Eine Branche in Bewegung: Franchise ist Frauensache

Eine Branche in Bewegung: Franchise ist Frauensache
Der Start-up-Hype färbt auf die Franchise-Szene ab, die Branche wächst. Vor allem Frauen wagen Schritt in die Selbstständigkeit.

Eine Schale Ingwer-Tee nach dem  Zirkel-Training? „Für das Immunsystem“, erklärt  Elvira , die ihre  Kundinnen gerne mit einem „Wow-Effekt“ überrascht.  Ihre Kundinnen, das sind mehr als 1100 Frauen, die in ihren mittlerweile drei „Mrs. Sporty“ Fitness-Studios in Niederösterreich fleißig trainieren. „Die jüngste ist zwölf, die älteste 88 Jahre, die meisten zwischen 40 und 50“,  erzählt sie stolz.

Beim Thema Gesundheit kennt sich die 41-jährige Mutter zweier Schulkinder aus. Bevor sie sich für die Selbstständigkeit als Franchise-Nehmerin entschied, arbeitete die gelernte Krankenschwester   und studierte Pflegewissenschafterin zehn Jahre im Management eines Spitals. Sie ist überzeugt, dass mit Bewegung und richtiger Ernährung viele Erkrankungen im Alter zu verhindern sind.   Medikamente etwa  gegen Wechselbeschwerden seien überflüssig, wenn frau nur mehr für ihre Fitness tun würde.

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Elvira Kölbl-Catic in ihrem Studio

Kölbl-Catic, schon immer sportlich aktiv,  machte eine Trainerausbildung und startete   2014 mit ihrem ersten Mrs. Sporty Fitnessstudio in Perchtoldsdorf. „Ich war die dritte Inhaberin, die Vorgänger waren leider nicht erfolgreich“, schildert sie. Mit viel Einsatz, gutem Netzwerk und geschickter Werbung gelang es ihr,  die Kundschaft zu verdoppeln.  „Man muss schon sehr dahinter sein. Nur zu warten, bis Leute ins Studio reinkommen, geht  nicht“, erzählt sie. Weil das Studio gut lief, nahm sie zwei weitere  dazu. Damit nicht genug, ihr sportliches  Ziel: sieben  Clubs in zehn Jahren. 

Frauen-Business

Wie Kölbl-Catic entdecken immer mehr Frauen das Thema Franchise für sich. Bei Mrs. Sporty sind 80 Prozent der Studio-Inhaber  weiblich, in der gesamten Franchise-Branche sind 43 Prozent der Führungskräfte und  59 Prozent der Mitarbeiter Frauen. „Das ist ein signifikant höherer Anteil als in der Gesamtwirtschaft“, betont Andreas Haider, Präsident der österreichischen Franchise-Verbandes (ÖFV) und Geschäftsführer von Unimarkt. Ein Grund ist der starke Anteil frauendominierter Branchen wie Handel, Gastronomie oder Dienstleistung.  

Ein weiterer ist die  bessere  Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie das vermeintlich geringere Risiko der Unternehmensgründung innerhalb eines etablierten Systems samt  bekannter Marke. „Ich habe vor allem vom Netzwerken mit anderen Franchise-Nehmern profitiert und gebe heute mein Wissen gerne   weiter“, sagt Kölbl-Catic. Unternehmerisches Know-how und  „sich gut organisieren können“ seien trotz des Systempartners wichtige  Voraussetzung  fürs Gründen: „Es ist eine  große Herausforderung,  man muss es mit Leidenschaft tun.“

Branche wächst

Angefacht durch den Start-up-Hype bei den Jungen  wächst auch die Franchise-Branche in Österreich.  440 Systeme mit insgesamt 10.400 Standorten setzen  rund 9,3 Mrd. Euro um. Das bedeutet ein Wachstum von sieben  Prozent seit  2015. „Franchising hat sich als unverzichtbarer Motor der österreichischen Wirtschaft etabliert“, sagt ÖFV-Präsident Haider. Auch wenn Franchising nicht für jede  bzw. jeden geeignet sei, hätten Befragungen ergeben, dass 93 Prozent der bestehenden Franchise-Nehmer diesen Schritt wieder wagen würden (siehe Grafik unten). Eine Studie der Uni Münster habe ferner ergeben, dass Franchise-Gründer erfolgreicher sind als Gründer mit eigener Gründungsidee. „Selbstständigkeit mit Unterstützung eines Partners hat eben seine Vorteile“, so Haider. Der ÖFV  vertritt 135 Mitglieder, die sich einen System-Check unterziehen müssen, um das ÖFV-Siegel tragen zu dürfen.

Der Trend geht in Richtung Multi-Brand-Franchise, also Unternehmer/innen, die gleich mehrere Franchise-Marken anbieten. Gelegenheiten dazu gibt es genug, denn der Markt ist noch lange nicht gesättigt, heißt es beim Verband.

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Franchise-Messe am 9. und 10. November

Franchise-Messe

Etablierte Systeme wie Mrs. Sporty, Remax, das Futterhaus, Unimarkt oder LernQuadrat sind nach wie vor auf Expansionskurs, dazu kommen jedes Jahr etwa 15 neue Konzepte. Vor allem bei den Dienstleistern scheinen der Fantasie keine Grenzen gesetzt.
So sind heuer auf der Franchise-Messe (9.-10.11.) u.a. ein moderner Waschsalon (Laundry Bloomest), ein Fritteusen Management (FiltaFry), hochwertige Kunstblumen (Floral Image) sowie spezielle Waffel- und Eiskreationen (WonderWaffel) vertreten.

Aus den USA kommt das Mathematik-Nachhilfekonzept Mathnasium sowie Icons Worldwide, ein Coffeeshop aus Dubai. Trotz der Internationalität  sind 60 Prozent der in Österreich vertretenen Franchise-Systeme „made in Austria“, beispielsweise die Fitness-Konzepte frischluft und Bixpack.  Für reichlich Bewegung ist also gesorgt.

Hinweis: Am 9. Und 10. November findet in der MGC Messehalle in Wien 3 die  Franchise-Messe statt.  Mehr als 40 Franchise-Geber aus zehn Ländern werden vertreten sein. Der Eintritt beträgt 15 Euro. Infos: www.franchise-messe.at

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Wie geht Franchise? Worauf Gründer/innen achten sollten

Vorteile: Franchise-Konzepte können  die Gründung erleichtern, weil Rahmenbedingungen wie Zielgruppe, Bekanntheit, Werbung und Marktkommunikation schon vorgegeben sind. Das Risiko  ist daher etwas minimiert, aber sehr wohl vorhanden.

Nachteile: Die Anfangsinvestitionen sind oft beträchtlich und sollten keinesfalls unterschätzt werden. Weiters fallen laufende Zahlungen an den Franchise-Geber an und müssen in der Kalkulation berücksichtigt werden. Ferner gibt es langfristige Vertragsbindungen, eine Abhängigkeit vom Franchise-Geber und mitunter wenig eigenen Handlungs- und Entscheidungsspielraum. Das Verhältnis Geber-Nehmer ist nicht immer friktionsfrei.

Standortsuche: Die richtige Standortwahl ist im Franchise ganz entscheidend. Einzugsgebiet, Kundenfrequenz, Kaufkraft, Branchenmix und Mitbewerber spielen hier eine wichtige Rolle.

Nützliche Tools: Das Gründerservice der Wirtschaftskammer Wien bietet auf www.freielokale.at freie Geschäftslokale und Informationen und hilft bei der Standortanalyse.  Es gibt auch einen eigenen Franchise-Leitfaden und eine Franchisebörse www.franchiseboerse.at.

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