, und den deutschen Fabrikanten war die Stückzahl zu gering.“ 26.000 Euro kam über Crowdfunding rein. Die Flaschen gibt es online und in Shops zu kaufen. Restaurants können die Kampagne „Soulwater“ unterstützen: Der Erlös von verkauftem Leitungswasser aus der Glasflasche geht an das Projekt charity:water.
Die Ziele Es wird expandiert: „Für den Vertrieb in Österreich suchen wir Mitarbeiter“, so Kupfer.
Als Germanistik-Student arbeitete Rüdiger Wetzl als EDV-Betreuer. Dann wollte er sich selbstständig machen – „aber ich wollte EDV mit Sinn machen“, sagt er. Und gegen die Wegwerfgesellschaft.
Die Idee Einen PC zu reparieren anstatt einen neuen anzuschaffen, spart eine halbe Tonne CO2, sagt Wetzl. Daher hatte er die Idee, ausrangierte PCs und Laptops von Firmen zu beziehen, sie in der eigenen Werkstatt und dank einer kooperierenden Behindertenwerkstätte aufzuwerten. Um sie dann günstig – samt Bildungsgutschein – an sozial Benachteiligte, Schulen und NGOs zu verkaufen. Und so „Bildungs-“ Armut zu bekämpfen.
Die Umsetzung 2009 gründete er mit Alexander Lorenz die öko-soziale IT-Firma Compuritas. Neben Neuware gibt es den Second-Hand-PC ab 150 Euro, den Laptop ab 180 Euro. Compuritas erhielt dafür 2011 den Trigos-Preis und 2012 den Österreichischen Klimaschutzpreis.
Die Ziele Das Recycling-Projekt will Wetzl per Crowdfunding (conda.at) demnächst in eine neue Firma überführen. Damit sollen in den nächsten sechs Jahren fünf Standorte in ganz Österreich entstehen.
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