Die stressige Unvereinbarkeit von Uni und Beruf

Die stressige Unvereinbarkeit von Uni und Beruf
Arbeiten neben dem Studium oder studieren neben dem Beruf? Woran es bei der Vereinbarkeit von Beruf und Uni hadert. Eine Nachschau

07:30 Uhr: der Wecker läutet, Kaffee, Müsli, Dusche. 9 Uhr: der Arbeitstag beginnt. Die nächsten acht Stunden ist man vollwertiges Mitglied eines Unternehmens. 17:30 Uhr: Das Seminar beginnt im Distance-Learning. Jetzt ist man StudentIn. Kamera an, mitarbeiten. 19:15 Uhr: Zoom-Meeting mit StudienkollegInnen. Das nächste Referat will vorbereitet werden. 20 Uhr: Man kann sich den Hausübungen widmen. 23 Uhr: Der Tag endet. 24 Uhr Schlafenszeit. Häufig finden auch an den Wochenenden Seminare statt oder man muss die Zeit nutzen, um Arbeitsaufträge abzuarbeiten.

Hohes Pensum

Diesen Rhythmus kennen berufstätige Studierende. Neben dem Studium ist ein Pensum von zehn Stunden Erwerbstätigkeit gut vereinbar. Bei über zehn Stunden Arbeit pro Woche leidet die Vereinbarkeit. Bei über 20 Stunden wird das Studium stark reduziert. Laut der Studierenden-Sozialerhebung des Instituts für Höhere Studien (IHS) arbeiten 60 Prozent der 26- bis 30-Jährigen über zehn Stunden die Woche.

Was viele nicht wissen: In Österreich ist das Durchschnittsalter der Studierenden 27 Jahre, erklärt Martin Unger vom IHS. Ein Viertel der AnfängerInnen ist bereits bei Studienbeginn 27 Jahre alt. 22 Prozent der erwerbstätigen Studierenden sehen sich selbst nicht als Studierende, die nebenher arbeiten, sondern als Erwerbstätige, die nebenher studieren.

Ein Großteil der Erwerbstätigen ist hingegen der landläufigen Meinung, nicht auf einer berufsbegleitenden Fachhochschule, sondern einer öffentlichen Uni, die auf den Job wenig Rücksicht nimmt.

"Das geht sich hinten und vorne nicht aus"

Trotz Berufs das Studium abzuschließen, das fühlt sich für viele berufstätige Studierende unerreichbar an. „Das geht sich hinten und vorne nicht aus“, sagt Viktoria Winkler, Vorsitzende der ÖH Uni Wien über die Un-Vereinbarkeit von Beruf und Studium. Laut IHS haben Masterstudierende durchschnittlich eine 44,7 Stunden-Woche.

Davon werden 17,7 Stunden in den Job investiert. Laut ÖH der Uni Wien liegt das Pensum eher bei 50 bis 60 Stunden, wobei 43 Stunden für die Uni aufgewendet werden. „Das ist mit einer Erwerbstätigkeit schwer zu vereinbaren“, erklärt Winkler.

Ein Teufelskreis mit vielen Hürden.

Die meisten Studien sind auf Vollzeit ausgelegt. Das wird von den Unis auch von Anfang an klargestellt. Aber manchmal landen Studierende schneller im Beruf als geplant. „Das kann natürlich toll sein. Etwa, wenn Informatikstudierende in ihrem Fach arbeiten können. Dann ist das eine Bereicherung.“

Viele andere aber landen in prekären Arbeitsverhältnissen, bei Zustellern oder in der Gastronomie, die sie zu wenig absichern. Das Problem in beiden Fällen ist die zeitliche Komponente.

„Beruf und Studium sind nicht auf Gleichzeitigkeit ausgelegt.“ Denn unflexible Kurszeiten und Voraussetzungsketten lassen sich schwer mit festen Arbeitszeiten kombinieren. Das heißt, einige wichtige Kurse, die man für den Studienfortschritt absolvieren muss, finden entweder nur im Sommer- oder Wintersemester statt oder gleichzeitig mit anderen wichtigen Seminaren und während der fixen Arbeitszeit.

Das Problem mit dem Geld

Dazu kommt der finanzielle Aspekt. Vor allem jene Studierende aus sozioökonomisch benachteiligten Verhältnissen, müssen mindestens 20-Stunden-Jobs machen, da sie sich sonst ihren Lebensunterhalt nicht finanzieren können, erklärt Winkler. Das trifft noch öfter Master-StudentInnen.

Denn der Jobaufwand nimmt im Master noch zu. Denn: „Bis auf wenige Ausnahmen endet die Familienbeihilfe bei Frauen mit 24 Jahren, bei Männern, die Zivildienst oder Bundesheer absolviert haben, mit 25 Jahren“, so die ÖH-Vertreterin. Auch die Studienbeihilfe, die sich am Einkommen der Eltern misst, endet, wenn auch die Toleranzsemester aufgebraucht werden. Hier schließt sich ein Teufelskreis: Wer neben dem Studium mehr arbeitet, braucht länger für sein Studium oder beginnt dieses überhaupt erst später. Gleichzeitig enden die Unterstützungen, weswegen Studierenden mehr arbeiten müssen.

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